Was dem zugrunde liegt, weiß ich selbst nicht so genau. Über Instrumentales zu berichten, ist halt in so fern oft ein wenig schwieriger, da man sich den Inhalt der Lieder komplett selbst erschließen muss und es dabei immer bei einem noch subjektieveren Blick bleibt als eh schon bei einer Rezension. Dabei geht es um Aneignung von Musik, von Melodien, Rhythmen, einem Gesamtwerk. Das fällt mir bei der großen, weiten Welt der Neo-Klassik unerklärlicherweise leichter als bei angesprochener elektronischer Musik.
Doch keine Regel ohne Ausnahme. Und diese Ausnahme ist schlichtweg genial. Weil so abgründig und verschwurbelt. Wenn man Frank Spilker, Friedemann Weise, PeterLicht und einen Synthesizer in einen Mixer packen würde und den Gesang abzöge, dann würde eventuell Schlammpeiziger dabei herauskommen. Ja, das darf man schon als Kompliment verstehen.
Das Verstrickte, Humorvolle bei Jo Zimmermann - so der Mann hinter dem Projekt - entsteht weniger durch den LoFi-Sound. Es sind eher die wundervollen Titel, die er seinen Alben und Liedern gibt. Die machen das Ganze hier erst spannend. Denn man muss unbedingt darüber nachdenken. Das geschah schon beim tollen Vorgänger Damenbartblick Auf Pregnant Hill.
Diesen Freitag (25. September) erscheint beim geschmackvollen Hamburger Label Bureau B die Platte Ein Weltleck In der Echokammer. Die ganze, herrliche Absurdität wird dem geneigten Hörer mit dem prägenden Satz des Openers Weltleck klar, wenn es heißt: "Ich hab' zu viel an dieser Welt geleckt." Aha, es geht also nicht ausschließlich um ein Loch im Universum. Was so ein bisschen gaga klingt und mit sehr entspannter, unaufdringlicher Musik daher kommt, erscheint also direkt mit doppeltem Boden! Hat da wer zu viel ausprobiert auf dem Weg der Selbst- oder Berufsfindung? Der Song gibt keine Antwort, sondern er stellt die Fragen. Das ist wahnsinnig geschmeidig. Wenig Text, viele Gedanken.
Und das geht das ganze Album so weiter. Die Songtitel generieren die Leitlinie der Platte. Ich will dem Künstler nicht zu nahe treten... die Beats, Melodien, Rhythmen sind entspannt und auf beste Art eingängig, aber auch kein Hexenwerk (glaube ich und ich lasse mich da gern eines besseren belehren!).
Tanzfußfalle. Noch so ein super Name für ein Lied. Was soll es sein?! Ja, liebe Leserschaft. Das fleißige Rätselraten hat hiermit begonnen. Keine Ahnung. Bleibe ich hängen auf dem Parkett? Ist es nun das Wohnzimmer, weil die Clubs geschlossen haben? Wer weiß?!
Das grobe, irgendwie dämliche Label 'elektronische Musik' greift hier natürlich auch viel zu kurz. In seiner wundervollen, hypnotischen Eingängigkeit steht Schlammpeiziger gewissermaßen in den Schuhen der Krautrocker, die auch stets sehr unaufgeregt waren.
Einer Frage müssen wir uns doch noch stellen: Was ist eine Echokammer? Dazu muss gesagt sein, dass Zimmermann mit seinen Neologismen immer feiner wird. Es sind nicht mehr die riesigen Neuschöpfungen, die humoristisch daher kommen (à la Augenwischwaldmoppgeflöte), es geht kleiner und ebenso kreativ, grotesk, nachdenklich zu. Eine Echokammer also. Sie wird auf Handicapfalter beschrieben, aber man kommt dem Konstrukt nicht so nah. Man kann die Kammer verlassen, indem man ihre Fenster zerschlägt und in diffuses Licht tritt. So die Anleitung. Die Echokammer erklingt in leicht karibischem Flair und sorgloser, musikalischer Leichtigkeit.
So viel kann man sagen neben den ganzen Fragezeichen und aufkommenden Unklarheiten: Das neue Album von Schlammpeiziger ist super angenehm, beinahe verspielt in einigen Phasen. Es drängt sich nie auf. Es ist ein musikalischer Allrounder, ohne zwingend irgendwo Schwächen aufzuweisen. Zum entspannten, genüsslichen Klang, das immer in genau dem Tempo erscheint, dass es nie langweilig wird, gesellt sich halt diese Gaga-Ebene durch die Songtitel. Das ist schon ein kurioser, kreativer Output. Aber sowas braucht es halt. Mal ein wenig doof sein, mal komplette Albernheiten zulassen ohne die notwendige Ernsthaftigkeit nicht zu verlieren.
Genauer kann ich es nicht beschreiben.
Genauer wird es Schlammpeiziger wohl auch nicht formulieren.
Tauchen wir also ein in die Echokammer und lassen uns ein auf diesen herrlichen Ausflug.
Auf in die Rappelvolle Leere!
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