(Sb/ms) Einmal zurück gespult in die Studienzeit: Oh, man. Was war ich informiert. Was habe ich an Zeitungen und Magazinen gelesen. Wie viel Zeit war da. Ja, die ZEIT habe ich - wenn es gut lief - in weiten Teilen durchgelesen. Ich habe mir wirklich eine Meinung gebildet, abgewogen, es gab gute, brennende Diskussionen. Mit und ohne Bier. Die meisten jedoch nicht an der Uni, weil die Menschen in meinem Studiengang erstaunlich unpolitisch waren. Was habe ich auf die drängenden Fragen der Zeit gepocht. Was hatte ich für Erwartungen an eine Veranstaltung wie den G7-Treff in Elmau dieser Tage. Ehrlich wissbegierig habe ich Dinge nachgelesen, weil es mir wichtig erschien. Und nun?! Momentan sind wilde Tage im Job, da bin ich froh, wenn ich etwas Zeit habe, um aufmerksam Musik zu hören. Die dünne Berichterstattung hier ist der Beweis. Doch dann. Dann fiel es mir ein. Eine Sache ist mir aus dem aktuell zu Ende gegangenen Gipfel an den Alpen doch im Gedächtnis geblieben. Und ich finde es gar nicht mal so unwichtig. Dennoch mag es profan klingen: Es ist das Logo der Veranstaltung. Das finde ich genial! Es ist auf der einen Seite extrem schlicht und sehr, sehr elegant. Auf der anderen Seite finde ich es zudem ausdrucksstark. Das in sich verschmelzende G und die 7, wobei das G dann zusätzlich für das Gastgeberland steht. Richtig pfiffig. Sehr gut gemacht. Da gäbe es sicher auch einen Kommentar in der ZEIT zu.
Wie gesagt: Wenig Zeit ergibt wenig neue Musik. Aber immerhin. So startet ihr noch schneller ins Wochenende.
Moonpools
(Ms) Ich komme nicht drauf. Ich komme nicht drauf. Verdammt nochmal, ich komme nicht drauf. Woher kommt mir denn dieser Klang so unfassbar bekannt vor? Ja, vertraut beinahe? Ich komme nicht drauf. Es ist auf jeden Fall ein Rückspiegel in den satten, synthesizergetränkten Poprock der 80er und der Weiterentwicklung seiner heutigen Spielart. Und dann durchfährt mich der Erkenntnisschauer durch Mark und Bein: Da steckt eine ganz schwer zu bemessene Portion Nada Surf drin. Und das ist genau der Punkt, der mich bei Moonpools so sehr packt. Leider kann ich diesen Punkt nicht so gut in Worte fassen. Es ist Dichte, sanfte Dynamik und ich höre ganz viel Aufrichtigkeit dabei heraus. So ungefähr. Das gefällt mir extrem. Da spricht durch den tollen Zusammenklang der Instrumente plus den wunderschönen Gesang von Marcie Nyffeler etwas aus den Boxen, was mich berührt. Etwas, das eine Ecke in mir anspricht, die sofort Feuer und Flamme ist, wenn am 19. August ihre EP Damaged Goods erscheinen wird. Das Quintett aus Basel hat da etwas ganz Großes in der Pipeline. Das ist deutlich zu hören!
(ms) Nach dem ersten Hören dachte ich: Uff. Nach dem zweiten Hören dachte ich: Puh! Nach dem dritten Hören jedoch dachte ich: Ja, okay, bei 1,8 Promille werde ich definitiv dazu tanzen, keine Frage. Ich werde auch den billigen Refrain mitgrölen und es irgendwie geil finden. Dann sehe ich mich wieder als 18- oder 22-jährigen ZEIT-Leser, der die Wochenenden durchtanzt und dolle intellektuelle Debatten führen kann. Und dann kommt die Erkenntnis: Braucht es das noch? Brauche ich heute einen neuen Soundtrack, um mich in diese Phase meines Lebens zurück zu katapultieren? Und die Antwort ist klar: Auf gar keinen Fall. Eine Band wie Frittenbude brauche ich heute auf keinen Fall mehr. Die Phase war damals schon sehr übersichtlich abgesteckt: ein bisschen Elektropunk und ein bisschen gegen Deutschland sein für die Coolness, aber tja… gibt mir heute gar nichts mehr. Bin ich spießig geworden?! Puh, schwer zu sagen, kann sein. Irgendwie beachtlich jedoch, dass die Gruppe Frittenbude jetzt (wieder) einen Sound kreiert wie zu Das Ist Kunst-Zeiten. Nun gut, alles klar. Schön schön. Aber ohne mich.
Gorillaz
(ms) Ein Projekt jedoch wird nie aufhören, cool zu sein. Dafür würde ich mit meinem guten Namen bürgen. Das kann einfach nicht sein, dass die Gorillaz irgendwann über einen längeren Zeitraum Schrott rausbringen werden. Eine Idee, dir bar jeder Vorstellung ist. Nein, das geht nicht in meinen Kopf rein. Und das aus einem ziemlich simplen, aber sehr guten Grund: Damon Albarn ist ein verdammtes Genie. War er immer schon. Ist er. Wird er sein. Zu einhundert Prozent. Wie kann man nur derart kreativ sein und dann auch noch auf so vielen Ebenen astreine Qualität an den Tag legen?! Schleierhafter Neid. Das aktuelle Ding heißt nun Cracker Island. Und die Einfachheit des Liedes ist seine immense Stärke. Denn eines wusste Albarn immer schon: Es kann nie zu wenig Bass geben. Daher sollte dieses Stück in jedem Fall über eine sehr satte Anlage oder über sehr gute Kopfhörer gehört werden. Und dann schön laut. Und dann wird erneut klar: Wie lässig kann (im weitesten Sinn gefasste) Popmusik eigentlich sein?! Tja, keine Ahnung, Worte habe ich dafür nicht. Aber dafür einen superstarken Track. Wer genau Thundercat ist und was diese Person auf dem Stück beiträgt, weiß ich nicht und ehrlich gesagt ist es mir auch völlig wumpe. Denn. Das. Geht. Ab.
L'Entourloop
(sb) 20 Tracks, 27 Gastmusiker*innen, 75 Minuten Spielzeit - L'Entourloop verfahren auf ihrem neuen Album La Clarté Dans La Confusion nicht gerade nach dem Motto "Geiz ist geil". Dem Hörer wird eine schweisstreibende Hip-Hop-Reggae-Dancehall-Druckwelle in die Gehörgänge geschwemmt, der man nur schwer auskommt. Das gute Stück ist durchsetzt von etlichen Filmsamples, neben der Musik ist also auch für Rätselfreunde einiges geboten. Lebensfreude & Rhythmus - das Album ist eine wahre Liebeserklärung an die Soundsystem-Kultur und drängt sich als Soundtrack für den Sommer auf.
Superorganism
(Ms) Okay, enden wir die heutige Selektion mit einer kleinen musikkulturellen Fragestellung: Warum ist die Popkultur heute eigentlich eine Rapkultur und wo finde ich noch eine geil-abgefahrene Gegenerzählung? Zum ersten: Tja, es scheint einfach cool zu sein. Rap scheint sich insbesondere auf den internetbasierten Plattformen (ich vermeide mal absichtlich den Begriff ‚soziale Medien‘) extrem gut verkaufen zu können. Bildstarke Videos, ein Schönheitsideal, das bei den Jungs und Mädels ebenso gut ankommt, derbe Texte und selbstredend kurze Lieder, damit sie möglichst schnell bei Spotify gezählt werden können, ohne komplett angehört werden zu müssen. Hinzu kommt eine schön perverse Marketingstrategie. Eistee scheint der Shit überhaupt zu sein. Nicht umsonst sind Capital Bra oder Shirin David damit enorm erfolgreich. Zuckerzeug für die Kids. Old but Gold. Kleines Werbe-Einmaleins. Dabei gibt es doch wirklich super groovige, extrem innovative… tja… Pop(?)musik. Passt der Begriff dann noch für die Musik, die eigentlich mal dafür vorgesehen war? Eigentlich nicht, oder? Wie also Superorganism beschreiben? Futuristischer, internationaler Cloudelectro? Meinetwegen. Das Quintett aus dem Internet hat nun sein zweites Album am Start. Am 15. Juli erscheint World Wide Pop und ich wünschte es mir so sehr, dass genau dieser unbeschwerte, leicht bescheuerte, überbordende Sound die Jugend packen würde. Tja, so ist es leider nicht. Dann machen wir das halt.
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