Dienstag, 24. Januar 2023

Live in Bremen: Fjørt

Nicht nur was für die Ohren. Foto: luserlounge
(Ms) Es hätte gut sein können, dass der große Turm am Bremer Schlachthof am Samstagabend eingestürzt wäre. Hätte. Denn die Gruppe Fjørt hat alles dafür getan! Was für ein irrer Ritt! Was für eine glückselige Dauerbelastung der Ohren und Augen. 

Im vergangenen Jahr hat das Aachener Trio sein neues Album nichts herausgebracht. Vorher hatte ich die Band gar nicht so auf dem Schirm. Finde es aber überaus sympathisch, sich auf Albumlänge deftig anschreien zu lassen. Hardcore kann auch ganz schön beruhigend sein. In den Charts sind sie sogar bis Rang acht geklettert und einige Shows ihrer aktuellen Tour sind zurecht ausverkauft. In den Bremer Schlachthof, praktischerweise direkt in Bahnhofsnähe gelegen, passen gut 1000 Leute. Es gab zwar noch Tickets an der Abendkasse, viele dürften es allerdings nicht gewesen sein, so gut wie das gefüllt war.
Den Auftakt macht das britische Duo ARXX. Die beiden ungeheuer sympathischen Damen spielen Alternative Rock und das ohne Scheu. Ein Cover von Cher beispielsweise?! Gar kein Problem! Kurzweilig war ihr Auftritt. Hanni an der Gitarre spielte mit allerhand Verzerrern, und Clara gab am Schlagzeug den Rhythmus vor. Das hat richtig Spaß gemacht und die Band wird sicher nicht das letzte Mal hierzulande getourt sein!
Und dann wurden gut 100 Minuten die Wände erschüttert! Fjørt sah ich zuvor noch nicht live. Ich mag an dieser Stelle schon festhalten, dass es sicher zu einer Wiederholung kommen wird. Da ich auch nur das aktuelle Album kenne, kann ich zu allen Liedern nicht sooo viel sagen. Das mag auch daran liegen, dass aufgrund massiven Brüllens nicht alles glasklar zu verstehen war. Doch das Publikum, insbesondere in den ersten Reihen war sehr textsicher. Eine enorme Energie, speziell zwischen dem Trio und den Leuten ganz vorne. Denn entweder singt ja Chris oder David. Wenn Chris singt, schreit, brüllt und David muss für ein paar Take mal nicht auf seinen Bass eindreschen, dann packt er sich die Menschen, geht mit ihnen eine Verbindung ein, sie schreien sich an, sind beieinander, Band und Fans werden eins. Ja, ich musste mal wieder feststellen: Je härter die Musik ist, desto lieber sind die anwesenden Menschen. Neben mir stand ein Kerl, irgendwas über vierzig, schleuderte sein Haar durch die Gegend und schaute immer wieder auf sein Handy, das ein zuckersüßes Bild seiner jungen Töchter zeigte. Hach, herrlich. Und vorne bebte die Bühne. Und nicht nur das. Die Band hat sich offensichtlich für diese Tour eine nachhaltig wirkende Lichtshow ausgedacht. Strobo, grelle Leuchten, Blitze überall. Das war kurz davor, anstrengend zu werden.
Irgendwie war ich zuletzt auf mehreren Konzerten von Bands, die ich gar nicht so gut kenne. Umso schöner, um ihren puren Kern, der live auftritt, wahrzunehmen. Fjørt sind doll, laut, grell, massiv, bebend, eine Macht. Und zeigen, dass da drei ganz normale Kerle auf der Bühne stehen, die einfach gerne mal rumschreien, wie scheiße sie Nazis finden beispielsweise. Gute Menschen! So kam kurz vor Ende eine Danksagung, die lieber und sanfter nicht hätte sein können. Das kam wirklich von Herzen. Dass da drei Typen stehen, die nie ihr Instrument gelernt haben und irgendwie auf Bühnen respektabler Größe gelandet sind, die Läden voll machen und zu den Fans eine intensive Bindung gestalten. Einfach schön!

Achtja: Der Turm am Schlachthof steht noch.

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