Freitag, 28. Oktober 2022

KW 43, 2022: Die luserlounge selektiert

Quelle: Wikipedia.org
(sb/ms) Die skandinavischen Länder genießen einen ausgezeichneten Ruf. Hygge, Bullerbü-Syndrom, all das. Und klar, es ist super schön im Norden, die Menschen sehen unheimlich gut aus, es ist teuer aber lebenswert. Nicht umsonst rangieren Städte wie Kopenhagen oft unter den Lebenswertesten der Welt, Genau dort war ich ein paar Tage und all das trifft zu. Nur eine Vorstellung scheint sich in meinem Hirn verschoben zu haben. Meine Annahme war, dass die Gesellschaft dort wahnsinnig nachhaltig und umweltschonend ist. Das trifft zu gewissen Teilen bestimmt auch zu, nur eines können sie nicht leugnen: Der Plastikverbrauch ist irre! Das war nicht nur im Supermarkt erkenntlich, sondern insbesondere beim Konzert von Sigur Rós. Die spielten letzten Samstag in einer großen Halle (Bericht folgt), die danach wie ein Schlachtfeld aussah. Der ganze Boden überströmt mit Plastikmüll. Und das aus einem simplen Grund: Es gibt in der Halle kein Pfandsystem, alle Getränke wurden in einfache, leichte Plastikbecher gefüllt. Die lagen dann halt am Ende über den ganzen Boden verteilt. Schlimm. Klar, das ist nun kein dänisches Problem, aber mein Kopf wollte das nicht wahrhaben. Dem ganzen wurde noch die Krone aufgesetzt: Ich bestellte ein Bier und bekam ein auf Halde abgezapftes, dessen Becher mit einem zusätzlichen Plastikdecken verschlossen war. Was für ein irrer Quatsch! Ein Deckel, der ausschließlich dafür produziert wurde, um ihn weg zu schmeißen. Einen anderen Zweck hat er nicht verfolgt. Gruselig. Also: Pro Pfand - auch bei Konzerten!

Hinterlandgang
(sb) Demmin. Von hier (Bodensee) aus ganz weit oben und drüben. Aus dem tiefsten Meck-Pomm stammt die Hinterlandgang und stellt die Lebensrealität der Menschen dort auf sehr eindrückliche Art und Weise in den Mittelpunkt ihrer Musik. Für mich, der keinerlei Berührungspunkte mit den Menschen und der Lebenssituation dort hat, eine überragende Sozialstudie. Klar, sehr subjektiv, aber halt auch realitisch und authentisch. In einem anderen Genre hat man das beispielsweise von Feine Sahne Fischfilet schon ähnlich vernommen.
 
Kommen wir zum Punkt: Maschendraht ist musikalisch vielleicht nicht immer eine Offenbarung, aber seit das Album bei mir aufgeschlagen ist, höre ich doch immer wieder rein, weil es mich irgendwie fasziniert. Weil es beobachtet, beschreibt, anklagt, erklärt und Perspektiven erweitert.
 
Live demnächst hier:
 
10.11.2022 Rostock, Dieter (Mau-Club)
09.12.2022 Berlin, Privatclub
 
 
Dubinski
(sb) Bei Dubinski dachte ich bislang automatisch an den TV-Moderator selben Namens, von dem man allerdings auch schon seit über 20 Jahren nichts mehr gehört hat. Wahrscheinlich auch besser so. Nun schicken sich vier Brüder aus den schottischen Highlands an, im Indie Rock durchzustarten.
 
Mit ihrem Album Dubinski (Soothsayer) erfinden sie das Rad zwar nicht neu, machen aber ungeheuer Spaß. Pop, Rock, eine gehörige Portion Retro und fertig ist die tanzbare Mischung, die in ihrem jugendlichen Enthusiasmus an die frühen Mando Diao erinnert.
 
 
Rong Kong Koma
(sb) Vor 2 1/2 Jahren hauten mich Rong Kong Koma mit ihrem Debütalbum komplett aus den Latschen. Jetzt sind die Berliner zurück und legen mit dem Album Delfinde der Weide nach. Klar, der Überraschungseffekt ist nicht mehr so groß, die Erwartungshaltung entsprechend höher - und doch schafft es das Quartett aus der Hauptstadt, neue Hymnen rauszuhauen, die man so nicht erwartet hatte. Wieso sind die denn eigentlich nicht größer und bekannter? Tragt es in die Welt hinaus: Die! Sind! Super!

Live hier:

04.11.22 Berlin, Franken - RELEASESHOW

11.11.22 Bochum, Rockpalast
12.11.22 Köln, Tsunami Club
25.11.22 Hamburg, Hafenklang
26.11.22 Bremen, Lila Eule
01.12.22 Frankfurt, Ponyhof
02.12.22 Stuttgart, Kulturquartier
03.12.22 München, Backstage Club
09.12.22 Berlin, Wild At Heart
10.12.22 Hannover, Lux

03.02.2023 Düsseldorf, The Tube
04.02.2023 Essen, Don't Panic
09.02.2023 Braunschweig, Eulenglück
10.02.2023 Kiel, Roter Salon
11.02.2023 Osnabrück, Bastard Club
16.02.2023 Göttingen, Exil
17.02.2023 Karlsruhe, Alte Hackerei
18.02.2023 Ulm, Kradhalle
24.02.2023 Magdeburg, Gröninger Bad
25.02.2023 Dresden, Chemiefabrik
 
 
Thees Uhlmann
(Ms) Was wird aus dem Rock‘n‘Roll, wenn Thees Uhlmann nicht mehr wär? Eine Gute Frage, die wir uns hoffentlich noch lange nicht stellen müssen. Dass er sicherlich kein einfacherer Kerl ist, zeigen die wechselnden Besetzungen seiner Band. Dass er immer noch ein toller Musiker ist, zeigen die Texte, die er uns schenkt. Auch wenn es oft nicht mehr Tomte-like ist, kommen seine Zeilen von Herzen. Und genau das ist es ja, was begeistert, auch wenn ich die letzte Platte maximal mittelmäßig fand. Egal. Uhlmann ist ein Guter. Und auch eine unaufhörliche Rampenrau. Mit dem letzten Album war er lange unterwegs, gut 170 Gigs hat er mit seiner Band dazu gespielt, das ist ein irres Pensum. Zeit, um das zu würdigen. Und was wäre besser als eine Liveplatte dazu?! Gesagt - getan! 100.000 Songs Live In Hamburg heißt die Scheibe und erscheint am 2. Dezember selbstredend beim Grand Hotel Van Cleef. Satte 23 Lieder sind darauf versammelt, die natürlich nicht nur auf das letzte Album, sondern auf die ganze Solo-Zeit und sogar auf Tomte-Lieder zurück blickt. So eine Live-Platte hat immer den Charakter eines Best-Ofs. Und ganz ehrlich: Das ist es auch und allein die Titelliste hält, was sie verspricht. Das Ganze wird noch live gefeiert, allerdings schon so gut wie ausverkauft.

01.12 - Kiel, Pumpe
02.12 - Hamburg, Molotow (Ausverkauft)
03.12. - Köln, Luxor (Ausverkauft)
04.12. - Bremen, Tower (Ausverkauft)


Alin Coen
(Ms) Oft frage ich mich bei der ganzen Konzertebesucherei, wie der Reiz daran noch gesteigert werden kann. Zahlreiche Festivals habe ich besucht, da kommt selten mal noch atmosphärisch was Neues bei herum, genauso bei all den Gigs in den verschiedensten Hallen. Nein, es ist nicht ermüdend, im Gegenteil. Jeder Besuch ist immer noch ein irres Erlebnis. Aber die Besonderheiten reizen mich immer mehr. Letztens sah ich das erste Mal ein Konzert in der Elbphilharmonie. Das war beispielsweise irre. Oder Konzerte in anderen Ländern. An ungewöhnlichen Orten. Oder in einzigartiger Kombination. Das hat Alin Coen vor ein paar Jahren gemacht. Als sie ihre musikalische Ader wiedergefunden hat, spielte sie zusammen mit dem ehrenamtlichen Orchester STÜBAphilharmonie einige Konzerte miteinander, die offensichtlich Eindruck hinterlassen haben. Ihre zarten Lieder mit 80 anderen MusikerInnen. Wahnsinn, da kommt mir beim Schreiben ja schon die Gänsehaut. Verständlich, dass Menschen das nochmal hören wollen. Gesagt - getan. Also fast. Dass eine Albumproduktion Geld kostet, ist klar. Und das sammelt Alin Coen momentan noch, um das alles auf die Beine zu stellen, und um dieses Orchester-Album am 2. Dezember auch guten Gewissens veröffentlichen zu können. Schöne Finanzierungspakete bietet sie dabei auf Startnext an. Hier lohnt es sich sehr, denn das, was man zurück bekommt, ist mehr, als man gibt.


Donots
(Ms) Welches Lied spielt man zuletzt bei einem Konzert? Das ist sicher eine Frage, die irgendwie leicht als auch schwer zu beantworten ist. Es muss etwas sein, dass nochmal so richtig kickt. Vielleicht der größte Hit. Oder etwas, wo alle dabei sind. Ein Song, der nochmal so richtig kracht. Wo die Meute ausrastet, die Menschen sich in den Armen liegen, Tränen fließen, gefeiert wird. Am besten mit einem Refrain, der nachhallt, den das Publikum alleine noch weitersingen kann und wird. Das könnte bei Hey Ralph von den Donots sicher bald der Fall sein. Der Aufbautrack nach schlechten Zeiten, samt gerecktem Haupt der Zukunft gegenüber. Ein Lied, das auch für die Bandgeschichte stehen kann. Standen die Donots kurz vor dem Aus, kam das Glück um die Ecke und so erfolgreich wie seit der deutschsprachigen Lieder-Zeit waren sie vorher nie. Klar, dass das neue Album Heute Ist Ein Guter Tag (VÖ 3. Februar) heißen wird, verwundert nicht. Und eine Single reicht selbstredend nicht, so kommt dem chorischen Umarmungslied ein kurzer Punkrock-Smasher zuvor. Bei Augen Zu singt Guido und er sehnt sich nach alten Zeiten, wo das Verliebtsein so intensiv war, dass es im Gesicht blitzt. Diese Art der Singleveröffentlichung finde ich irgendwie stark. Die rotzigen und zarten Seiten der Punkrockinstitution aus Ibbenbüren kommen dabei extrem gut zur Geltung! Das wird ein guter Tag!


Fehlfarben
(Ms) Über Bands zu schreiben, die schon vor meiner Geburt aktiv waren und es immer noch sind, fällt es mir oft schwer zu schreiben. So richtig einordnen kann ich das nur aus dem, was ich über sie lese. Da fehlt mir dann immer ein bisschen der Bezug, das Gefühl. Daher mache ich es mir ein bisschen einfacher und schaue nur auf die Platte, die dieser Tage erschienen ist. Sollen andere das einordnen. Das erste Album der Fehlfarben ist vor 42 Jahren erschienen. Zehn Jahre später erst bin ich zur Welt gekommen. Dass sie nun mit ?0?? ein neues Album veröffentlicht haben, zeugt von einer großen Liebe zur Musik, langem Durchhaltevermögen und hörbarer Dringlichkeit! Nicht nur die Programmatik in Peter Heins Stimme beeindruckt mich, sondern auch die der Texte. Sie stechen heraus unter deutschsprachiger Musik, die momentan erscheint. Diese Band muss sich an nichts anpassen, muss niemandem gefallen und überzeugen so mit aufrichtiger Musik und starken Zeilen. Aufforderungen an das Selbst, Aussagen zum Zeitgeist. Alles dargelegt mit Druck und einer Notwendigkeit, wie ich sie selten zuletzt gehört habe. Das ist ein irre gutes Album geworden, hört es laut! In den kommenden Tagen spielen sie noch hier:

28.10.2022 Friedrichshafen Kulturhaus Caserne
29.10.2022 München Backstage
05.11.2022 Berlin Heimathafen
10.11.2022 Wien Arena
18.11.2022 Oelde Haus Nottbeck







Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (siehe Blog-Startseite unten) und in der Datenschutzerklärung von Google.