Montag, 1. April 2024

Mount Kimbie - The Sunset Violent

Foto: TBone Fletcher
(Ms) Wie begegnen wir Musik? Was passiert alles, bevor ein Lied erklingt? Diesbezüglich stellt sich natürlich die Frage, in welchem Setting das passiert. Sitze ich in einem Café und Musik läuft im Hintergrund, beschäftige ich mich gar nicht so sehr damit. Sie geschieht einfach und wenn es gut läuft, beschwingt sie das gemütliche Beisammensein oder sie macht mich positiv oder negativ aufmerksam. Im besten Falle passiert gar nicht so viel, da ich kaum Erwartungen habe, außer, dass sie die Gemütlichkeit fördert und nicht zu laut ist.

Bin ich zu Hause, höre ich viel aufmerksamer. Das mag vollkommen profan klingen, ist es aber nicht. Denn ich mache mir ja durchaus Gedanken darüber, was jetzt gerade passt. Habe ich Bock auf eine bestimmte Platte? Brauche ich gerade Krach oder eher Ruhe? Ist da neue Musik, die ich gern entdecken möchte? Kenne ich die Band oder eben nicht? Was erwarte ich von dem, was mich gleich beschallt? In welche Gemütslage wird mich der Sound wohl versetzen?

Insbesondere die persönliche Beziehung zur Band ist nicht unwichtig. Kenne ich die Band, höre ich anders als wenn sie mir noch nichts sagt. Und genau das passiert bei mir, wenn ich die neue Platte von Mount Kimbie höre. Die Band kenne ich gar nicht, gehe also komplett unbedarft an den Sound heran. Aufmerksam wurde ich durch die Single Fishbrain aus ihrem neuen Album The Sunset Violent, das diesen Freitag (5. April) erscheint. Da war auf der einen Seite die tolle Ästhetik des Videos und auf der Anderen der Klang, der mich sofort abgeholt hat, obwohl er kein großes Spektakel aufweist. Zu hören ist die Gelassenheit von Metronomy, die Raffinesse von The Notwist und eine gewisse Ähnlichkeit der Stimme zu Damon Albarn. Drei Punkte, die mich stark ansprechen! Am Markantesten ist direkt der Gitarrensound, er ist herrlich abgebrüht und eine durchgehende Konstante der Coolness. Da der Klang hier so verlockend ist, sind mir die Texte ein wenig egal - ich bitte an dieser Stelle um Entschuldigung.

Das Londoner Quartett präsentiert neun neue Tracks auf The Sunset Violent, die eine angenehme Spieldauer von 36 Minuten haben. Eine phantastische halbe Stunde, um in einen mitreißenden Klang einzutauchen. Wie gesagt, er ist wenig spektakulär, aber durch einen klar erkennbaren roten Faden kommt die Kraft der Musik hier ganz unterschwellig zur Geltung. Selten habe ich zuletzt eine so klar erkennbare Handschrift und ein Hörerlebnis wie aus einem Guss zu Ohren bekommen.

So geht es direkt mit The Trail los. Mit einem instrumentalen Stück zu starten ist sowohl mutig als auch unsagbar clever. Man wird hier ganz sanft an die Hand genommen durch ein ausgebufftes Wechselspiel von Shoegaze-Gitarre, feinen Synthie-Klängen und Ahh-Gesang. Was das Hören auch so angenehm macht, ist dass sich hier Dominic Marker und Kai Campos am Gesang abwechseln beziehungsweise ergänzen. So hat es den Anschein, in einen Dialog eingesogen zu werden, wenn Dumb Guitar erklingt. Es wechseln sich so viele klangliche Elemente ab, das ist irre und keineswegs überfordernd oder durcheinander, da das einfach richtig gut gemacht ist. Hier eine etwas schrammeligere Gitarre, dann ein paar Synthies, dann angenehm tiefer Gesang, dann catchy Bass - Wow! Das macht richtig viel Spaß!

Dieser anfängliche Klang der Platte zieht sich durch jedes einzelne Stück. Es ist fast egal, wie sie heißen und auf welchem King Krule als Gast dabei ist. Viel wichtiger ist, dass die Band es schafft einen unglaublich runden Sound zu erschaffen, der es ganz leicht macht, darin zu versinken. Das macht gute Musik aus, das ist ein ganz wichtiger Faktor. Wenn es durch Klang gelingt, die Augen zu schließen und ganz weit weg zu schwimmen, sich ganz geborgen tragen zu lassen, dann ist ein Zustand erreicht, den ich persönlich sehr erstrebenswert finde und dem ich ein hohes künstlerisches Potential zurechne. All das schaffen Mount Kimbie auf diesem Album. Das ist faszinierend!

Live könnte das herausragend werden. Sie spielen am 28. April im Huxleys in Berlin.


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