Oehl im Zauber. Foto: luserlounge |
Doch begonnen hat der Abend ganz anders. Es ist Anfang März. Vor ein paar Wochen hoffte ich, dass langsam der Frühling kommt. Offenbar sträubt er sich noch ein wenig. Eiskalter Regen zog durch den Bremer Abend, das Kioskbier fror fast an der Hand fest. Zudem saß eine nervige Erkältung zwischen Hals und Rachenraum. Ein Glück, dass ich seit langer Zeit davon überzeugt bin, dass Musik therapeutische Effekte haben kann. Dieser Abend war ein weiteres, eindrucksvolles Beispiel. Nicht zwingend gesund, aber leicht schwebend ging es später heim.
Das Lagerhaus in Bremens Viertel war vor der Bühne dicht gefüllt, dahinter eher luftig, doch zwischen den strahlenden Menschen vor Ort herrschte eine sehr angenehme, freudige Atmosphäre. Den Abend eröffnete Paul Weber aus Köln. Nun ja. Ich hatte das Gefühl, seine Lieder schon zig Mal gehört zu haben. Von AnnenMayKantereit zum Beispiel, die mir getrost gestohlen bleiben können. Also: Er spielte ein paar nette Lieder, die mir persönlich aber nichts gaben.
Anders als das, was danach geschah. Oehl sah ich das erste Mal vor drei Jahren am gleichen Ort und einiges hat sich seitdem geändert. Wie das Bühnenbild. Es standen silberne Blumenlichter verteilt zwischen Keyboard, Schlagzeug und Mikrophonen. Als die Band dann die Bühne betrat, war eine Sache sofort zu sehen: Mein Gott, hatten die gute Laune! Den vier Akteuren um Ariel Oehl war anzusehen, dass sie sich enorm auf den Abend freuen, da scheint eine wunderbare Energie zu herrschen, wie toll! Das zog sich durchs ganze Konzert, diese fünf Menschen waren extrem gut aufeinander abgestimmt, alle ziemlich gut an ihren Instrumenten und traten als spielfreudige Einheit auf.
Mit dem Titelstück des aktuellen Albums ging es los, Keine Blumen. Und es gab eine zusätzliche Servicefunktion für die Besucher: Die Texte der Lieder wurden oben an der Bühne projiziert. Schlauer Schachzug, da es ja nicht immer ganz leicht ist, Ariel zu verstehen. So zart wie die Lieder oft auf Platte sind, haben sie live eine ganz andere Wucht entfacht, es war ein kräftiger, satter Sound und am Bass wurde nicht gespart. Schönland, Mängelexemplar, Weitergehen, die neuen Lieder haben sehr gut funktioniert live. Auch das tolle Duett Satt Werden mit der Gitarristin Mola ist hervorzuheben. Was mich an seiner Musik so begeistert, ist, dass sie mich ganz stark berührt. Nicht nur durch die Musik, sondern immer wieder durch diese extrem poetischen Texte. Oft weiß ich gar nicht, warum diese Worte mich so erfüllen und mir kurz einen Kloß in den Hals setzen. Aber dass das so ist, zeigt mir, wie toll seine Kunst ist, wie wirkungsvoll. Und das passierte auch bei den älteren Stücken wie Arbeit, Keine Angst, Wolken, Über Nacht oder Neue Wildniss.
Der Hauptteil des Abends war dann irgendwann beendet, glückselig zuschauend. Und für die Zugabe kamen sie auf die perfekte Idee. Sanft ohne volle Band, nur zu dritt, nah aneinander, Stimme, Akustikgitarre, Geige, kaum verstärkt haben sie Ruh und Keramik gespielt. Es war mucksmäuschenstill währenddessen und ich war sicher nicht der einzige mit Gänsehaut.
Was für ein vielseitiger, gefühlvoller Abend mit außergewöhnlicher, wunderschöner Musik. Oehl live, das sollte man sich unbedingt geben! Wir gingen begeistert heim!
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