Freitag, 21. Juli 2023

KW 29, 2023: Die luserlounge selektiert

Quelle: de.Wikipedia.org
(Sb/ms) Verwirrung. Vermutlich beschreibt dieses Wort am besten mein Gefühl, als ich am Mittwoch auf dem Markt stand und Käse holte. Mit der Verkäuferin befand ich mich im Gespräch, als mich von schräg hinten links jemand versucht hat anzusprechen. Doch waren es keine Worte, die auf mich eindrangen, sondern eher eine Art stöhnendes Geräusch. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Es fühlte sich seltsam, ungewohnt an. Alle Vorurteile bretterten auf mich ein und ich dachte: Oh, da scheint jemand zu sein, der in seinen Fähigkeiten eingeschränkt ist und will was von mir, keine Lust auf die Begegnung. Man, wie falsch kann man liegen?! Ich Oberdepp! Natürlich drehte ich mich dann um. Dort stand ein älterer Mann, der mich nur darauf hinwies, dass mir etwas aus dem Rucksack gefallen ist. Wie unendlich nett von ihm. Wie unendlich dämlich von mir.

Adam Angst
(Ms) Dass es ein zweites Adam Angst-Album gab, war ja schon eine ziemlich große Überraschung. Es sah ein wenig danach aus, als ob Felix Schönfuss schon wieder ‚nur‘ ein Album mit einer Band schafft wie mit Frau Potz. Doch das ist nun noch länger her als je gedacht. Denn es wird ein drittes Angst-Album geben. Yeah! Meine Freude für Felix Schönfuss ist enorm, weil es so unglaublich stark zu spüren ist, wie viel Energie in diese Band steckt. Es ist in den Texten, der Dynamik der Lieder und den Auftritten deutlich zu erkennen! TWIST heißt die Platte, die am 17. November beim Grand Hotel van Cleef erscheinen wird. Man darf sich auf knallharten Punkrock mit ausgewiesen politischen Texten einstellen, die der Gegenwart auf dem Zahn fühlen und sie zum Knirschen bringen! Umso besser, dass die erste Single, die es seit heute zu hören gibt, genau das Gegenteil ist. Kein Punk. Kein Rock. Aber ein Klavier, dass sich Felix Schönfuss in Corona-Monaten selbst zu spielen beibrachte. Hut ab! Die Lösung Für Deine Probleme wurde 2021 geschrieben als vermeintlicher Abgesang auf die AfD. Irgendwie musste ja mal abzusehen sein, dass diese rechtsextreme Partei so langsam durchschaut ist und ihre Lügen und Provokationen und Nichtlösungen für all die Aufstände ins Leere führen. Zwei Jahre später schauen wie nach Sonneberg und kriegen erneut das Kotzen! Leider aktueller als gehofft, dieser Track! Doch hey… freuen wir uns mal eben noch ausführlich, dass es ein neues Adam Angst-Album geben wird. Was für ein Feiertag!


Yum Yum Club
(Ms) Ist das hier Mariachi-Punk? Oder Salsa-Artrock? Oder ist es brachialer Jazz, weil es vollkommene Freiheit ist?! Puh, alles schwer zu sagen und zu beschreiben, was Yum Yum Club so macht. In erster Linie machen sie Druck. Knallender Druck voller Spannung und ohne Grenzen. Was ist also zu hören, wenn die Knoth-Brüder Philipp und Julian (Karies, Die Nerven) auf jemanden wie Paul Abbrecht stoßen, der fast jedes Instrument beherrscht?! Es ist ein wildes Gerangel, bei dem es keine Regeln gibt. Die ersten Takte ihres Albums Full HD, das Ende des Monats erscheint, sind die beste Vorbereitung auf das, was danach kommt. 12 Songs, die mal extrem grooven und dann wieder komplett ausbrechen. Es entsteht der Eindruck, dass die Musiker sich zwei, drei Stunden ins Studio aufgeschlossen hätten und das Best Of davon zusammen geschnitten haben. Doch für ein Zufallsprodukt ist das hier viel zu ausgeklügelt. Ja, es steckt ein Plan hinter dieser Wildheit. Manche Zeilen wiederholen sich immer, genau wie die Basslinie. Anderes bleibt einzigartig wie der 45-sekündige Track Der Hund Sieht Aus Wie Ein Schal. Heißt also auch: Bitte nicht alles ernst nehmen, was einem hier um die Ohren scheppert! Also: Lasst das Geschepper beginnen!


DJ Koze
(Ms) Als Laie über elektronische Musik zu schreiben, ist sehr heikel. Denn erst so langsam bin ich dabei, dieses Genre überhaupt zu verstehen. Das Eine ist die große Tanzbarkeit. Das Andere ist die Trance. Der schöne Schwebezustand, der viel zu leicht mit Loungemusik zu verwechseln ist. Auf den Trichter kam ich über Krautrock. Das hilft mir sehr, DJ Koze zu verstehen und mich in den Klängen fallen zu lassen. Die Wiederholung ist ja das maßgebliche Element (solcher Art) elektronischer Musik. Heißt für mich: Drauf einlassen, einzutauchen. Seine Musik ist recht einfach aufgebaut und daher sehr klar und bestimmt auch vorhersehbar. Umso besser. Das macht den Genuss ja einfacher. Ende des Monats erscheint seine Wespennest EP mit zwei Tracks. Der eine heißt wie die EP, Sophia Kennedy singt beziehungsweise spricht darauf. Sprache und Beat kombiniert geht hier unsagbar gut auf. Ich weiß nicht genau, was es ist, aber es packt mich auf einer ganz tiefen Ebene und zieht mich mit. Dieser Track ist eine grandiose, achtminütige Reise! Dazu gesellt sich Candidasa, ein Song, für dessen Komposition er sich bewusst sanften Droge aussetzte. Es sind ‚nur‘ zwei Stücke. Doch die beiden haben eine irre Kraft! Mein Laientipp: Lasst euch drauf ein!

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