Freitag, 13. August 2021

KW 32, 2021: Die luserlounge selektiert!

Quelle: facebook.com/radio32ag
(sb/ms) Behandeln wir eine gängige Floskel, die meines Erachtens falsch und inflationär gebraucht wird. Sie lautet: Alles Gut. Nun kann dies als Frage oder auch als Aussage getätigt werden. Nehmen wir den ersten Fall, die Frage: Die fragende Person geht also schon durch den reinen Wortgebrauch davon aus, dass zumindest gut Teil der Antwort sein wird. Ob nun wirklich alles gut sei oder nur ein gewisser Teil, steht auf einem anderen Blatt. Gut ist die Ausgangslage. Zum Einen ist das natürlich löblich und spräche für eine grundsätzlich positive Haltung der fragenden Person. Zum Anderen kann es aber auch sein, dass alles andere gar nicht zulässig ist. Im Hochglanzzeitalter des Digitalen und dem durchaus matten analogen Gegenentwurf ein Widerspruch. Die aufpolierte Erscheinung im Telefon ist immer gut, da ist alles gut. Ob es dahinter brüchig oder gar schlecht ist, darüber wissen wir nichts oder zumindest zu wenig. Das ist also der Wortgebrauch in der Frage, äußerst fragil und mit einer ganz eigentümlichen Anspruchshaltung. Nun also zur Aussage. Meist ist dieses Alles Gut etwas Nachgeschobenes. Vorher gab es irgendetwas zu besprechen, bereden, vielleicht lag sogar ein Problem in der Luft, jemand wollte etwas und bekam vielleicht nur eine unzureichende Antwort, geht in den Dialog und sagt dann später dennoch: Alles Gut. Offensichtlich ist es das ja nicht, denn vorher war etwas nicht in Ordnung und dieses Alles Gut ist noch keine Aufhebung in die vollkommene Zufriedenheit. Die Aussage in dieser Situation zieht auch immer einen Auftrag hinter die Person, die es zu hören bekommt - so ganz perfide unter einem scheinbar freundlichen Gesichtszug.
Wo liegt nun also das Problem? Ganz klar: In der schwachen sprachlichen Ausformulierung. Sie kann Angst beinhalten, Scheu vor Konfrontation oder gar Desinteresse (insbesondere bei der Frage). Forderung: Konkreter sprechen!

Sehr gut wiederum ist, dass wir erneut selektiert haben. Wie jeden Freitag. Luserlounge hier. Kulturhölle.

Bayuk
(ms) Musik und wie sie zu bewerten ist. Das ist durchaus der Gegenstand dieses Blogs. Und damit oft eine ziemlich heikle Angelegenheit. Zunehmend ist mir meine eigene Erwartungshaltung an Musik völlig fremd. Wer bin ich, dass ich mir ein Urteil erlaube? Nun gut, zum Teil nehme ich es mir einfach raus, zum Anderen glaube ich auch, dass ich das gut kann. Doch das Problem bleibt. Nehmen wir Bayuk. Sein Album Rage Tapes finde ich umwerfend. Es ist eine ganz eigene Art der sanften, eindringlichen Popmusik. Am 27. August erscheint der Nachfolger mit dem wunderbaren Titel Exactly The Amount Of Steps From My Bed To Your Door. Wie hochromantisch und irgendwie schon direkt brüchig. Warum zählt die Person? Weil sie es nicht abwarten kann, sich freut oder gar fürchtet? Irgendwie wollte ich lange Zeit, dass Bayuk mich exakt mir einer gleichen Platte, wie er sie schon gemacht hat, umhaut. Aber wieso sollte er das tun? Wieso etwas nochmal machen? Eben! Ich vermute, dass er auf der neuen Scheibe ein wenig poppig zugänglicher sein wird und seine Fähigkeiten im lyrischen Bereich stark ausgebaut hat. Dafür spricht auch, dass er das Album auf Monchique herausbringt, das Labes des hier sehr verehrten Tobias Kuhn (Miles, Monta!). 200 Miles ist die nächste Auskopplung. So sanft und furchtbar direkt. Erneut zeigt Bayuk zudem, dass er ein ganz feines Händchen für tolle, sehenswerte Musikvideos hat! Bitte sehr: 
 
 
We Are Scientists
(ms) They never disappoint! Das ist eine absolute Wahrheit bei dieser Gruppe. Auch wenn sie nicht mehr in dem Scheinwerferlicht stehen, woher sie kommen. Zahlreiche Faktoren sind da sicherlich am Werke: Streaming, lange im Geschäft und vielleicht das kleine bisschen zu unter dem Radar, dass es eben nicht für die großen Shows und späten Slots auf Festivals reicht. Doch We Are Scientists sind immer noch ziemlich super und beweisen auf ihrer neuen Single eine Menge Humor. Reaction-Videos sind so eine Sache, habe ich mir mal angesehen, kann durchaus unterhaltsam sein! Genauso ist Handshake Agreement gestaltet mit einem Host, der die Band genauso abfeiert als sie auch während des Songs grillt. Erdreisten sich die Musiker wirklich leicht pathetisch zu tanzen?! Ja, es bringt den Sprecher auf die Palme. Schmunzelnd ist dieses Video zu genießen, der Song tritt dabei tatsächlich ein wenig in den Hintergrund, aber egal. Für den kleinen Spaß geht das absolut klar. Das Album Huffy erscheint am 8. Oktober und könnte ziemlich gut werden!

 
Akne Kid Joe 
(sb) Sie sind ja schon ein Phänomen. Sie können nicht gut singen. Irgendwie hat man auch den Eindruck, dass mitunter eher die Instrumente die Bandmitglieder beherrschen als andersrum. Und dennoch: Wie gut, dass es Akne Kid Joe gibt, denn die Franken sind so ungemein unterhaltsam, dass man nicht mehr auf sie verzichten möchte. Und auch wenn, sie im Pressetext vehement auf humoristische Art und Weise bestreiten, sich in Pandemiezeiten weiterentwickelt zu haben, so haben sie gerade textlich doch nochmal eine Schippe draufgelegt. Für die Frechheit, zweimal das exakt gleiche Lied (mit Ausnahme von zwei Wörtern) aufs Album Die Jungs von AKJ (VÖ: 27.08.) sollte man dem Quartett jedoch die Löffel langziehen - oder sie halt feiern. Ach, was solls, weil Freitag ist: Wir feiern sie! Schließlich sind RaR und RiP nur einmal im Jahr. Zwar nicht für uns, weil wir beide Groß-Festivals ablehnen, aber egal. Im übrigen lohnt es sich, das Album bis zum Ende anzuhören, denn der eigentliche Höhepunkt der Scheibe ist der Bonus-Track.


Swutscher
(ms) Natürlich hat mich dieser Song schon mit den ersten Worten komplett gepackt. Und das liegt nicht am Inhalt, sondern an der herrlich rauen Stimme des Sängers von Swutscher. Wie Sascha selbstbewusst unperfekt ins Mikrophon 'singt', das muss direkt sympathisch sein. Dazu kommen die Klavierklänge, die dem Lied Daheim direkt eine etwas melancholisch-pathetische Ebene geben und dort schön glänzen. Natürlich wirkt der kleine Text mit diesem Video umso besser. Einfach mal eine Single raushauen, ziemlich guter Schachzug. Immer raus mit dem, was raus muss, sich aufdrängt, einen kreativen Kanal braucht. Im Zuge dieses Liedes fällt mir auf: Seit ein paar Jahren spielt das Thema 'Heimat', das ja sonst komplett von rechten Spinnern besetzt ist, auch in musikalisch liberalen oder linken Kreisen eine nicht unwesentliche Rolle. Wie Thees Uhlmann sich auf Hemmoor bezieht, ist krass. Auch Feine Sahne Fischfilet legen großen Wert darauf, immer wieder zu betonen, woher sie kommen. Sollte es nicht gerade denen egal sein?! Oder ist das generell gesagt nicht komplett Wurst?! Wahrscheinlich eher letzteres. Denn die Heimat, das Zuhause ist auch immer ein romantischer Ort. Davon singen Swutscher hier sehr eindringlich.


Indigo De Souza
(ms) Am 27. August wird ein Album erscheinen, das... naja, das auf jeden Fall sehr schwer zu beschreiben ist. Ursprünglich wollte ich das Wort spannend benutzen, doch alle die Captain Fantastic gesehen haben, wissen dass dieses Wort verschwinden muss. Vielschichtig, unerwartet, gewissermaßen herausfordernd ist das, was Indigo De Souza hier auf Any Shape You Take vollbracht hat. Salopp nach dem ersten Hören dachte ich, das sei recht belangloser Radiopop. Doch mal wieder wurde ich eines Besseren belehrt, ließ mich drauf ein, habe weiter gehört und war ganz verwundert. Pop ist schon, klar. Aber es ist auch Indie, Soul, R'n'B und immer verdammt unvorhersehbar und klug gemacht. Ihre Texte scheinen einfach, doch gerade diese Schlichtheit macht es so ungeheuer eindrück- und zugänglich. Zudem sind ihre Videos absolut sehenswert, bunt und laut sind sie, zum Teil ein Kontrast zu ihrer Musik. Sowohl bei Hold U als auch auf Kill Me spielt sie in hervorragender Weise mit der Darstellung sexueller Identitäten, löst sie auf, mischt sie, macht sie egal, so wie es sein soll. Hauptsache wohlfühlen. Das ist schlau und verdammt catchy produziert. Gutes Ding!


Neonschwarz
(ms) Zugegeben: Dieser Name tauchte hier für sehr lange Zeit nicht mehr auf. Der Pressetext spricht von drei Jahren Pause für Neonschwarz! Zum Glück nicht lang genug, um irgendwen auch nur annährend zu vergessen. Seit zehn Jahren steht das Quartett für Leichtigkeit, Party, klare, linke, politische Ansage und Eskalation auf der Bühne. Salto Mortale ist nun der Track, mit dem sie sich in dieser Woche zurückmelden. Unverschämt, wie locker der Beat wummert, das macht einfach wieder unglaublich viel Spaß. Neonschwarz haben eh ein Alleinstellungsmerkmal: Derartigen Rap - Party, Jogginghose, Haltung - findet sich in dieser Kombination wohl kaum woanders. Daher füllen sie erneut die von ihnen still zurück gelassene Lücke: Molli, Hitze auf der Bühne, neonschwarzer Blockpartysound in der Stadt, Zirkusnummer und selbstredend sich selbst als die Geilsten feiern. Das ist klar. Gut, dass sie wieder da sind! Kommendes Jahr geht es wieder auf Tour. Ich gehe davon aus, dass passend dazu ein neues Album da sein wird. Flirrende Luft inklusive!

25.03.2022 Jena - Kassablanca
26.03.2022 München - Technikum
08.04.2022 Hannover - Pavillon
09.04.2022 Mannheim - Feuerwache
22.04.2022 Leipzig - Werk2
23.04.2022 Stuttgart - Im Wizemann
06.05.2022 Hamburg - Uebel & Gefährlich
07.05.2022 Hamburg - Uebel & Gefährlich
20.05.2022 Berlin - Festsaal Kreuzberg
21.05.2022 Düsseldorf - zakk

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