Quelle: facebook.com/46parallel |
Diesen Codex kennen zum Glück auch die Menschen, die tendenziell die Fahrgäste nerven könnten: Menschen, die im Auftrag des Vekehrsbetriebs eine Umfrage durchführen: Welches Ticket nutzen Sie? Wo sind Sie eingestiegen? Wie sind Sie zum Bahnhof gekommen? Wie werden Sie ihn verlassen? Was ist der Grund Ihrer Reise? Das sind die fünf magischen Fragen. So auch heute morgen. Und der Typ, der dies durchführte, war voller Empathie. Frage freundlich, ob er kurz stören könnte - logisch. Fragte seine Fragen zügig hintereinander. Und anstatt sie nach Antwort in sein Telefon einzugeben, merke er sich das Gesagte und erledigte dies danach in aller Ruhe. Sehr verständnisvoll. Sehr gut.
Hier ist jetzt auch Abfahrt. Klanglich. Manchmal auch visuell. Luserlounge. Freitag. Selektion!
Audio88 & Yassin
(ms) Im März ging es los. Die große Absagewelle von Konzerten. Am 27.3. sollten Audio88 & Yassin im Lüneburger Salon Hansen aufspielen. Ich hatte so unendlich viel Bock auf diesen Gig! Direkt danach sollte der Urlaub beginnen. Doch dann kam alles anders - Frust übersäte die Stimmung. Weitere Absagen folgen. Und jetzt kommen die Ansagen! Unglaublich gut und sehr, sehr stark. Denn dieses verrückte Duo haut eine neue Platte raus. Friedvoll und gesittet wie man sie kennt, wird Todesliste am 12. Februar erscheinen. Auf dem dazugehörigen Vorboten Schlechtes Gewissen hallt es nur so von astreinem Battlerap! In Zeiten großer Ungewissheiten ist es ja auch wichtig zu wissen, gegen wen man sich musikalisch stellt. Und wenn es da eine Kombo gibt, die gerne und zurecht ordentlich auf die Kacke haut, dann Audio und Yassin. Spannend dabei zu beobachten ist, dass die wuchtigeren Beats und auch die Nutzung von Autotune aus Yassins Solo-Album mit in die gemeinsame Arbeit geflossen sind: Passt! Quintessenz - Vorfreude: Sehr groß!
System Of A Down
(ms) Die interessanteste Frage zu dem neuen Material von System Of A Down habe ich irgendwo bei Facebook aufgeschnappt: Brauchen wir diese neuen Songs? Zwei Mal gehört und zwei Mal den dazugehörigen, sehr wichtigen Text durchgelesen. Dann gibt es nur eine Antwort: Auf jeden Fall! Einigen wir uns so: Musikalisch sind die beiden neuen Tracks der Armenier keine große Überraschung. Protect The Land ist sogar eher ein wenig langweilig. Genocidal Humanoidz ist wesentlich spannender und geht viel mehr in diese ungehaltene, temporeiche, leicht verrückte Richtung, für die man das Quintett seit Langem verehrt. Natürlich ist es auch einfach sehr schön, dass sie nach 15 Jahren (!!!) wieder gemeinsam musiziert haben; wie oft war von einer Auflösung die Rede?! Viel wurde spekuliert. Ihre Motivation für diese beiden Tracks liegt auf der Hand. Bergkarabach (Arzach) wird durch einen grausamen Angriffskrieg der Türkei und Aserbaidschan zunichte gemacht, die Bevölkerung ausradiert. Und niemand hier regt sich auf. Bis auf einen, von dem man es nicht zwingend erwartet hat: Martin Sonneborn. Der hat hier einen sehr, sehr sehenswerten Film über den Konflikt und die irre Dramatik dessen veröffentlicht. Auch Serj Tankian und Co. setzen sich für Bergkarabach ein und sammeln Geld. Das ist gut. Ihre laute, wütende, mahnende Stimme ist wichtig für einen Konflikt, der leider auf weltpolitischer Ebene vollkommen unter dem Radar läuft und wo täglich Menschen getötet werden. Damit sollte die Frage ob der Notwendigkeit der beiden Lieder geklärt sein.
(ms) Musik ist eben nicht nur Klang. Es geht weit darüber hinaus. Schließlich sprechen wir hier von Kunst. Es ist auch Performance, Lyrik, Selbstverwirklichung, Leben, Traum. Aber halt auch oft Visuelles. Es ist sehr schön und seltsam zugleich, dass viele Bands noch große Mühe und Liebe zum Detail in ein Musikvideo stecken, wo das Musikhören wahnsinnig individualisiert ist und es keinen wirklichen Kanalisierungspunkt wie einst das Musikfernsehen gibt. Ein irres, tolles, ja völlig verrücktes Musikvideo haben die völlig verrückten Jungs von Psychedelic Porn Crumpets anfertigen lassen. Ja, es wurde nicht nur gedreht. Sondern in allerbester Wallace & Gromit-Manier geknetet. Was muss das für ein irrer Aufwand gewesen sein? Nicht nur das schiere Tempo und die knalligen Farben passen zu der ohnehin pausenlosen Musik der Australier. Auch die Kreativität hinter der Geschichte, die hier erzählt wird: Irgendein herrlich-kruder Mix aus Star Wars und MacGyver. Ollie Jones steckt hinter der sehr sehenswerten Umsetzung zu Tally-Ho dieses ohnehin knalligen Songs. Tempo, Tempo, Tempo, schieres Tempo. Knallknallknall. Stark!
Die Platte SHYGA! The Sunlight Mound erscheint im Februar!
(ms) Gute neue deutschsprachige Indie-Musik ist eine Rarität geworden. Ist so. Entweder dudelt irgendein Mark oder Johannes durchs Radio mit ihren immer gleichen, befindlichkeitsfixierten Schwiegermutterliedern. Oder es ist pseudointellektueller Superschrott der Kategorie Turboscheißdreck3000 - so der bloginterne Fachbegriff dafür (Tipp: Viele dieser Bands beginnen mit Der/Die/Das).
Zum Glück gibt es Patrick Richardt, der - man muss es so schlicht und wahr sagen - einfach gute Musik macht. Herrliche Texte, in denen man sich ohne sentimentale Schwülstigkeit fallen lassen kann oder auch wieder findet. Und an diesem, heutigen Glückstag (13. November, Freitag...) erscheint sein neues Album Pangaea Pangaea. Lieder wie Nur Ein Tag (Totale Stille) sind ja beinahe eine Seltenheit geworden. Ein scheinbar einfacher Indie-Track mit pausenlosem Gitarrenspiel, einem treibenden Schlagzeug samt Bass. Der Text zwischen leichtem Weltschmerz ohne komplett zu verzweifeln und einer klaren Forderung: Einfach mal ruhig sein, still sein. Das Tempo, dem man sich selbst ausliefert, drosseln und mal wirklich nachdenken, auch gerne sich selbst hinterfragen. Schön, wie der Track in den Strophen das vorhandene Tempo wiederspiegelt und es im Refrain leicht raus nimmt. Mehr Kleinode auf dem heute erschienen Album! Empfehlung des Hauses!
(ms) Wöchentlich selektieren wir hier. Das geht im Grunde genommen ganz einfach und ist doch so ungeheuer schwer. Wir bekommen einiges an Mails, wo uns Bands, Musikerinnen, Interessantes angeworben wird. Musik-PR ist ja die etwas sympathischere Werbung. Da wühlen wir uns dann so durch. Alles durchzulesen oder -hören ist schier unmöglich. Immerhin gibt es ja auch noch einen Job, der sehr viel Energie frisst. Doch bei einigen Absendern ist man stets neugierig. Zum Beispiel: Bureau B. Das Hamburger Label ist an Tapete Records angegliedert und vertreibt elektronische (Nischen-)Musik mit Pfiff. Im Januar erscheint dort die erste Platte von Conny Frischauf. Die Wienerin produzierte bereits zwei EPs, jetzt kommt die erste Langspielplatte und ist super spannend. Das Grundgerüst hat durchaus einen krautigen Touch, geht doch weit darüber hinaus. Es geht auf Die Drift auch programmatisch, poppig und herrlich verspielt zu. Der verspielte Charakter ist so fein austariert, dass er nie überbordet, sondern sich fein ausbreitet. So nimmt man viele Geräusche und Instrumente wahr, doch es wird nie breiig, sonders es bleibt immer klar. Ein bisschen tanzbar, ein bisschen nachdenklich und ganz viel schön!
Sigur Rós
(ms) Lehnen wir uns mal weit aus dem Fenster und behaupten: Zeitreisen sind möglich. Nicht: Zurück in die Zukunft. Sondern: Voran in traumwandlerische Sphären! Dafür kann nur eine einzige Band verantwortlich sein. Ja, darauf lege ich mich fest. Ja, ich wiederhole mich hier zum x-ten Mal: Über Sigur Rós geht (für mich persönlich) nichts. Auch wenn ihre Veröffentlichtungspolitik ein wenig seltsam anmutet - viele Kleinigkeiten, Reissues ohne Ende, verschütt Gegangenes...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (siehe Blog-Startseite unten) und in der Datenschutzerklärung von Google.