Dienstag, 2. April 2024

Khruangbin - A La Sala

Foto: David Black
(Ms) Jetzt ist der Besitz, Anbau und Konsum von Gras legal. Eine richtig gute Entwicklung meines Erachtens. Zwar konsumiere ich das nicht, aber der Rausch von THC tut ja keinem weh. Viel mehr versetzt er einen in einen super entspannten Zustand, alles wird locker, lustig und schweben fällt ganz leicht. Dann öffnen sich auch ein paar Kanäle, um tiefer fallen zu können. Das finde ich gut. Brauchen tue ich das nicht umzu entspannen, aber gut, dass das nicht mehr illegal ist.

Seit einiger Zeit bin ich davon überzeugt, dass es auch Rauschzustände gibt, die von Musik erzeugt werden kann, um sich komplett in ihr zu verlieren. Das kann ganz unterschiedlich aussehen. Ob das elektronische Tanzmusik ist, zu der man sich stundenlang auf der Tanzfläche austoben kann, Neoklassik, die zum Innehalten einlädt oder wilde Psychedelik, die in Ekstase münden kann. Doch diese Kifferentspanntheit gibt es auch fern von Reggae oder so. Das spielen nämlich Khruangbin aus Houston. Am 5. April erscheint ihr neues Album A La Sala und es ist eine großartige Platte.

Die Einsicht, dass dieses Album so großartig ist, brauchte in mir recht lange Zeit, um sich zu entwickeln. Denn beim ersten und zweiten Hören fand ich die Musik wahnsinnig langweilig. Im besten Fall hätte ich es als lässige Hintergrundmusik abgetan, mehr aber auch nicht. Der Fakt, dass ich das Album dennoch wieder und wieder gehört habe, zeugt ja aber davon, dass da doch was ist. Da steckt etwas in den Klängen des Trios, das mich ziemlich anknipst: Es ist eine leise, sanfte aber ungeheuer kraftvolle Spielart der Psychdelik, die total zurückgelehnt ist und mit wenig Gesang auskommt. Wie eine Massage am Lagerfeuer entfacht sich die loslassende Wirkung dieser Klänge. Umwerfend!

40 Minuten Träumen beginnen auf Fifteen Fifty-Three mit ganz sanften Bassklängen von Laura Lee Ochoa. Dazu gesellen sich gezupfte Gitarrentöne von Mark Marko Speer und reduzierte  von Donald DJ Johnson Jr, die später in einem entspannten Rhythmus münden. Anschließend übernimmt die Gitarre die Melodie und auf dem Bass lässt es sich herrlich ausruhen. Lange habe ich mich gefragt, ob darin auch eine gewisse Melancholie liegt. Ja, zu 20 Prozent vielleicht, der Rest ist Urlaub. Davon zeugt auch das Vogelgezwitscher am Ende des Tracks. Auf May Ninth hört man das Trio dann auch singen und ich finde es frech, wie gut das alles harmoniert. Ja, wie in lauterer Psychedelik oder im Krautrock spielt die Wiederholung hier auch eine wesentliche Rolle. Aber durch die leise Spielweise wirkt sie eher im Unterbewusstsein, anstatt sich aktiv darin zu verlieren.

Rhythmus ist ein ganz wichtiges Element auf dieser Platte. Er trägt die schönen Gefühle auf behutsamen Takten. Doch auch ganz leise Zwischentöne wie auf Farolim De Felgueiras sind kein Füllmaterial, sondern nur eine andere Ebene der Ruhe. Denn das Thema der Platte ist Nach-Hause-Kommen, sich besinnen, zu den Wurzeln kommen. Und da braucht es auch mal eine Pause. Dann ist auch tanzen möglich, Pon Pón ist genau das richtige Stück dazu und die gehauchten Zeilen elektrisieren nochmal auf ganz andere Weise. Doch die Platte lebt durch die unverschämt Lässigkeit wie zum Beispiel auf Todavía Viva oder Juegos y Nubes. Na klar, vieles hört sich gleich an auf diesem Album. Aber die Platte würde niemals ihre faszinierende Wirkung entfalten, wenn es zu viele verschiedene klangliche Ebenen gäbe. Dann bestünde kaum die Möglichkeit, in die Tiefe des Sounds einzutauchen und diese zuzulassen.

Genau darum geht es auf A La Sala. Zurückbesinnen auf die Wurzeln. Die Band hat ihre eigene Geschichte dazu, mich persönlich entspannt dieses Album aber auf hochgradige Weise. Das, was Bassistin Laura Lee Ochoa, Drummer Donald DJ Johnson Jr und Gitarrist Mark Marko Speer da machen, ist einfach nur genial und ich bin fest davon überzeugt, dass das Album mich noch lange begleiten wird. Wer da noch kifft, ist selber Schuld.

17. Juli - Wien, METAStadt / 7. & 8. November - Berlin, Tempodrom

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