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Fortuna Ehrenfeld
(Ms) Man muss es so glasklar festhalten: Diese Band hat trotz Coronabeschränkungen sicherlich alles an Auftritten mitgenommen, was geht. Denen ist kein Kilometer zu weit, keine Spelunke zu suspekt. Hauptsache die Menschen vor und hinter und neben der Bühne sind gut drauf und man kann sich wohlfühlen. Selbst ein Strandkorbkonzert von Fortuna Ehrenfeld in Wilhelmshaven, wo sonst wirklich nicht viel los ist, habe ich mitgenommen. 2021 kam ein neues Fortuni-Album raus und dennoch gab es reichlich Ideen in Martin Bechlers Kopf. Also saß er am Klavier und haute raus. Eigentlich so wie immer nur halt alleine. Solo I hieß dementsprechend auch die Platte, die er ganz alleine veröffentlichte. Und ja, sie klingt ganz anders als die Bandalben. Viel zarter, viel zerbrechlicher, ich würde auch sagen, dass es bisher die persönlichste Scheibe ist, die Martin Bechler aufgenommen hat. Das liegt auf der einen Seite an der sehr reduzierten Instrumentierung. Manchmal nur Gitarre oder Klavier. Manchmal alles mit ganz, ganz sanftem Rhythmus dazu. Ansonsten ist daneben nur seine Stimme zu hören. Woher seine Ideen kommen, bleibt für Außenstehende natürlich nur Spekulation, aber ich vermute einfach mal, dass die Inspiration für diese Lieder ein wenig näher am Herzen lag als von vorherigen Stücken. Es sind Geschichten aus Köln, aus der Nacht, vom Alleinesein, Geschichten, die aus dem Unterwegssein aufploppen und ein musikalisches Gewandt suchten. Das ist wirklich wunderschön, nicht ganz so gaga und drüber wie die letzte Fortuna-Scheibe, sondern ein wenig klarer, phasenweise einfacher zu durchdringen. Doch die Zartheit und Zerbrechlichkeit darf selbstredend nicht die Überhand gewinnen. Ein bisschen Bescheuertheit muss sein, der beste Beweis ist Bohemian Rhapsodie. Herrlich, Bekloppt. Wunderschön!
Lambchop
(Ms) Bestimmt 15 Jahre lang verfolge ich schon diese Band. Oder besser gesagt: dieses Projekt. Man muss festhalten: Aus der Band Lambchop wurde immer mehr das Projekt Lambchop, mit dem sich Kurt Wagner ausprobiert hat. Aus dem großen Bandsound mit vielen, vielen Beteiligten wurde eine elektronische Findungsphase und jetzt ist er an einem Punkt angekommen, wo beides auf bestmögliche Art zusammen kommt. The Bible hieß die Scheibe, die vergangenes Jahr erschien. Und im Booklet ist auch zu lesen wieso: Die Anzahl an Mitmusizierenden hat schlicht biblisches Ausmaß. Ich bin ganz froh, dass die Autotune-Phasen nicht mehr so krass sind, und wenn sie auftauchen, sind sie hervorragend in das jeweilige Lied eingebettet. Ja, dieses Album ist wirklich groß, unglaublich vielseitig. Einige Lieder sind textlich gaga. Andere sind ganz, ganz zart und minimalistisch instrumentiert. Andere wiederum sind fast ausufernd. Fast. Denn die Lieder, die ein wenig opulenter arrangiert sind, sind total harmonisch. Alles ist möglich mit diesem Album. Man kann sich still zurückziehen und den feinen, sanften Melodien frönen, oder aber tanzend durch die Bude schweifen oder kopfnickend durch die Landschaften fahren. Ja, es sind viele verschiedene Facetten zu hören. Doch zu keiner Stelle kommt der Eindruck auf, dass das Stückwerk ist, keineswegs. Ein roter Faden ist in jedem Fall zu erspüren. Eine tolle, sehr warme Platte. Und ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn er mit diesen Liedern in diesem Jahr hier auf Tour gehen würde!
Voodoo Jürgens
(Ms) Erst Anfang Dezember kam diese wundervolle Platte auf dem Markt. Ab und an habe ich während der Feiertage über meine liebsten Alben des Jahres nachgedacht. Es war gar nicht mal so leicht, doch Wie Die Nocht Noch Jung Wor von Voodoo Jürgens ist auf jeden Fall dabei. Natürlich liegt das überwiegend an seinem herrlichen Ösi-Polka mit den abgefahrenen Geschichten, diesen unglaublich unterhaltsamen Erzählungen. Aber auch die sanfteren, etwas leiseren Lieder haben eine große Strahlkraft. Sie sind natürlich ein wenig weiter weg von der Tanzfläche, haben ihre Stärken ganz woanders. Oft las man schon Vergleiche von Voodoo zu Tom Waits. Das habe ich lange Zeit nicht so ganz verstanden, mit dieser Platte jedoch in vollem Ausmaß. Klar, an Tom Waits kommt niemand ran, musikalisch und vor allem stimmlich nicht. Doch ich vermute, dass der Vergleich sich um die zunehmend unkonventionelle Art des Musizierens dreht. Bei Voodoo Jürgens muss nicht alles astrein und sauber und steril eingespielt sein. Hier darf es knarzen und wackeln und verstehen muss das eh niemand. Das ist eventuell auch gewollt. Am meisten kommt der Vergleich jedoch bei den kleinen gesprochenen Stücken zur Geltung. Auf diesem Album geht es hierbei um den Mietmarkt. Auch das natürlich unterhaltsam aber eben so bitter dargelegt, wie die Realität nunmal ist. Stücke wie Twist oder Es Geht Ma Ned Ei gehen natürlich astrein ins Ohr und bleiben gegebenenfalls länger dort. Doch auch das tragische Federkleid (samt tollem Video und von Voodoo als Herzstück des Albums proklamiert) oder das unsagbar schön melodische Fost Wie Ans bestechen ganz enorm. Sein großer Vorteil ist, dass er sich mit seiner Musik ein starkes Alleinstellungsmerkmal erschaffen hat. Mit Austropop hat das nichts zu tun. Und das ist gut so, das hier ist etwas ganz eigenes. Etwas, das man selten findet. Ein Glück, dass es so brillant ist!
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