Freitag, 12. März 2021

KW 10, 2021: Die luserlounge selektiert

Quelle: 10.unpri.org
(sb/ms) Sind wir mal ganz ehrlich: Was sollte das denn? Und wer hat sich daraus was erhofft? Dass das ein riesiges Boulevard-Ding wird, war doch schon weit vorher klar, oder? Allein die Namen aller Beteiligten besagen das. Aber dann bringt selbst die Tagesschau in der 20 Uhr-Version eine Meldung darüber? Was? Wieso? Wenn man keinen Bock darauf hat, in der Bedeutungslosigkeit zu versinken, dann lässt man sich doch was pfiffigeres einfallen als so ein melodramatisches Interview, oder? Ach, ich weiß nicht. Klar, mir ist das auch unfassbar egal. Was sollen diese machtlosen Königshäuser heutzutage auch noch? Und wenn die schon vor längerer Zeit gesagt haben, dass die da nicht mehr mit verbandelt sein wollen, dann kann man es doch dabei bewenden lassen, oder? Und schon ist es passiert. Auch gemerkt? Man regt sich über den allerletzten Schrott auf. Das ist aber auch nur möglich, weil sonst absolut gar nichts passiert. Ich freue mich jeden Tag auf's arbeiten, da ich einen abwechslungsreichen Job habe. Aber dann bleibt am Ende nur so Talk-Gedöns haften. Ei, ei, ei...

Zum Glück sind wir die musikalischen Dienstleister Eures Vertrauens. Luserlounge liefert! Bitte!

The Weather Station
(ms) Gestern war ich auf einem Konzert! Kaum zu glauben, aber wahr. Logisch, nur im Netz, aber vollkommen irre. Es ging auch nur etwa 50 Minuten, doch vielleicht ist das die ideale Zeit, um sich online beschallen zu lassen. Denn diese Internet-Gigs sind ja zu einer eigenen Kunstform geworden. Und Tamara Lindeman hat sie gestern Abend perfektioniert! Mit ihrem Projekt The Weather Station trat sie in meinem (und vielen anderen) Wohnzimmer auf. Unheimlich neugierig war ich, wie sie diesen phantastischen Sound vom Album auf die Bühne bringt. Nach einem Gedicht, das sie (aufgezeichnet) am Strand vortrug, ging es los. Die ersten Blicke: seltsames Licht, viele Einrichtungsgegenstände im Studio, komische Orientierung. Dieses Wirre ließ schnell nach, als das Bild klar wurde und das Geheimnis gelüftet: Mit bis zu zehn (!) Protagonisten wurde ihr Album Ignorance in Gänze aufgeführt. Zwei, drei Leute an den Percussion, zwei am Klavier, zwei Gitarristen, Bass, Querflöte, Saxophon! Wahnsinnig stark. Wahnsinnig gut. Zwischen diesen brillanten Musikern (insbesondere Bass und Klavier) sang Lindeman ihre wunderschönen Lieder. Mal mit kräftiger, dann wieder sanfterer Stimme. Und trotz (oder wegen) Online-Übertragung war der Sound ideal. Über Kopfhörer war das ein ganz nahes, eindringliches Erlebnis, die Zeitspanne ideal, die Qualität super! Einziger Wehrmutstropfen: Noch mehr Lust, endlich wieder selbst im Club zu stehen und eintauchen zu wollen!


Danger Dan
(ms) Wo anfangen? Am besten mitten drin. Dann bleibt alles schön geordnet. Denn die Antilopen Gang muss man hier niemandem vorstellen. Vor drei Jahren hat jedoch Danger Dan ein unglaubliches Album veröffentlicht. Reflexionen Aus Dem Beschönigten Leben läuft immer noch gerne daheim oder unterwegs. So klug, bissig, ehrlich, brillant. Wichtig: Danach kam von der Gang echt nur noch mittelmäßiger bis grober Müll. Beide Veröffentlichungen aus dem letzten Jahr hatten eine Halbwertszeit von der Albumspiellänge. Nun also wieder Danger Dan solo! Yeah! Große Vorfreude, aufgrund dessen, dass es wahrscheinlich wesentlich besser wird. Zumindest mit der Ankündigung. Der erste Höreindruck zündet bei mir persönlich leider nicht. Das Ist Alles Von Der Kunstfreiheit Gedeckt wird die Platte heißen, die am 30. April erscheinen wird. Es wird ein Klavier-Album werden. Danger Dan ist jetzt unter die Singer/Songwriter der alten Schule gegangen. Auf der einen Seite ist das natürlich ein schönes Experiment, auf der er sein Können in musikalischer und textlicher Sicht zeigt. Aber da fehlt mir die Power. Lauf Davon, der erste Vorbote, hat in meinen Ohren nicht einen Takt, der hängen bleibt. Auch beim mehrmaligen Hören nicht. Bitter. Enttäuschend durchaus. Oder ich bin zu blöd dafür. Auch das ist möglich. Doch noch keine Endabrechnung, bis das Ding nicht veröffentlicht ist. Denn: Vielleicht kommt die große Überraschung ja mit Release. Bleiben wir gespannt!


Catapults
(sb) Album paar Mal angehört, für gut befunden und dann mal den Pressetext gelesen - die ideale Vorgehensweise eigentlich, um unvoreingenommen an eine Scheibe ranzugehen, oder? Nun weiß ich also, dass die Catapults aus Oldenburg kommen und Skatdecks als Gitarrenholz nutzen. Und wisst Ihr was: Ist mir total egal, weils halt auf die Musik ankommt! Klar, die Damen und Herren aus den PR-Agenturen müssen sich täglich zu so vielen Künstlern*innen was aus den Fingern saugen und ich möchte deren Job nicht machen, aber in Zeiten, in denen bei jeder dritten Bandvorstellung die sexuelle Orientierung der Protagonisten im Mittelpunkt steht, isses dann halt auch mal wieder gut...
So, genug gekotzt. Wenden wir uns wieder den angenehmen Seiten des Blogger-Daseins zu und dazu gehört I'll Be Honest (VÖ: 19.03.) definitiv. Das sind große Gefühle, verpackt in ein krachendes Emo- und Punk-Gewand, das auch das ein oder anderen Riff nicht scheut. "Emotional, melancholisch, druckvoll, erfrischend" - so beschreibt sich das Quartett selber und das triffts auch bestens. Live dürfte das Hallen zum Schwitzen bringen und so bleibt die Hoffnung, dass man die Band auch bald wieder auf der Bühne bewundern darf.


'68
(sb) Wie viel Lärm können zwei Menschen machen? '68 ist der Klang von gleichzeitiger Im- und Explosion, von Zerstörung und ungebundener Schöpfung. Es sind Songs, die fast jeden Moment auseinanderfallen könnten und es doch nie tun, ein teuflischer Tanz zwischen Leben und Tod. Es ist ein primitiver Impuls, der mit postmoderner Entschlossenheit vorgetragen wird.
Josh Scogin gründete seine kleine Band mit dem großen Sound im Jahr 2013 und benannte das Duo, das er bescheiden als "ein bisschen Rock, ein bisschen Blues, ein bisschen Hardcore" bezeichnet, nach dem alten Camaro seines Vaters. Und das, was der aus Atlanta/Georgia stammende Musiker und sein perkussiver Partner Nikko Yamada, mit Gitarre, Bass, Schlagzeug, Tasten und Pedalen auf die Beine stellen, hat die Ausmaße eines Muscle Cars. Give One Take One (VÖ: 26.03.) ist über weite Strecken sehr geiler und lauter Lärm, der es aber dennoch schafft, Persönlichkeit zu zeigen und einen anzusprechen. Zieht nicht beim ersten Anhören, wächst aber ungemein.


Timo Scharf
(sb) Fünf Tracks, ordentlich Melancholie und noch viel mehr Fernweh. Timo Scharf hat den ersten Lockdown im Jahr 2020 in Worte und Melodien gepackt - unwissend, dass das erst der Anfang war und noch viel mehr kommen würde. Nichtsdestotrotz ist seine EP Everything Ever Always Is All Forgotten nicht als Zeitzeuge zu verstehen, sondern eine wunderbare Scheibe, die zwischen Folk, Pop und Country anzusiedeln ist. So klingt das also wenn bei einem Weltenbummler Edinburgh (Wahlheimat) auf Braunschweig (tatsächliche Heimat) trifft. Das ist nicht provinziell und eingeengt, sonder weit und wunderschön.


Communions
(ms) Keine Angst vor Größe! Während beispielsweise die neuen Tracks der Killers gähnend langweilig sind, kommt aus dem Norden (mal wieder) Musik, die noch auf derartige Bandbreite wartet, aber lange müssten sie nicht mehr auf sich warten lassen, wenn die Vermartungsketten der Musikbranche nicht so dämlich wären. Dann stünden die Dänen von Communions bald als letztes auf den großen Bühnen! Und das nicht mit großem Tamtam oder den neusten, irren Spielereien am Synthie-Regal, sondern mit der Musik, die seit Jahren begeistert, überzeugt: Gitarrenrock. Punkt. Ein bisschen Hall, ein bisschen verwunschen, ganz leichte Andeutungen zum Psychedelischen, aber immer klar, nicht zu überdreht. Einfach gut. Kann man das noch schreiben, um einfach gute Musik zu beschreiben? Ich hoffe! Pure Fabrication erscheint Ende April! Mit ihrer nüchtern-dynamischen Saitenarbeit schaffen sie dabei nichts anderes als ein beinahe überdrehtes Genre zu stabilisieren. Große Aufgabe - gelungen!


VIVIN
(ms) Es geht ja auch immer um den Effekt! Und um Geduld. Um's nochmalige Hören, wenn man nicht so sicher ist, ob der Drive angekommen ist. Ja, der Drive hier ist eher leise und versteckt, aber er ist auch wunderschön. In den ersten Takten dachte ich nämlich - und so ehrlich muss man auch sein -, dass ich den neuen Track von VIVIN skippe. Aber dann ist etwas passiert. Es fällt mir enorm schwer zu benennen, was es ist. Vielleicht diese entspannte Ruhe, die den Beat ausmacht. Die feinen Gitarrenspielereien, die den Hintergrund dominieren. Vielleicht das Stück als Ganzes, das sich seicht und friedlich aufbaut. Clockwork ist ein Lied, was nebenbei nicht gut funktioniert. Man muss sich bewusst darauf einstellen. Dann fängt es heimlich, still und leise an zu strahlen. Durch den feinen Gesang und ein extrem harmonisches Ganzes, in das man sich schnell und kurzweilig fallen lassen kann!



Sorbet
(ms) Wie tanzt es sich am besten? Klassisch? Bin ich völlig unbegabt, habe es nie so ganz verstanden. Es gab einen Crash-Kurs vor dem Abi mit der damaligen Freundin und das war es auch. Im Club? Liebend gern! Aber echt nur zu der Musik, die ich selbst auch abfeiere, sonst komme ich nicht in den Modus. Zu Hause? Ist immer mehr zur Option geworden in den vergangenen zwölf Monaten (mag man ja gar nicht dran denken). Am Besten mit Kopfhörern auf und dann sich herrlich direkt beschallen lassen. Logisch: Die Klassiker gehen immer! Aber langsam, versunken bewegen geht auch sehr gut. Und wenn die Nachbarn das schon sehen.... pff! Bald, ab dem 4. Juni, lässt es sich herrlich gut daheim zu Sorbet tanzen. Nein, es geht nicht um Nachtisch (wer dieses plumpe Wortspiel wohl schon alles gemacht hat...). Es geht um den Musiker Chris. W. Ryan, beheimatet in Nordirland. Auf seiner ersten Platte This Was Paradise, die dann via Bureau B erscheinen wird, geht es tief elektronisch zu. Mal langsam, mal schnell. Immer mit einer gewissen Düsternis versehen, wie sie die Editors zuletzt perfektioniert haben. Nur halt ohne Gitarre. Die Wirkung ist bestechend, sehr eindringlich. Heißt: Sehr gut! Ihr braucht den dunklen Tanzsoundtrack für den Sommer?! Bitte!


Chantal Acda
(ms) Ganz sanft, unscheinbar, geheimnisvoll und dennoch packend entführt sie mich aus dem Moment. Ich sitze des Abends im Wohnzimmer, der Tag war anstrengend, ich bin leer. Neugierig klicke ich die Musik an, die Beschreibungen machen aufmerksam. Und es trifft zu. Zwischen Gitarrenzupfen, klug eingesetzten Percussion, herrlich variierendem Gesang der Sängerin und vieler Hintergrundstimmen und Streichern, die für Spannung sorgen, vergesse ich den Alltag und was morgen kommt. Das sind die Momente, bei denen ich mich vor der Musik als Kunstform verneige. Wenn die reine Stimmung, die reine Wirkung des Gespielten solche berauschenden Effekte nach sich ziehen! Da ist es mir beim Hören auch erstmal egal, worum es in den Liedern geht. Die Magie des Klangs hat mich bereits gepackt! Die Protagonistin heißt Chantal Acda und liefert übernächste Woche (VÖ: 26. März) ein verwunschenes Album ab. Es heißt Saturday Moon und befreit mich beim Hören aller Sorgen, Gedanken, Zweifel. Ich bin nur noch da. Kann es genießen, eintauchen. Das ist die herrliche Magie, die ich so schätze. Eigentlich ist die Platte sehr unaufgeregt, doch die Spannung der Musik liegt zwischen den Tönen, im Ganzen. Das macht es rund, kraftvoll! Hier lauert eine stille Perle!

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