Sonntag, 16. Januar 2022

KW 2, 2022: Die luserlounge selektiert

Bild: dji.com
(ms/sb) Über vergangene TV-Zeiten, Musik und bizarre Werbesprüche. Früher als junger Jugendlicher war Freitagabend immer Krimiabend im ZDF: Siska, Der Alte und Ein Fall Für Zwei. Matula ermittelt ja immer noch, oder? Das war auf jeden Fall immer super. Rückwirkend betrachtet vielleicht auch etwas schräg, aber die Familie hatte Spaß daran. Die Augsburger Gruppe Anajo (kennt die noch wer?) hat Matula ein musikalisches Denkmal gesetzt mit dem Lied Ich Hol Dich Hier Raus. Sie haben im Refrain sogar die schmissige Tonfolge aus dem Serienintro genutzt. Super! Genau diesen Spruch sah ich dieser Tage als Werbung gemeint auf einem Taxi: Wir holen dich da raus. Wie bizarr ist das denn bitte?! Lied und Serie suggerieren doch: es wird gefährlich. Und dann ist dieses Taxiunternehmen dazu da, um mich aus allen brenzligen Situationen, die das Leben zu bieten hat, zu retten?! Was für ein Service! Zweiter Gedanke: Als ob Menschen nur Taxen brauchen, wenn sie einer beklemmenden Situation entfliehen wollen. Dabei entsteht natürlich automatisch die Frage: Welches Zitat eines Musikstücks wäre angebracht, um einem Taxiunternehmen beim Transport zu vertrauen?! Mein Vorschlag ist das gute alte Helden-Lied: Bring mich nach Hause. Weitere Ideen?!

Zum Glück hat mich niemand im Marketing angestellt. Hier geht's nun doch auch im Musik. Ab geht's:

Kat Frankie
(ms) Vielseitigkeit ist zunehmend ein Gütekriterium, das mir beim Hören und subjektiven Bewerten von Musik wichtig ist. Völlig unabhängig vom Stil. Wenn ein Rap-Album nur eintönige Beats, aber solide Texte hat, läuft es weniger bei mir. Mit mehr Kreativität am Klang sähe das anders aus. Bei Metal oder hartem Rock ist es das gleiche Spiel. Eine Spielart von Musik bringt Vielseitigkeit meines Erachtens auch automatisch mit und das ist Art Pop! Das steckt ja schon im Namen. Kat Frankie macht auf jeden Fall Art Pop, so kunstvoll, rund, gut, geschickt und toll arrangiert ist ihre Musik. Im Mai kommt erst die neue Platte raus, heute aber schon direkt der nächste Vorbote! The Sea taucht mit einem wummernden, beherrschenden Gitarrenriff auf, das den Track nicht mehr verlassen wird. Es ist eine Musik gewordene Eindrücklichkeit und eine aufrechte Haltung, die den Text unterstreicht: Es geht um das inhumane Wesen politischer Demagogen. Leider sind es in den letzten Jahren immer mehr geworden. Umso lauter muss so ein tolles Lied erklingen!
 
 
Placebo
(ms) Es geschah beim Blick auf das Konzertjahr 2022, das mal wieder ins Stocken gerät. Aber es gibt auch viel Hoffnung. Sehr gut! Zum Beispiel für den Herbst, wenn Placebo in unsere Gegend kommen! Irre Vorfreude, da ich die Band seit Jahren verehre für ihren eigenständigen Klang, Brian Molko für seine Stimme, die Gruppe für ihre bestechende Dynamik. Da fiel uns plötzlich auf, dass Love A und Placebo am gleichen Tag in Hamburg spielen werden. Unser Entschluss war klar, dass wir uns für die Briten schick machen werden. Dann wird ihr neues Album Never Let Me Go durch die Hallen der Republik schallen und Herzen auf die Bühne fliegen. Auch ihre neue Single (die dritte bereits) Try Better Next Time wird dann zu hören sein. Und tatsächlich nochmal Hoffnung aufschwingen lassen. Es ist ein dreiminütiger, eingängiger, leicht poppiger Rocktrack, der die Person im Text als Underdog, Außenseiter erscheinen lässt aber auch eine nachvollziehbare Kopf-hoch-Einstellung mit sich bringt. Kein großer Wurf, aber ein schönes Lied!
 
 
The Wombats
(sb) Spannend, was The Wombats da heute veröffentlichen! Auf der einen Seite bleibt sich die Band aus Liverpool treu und geht konsequent ihren Weg weiter. Auf der anderen Seite klingt Fix Yourself, Not The World aber mitunter so sehr nach Love Fame Tragedy, dem Soloprojekt von Sänger Matthew Murphy, das man sich unweigerlich fragt, ob diese Trennung überhaupt nötig ist. Nichtsdestotrotz ist das neue Album sehr funky und wird die Erfolgsstory der drei Indie-Helden fortschreiben. Aufgrund der pandemiebedingten Umstände musste das Trio neue Wege beschreiten, wie Schlagzeuger Dan Haggis beschreibt:
 
„We’re so excited for people to hear this new album! We’ve explored new genres and pushed ourselves further than ever musically. It will always stand out for us in our memories from our other albums as we recorded it across three cities during lockdown, and we weren’t all in the same room at the same time!”
 
Experiment gelungen, würde ich sagen. Hört rein, seid begeistert!

 
Weserbergland
(ms) Vor zwei Jahren überraschte mich ein wesentliches Detail in einer Musikmail. Eine norwegische Band würde ein Album veröffentlichen. So weit, so neugierig. Doch ihr Name blieb weit darüber hinaus hängen: Weserbergland. Aus der Nähe komme ich doch. Schräg. Woher die Verbindung? Zur deutschen Band Harmonia, wichtige Protagonisten der experimentellen Musik der 70/80er. Ihr Michael Rother wohnt halt direkt an der Weser im dortigen Bergland.
Nun gibt es Nachschlag der Skandinavier. Am 18. Februar wird ihr drittes Album erscheinen und den Namen Sacrae Symphonia No. 1 tragen. Zugegebenermaßen ist die Platte nicht sonderlich sakral in meinen Ohren, aber dennoch umwerfend. Zum Einen aufgrund des Arrangements. Sie besteht nur aus einem einzigen Lied, dieses dauert jedoch gut 40 Minuten! Wie ungeheuer mutig in einer Zeit der Musikverwertung und in der Klicks nach 30 Sekunden zählen. Das hier muss zwingend in Gänze gehört werden. Denn dann ergibt es erst Sinn. All die Wechsel im Tempo, all die Instrumente, die sich nacheinander in den Vordergrund schieben und dann ihre wundersame Eigentümlichkeit ausbreiten. Es ist ein Mix aus eben jener Zeit der experimentellen Musik aus Deutschland gepaart mit einer Transformation ins Heute vergleichbar mit The Notwist. Das ist nichts für zwischendurch. Genau deshalb ist es so bestechend. Gut obendrein!
Da aus dem kommenden Album noch nichts offiziell zu hören ist; so klingt das letzte:
 

Marco Pogo
(sb) Eine coole Sau ist er ja schon, der Marco Pogo. Der Mann ist Arzt - mit Promovierung, Doktortitel und allem drum und dran. Seine Bestimmung war das jedoch nicht, also hängte er den Job an den Nagel, wurde Punk-Musiker, Bierbrauer und Politiker. Kann man mal machen. Mit seiner Band Turbobier bereist er den Planeten, bekehrt die Welt zum Simmering-Style und ist zudem Werbeträger Nummer 1 für sein Gebräu, das stilecht ebenfalls "Turbobier" heißt. Guter Stoff übrigens, selber schon getrunken und genossen. Mit seiner Bierpartei ist er darüber hinaus seit 2014 auf der politischen Bühne aktiv und errang bei der Wiener Landtags- und Gemeinderatswahl 2020 Mandate in insgesamt elf Bezirksvertretungen.
 
Doch damit nicht genug! Nun darf sich Tausendsassa (oder wie man in Österreich sagen würde: Wunderwuzzi) Marco Pogo auch noch "Buchautor" nennen. In Gschichtn (VÄ: Oktober 2021) erzählt der Künstler darin auf 136 Seiten Geben solche und Anekdoten aus seinem Leben. Sehr amüsant, sehr anschaulich. Geiler Lebensentwurf, bierig-bärige Lektüre.
 

1 Kommentar:

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