Freitag, 14. August 2020

KW 33, 2020: Die luserlounge selektiert

Bild: https://twitter.com/33interiors/
(sb) An dieser Stelle greifen wir ja gerne mal aktuelles Zeitgeschehen auf oder nehmen generell Bezug auf die Auswüchse unserer Gesellschaft, um uns dann langsam an die Selektion heranzutasten. In der Regel klappt das danke des Kollegen (ms) sehr gut, heute aber will mir ums Verrecken nichts einfallen. Zu müde, zu erschöpft, zu viel Arbeit und sehr urlaubsreif. Also wirklich sehr. Und das, obwohl ich eh schon in einer Urlaubsregion wohne. Wie macht Ihr das denn dieses Jahr? Bleibt Ihr daheim? Oder fahrt Ihr weg und wenn ja, wohin? Aus eigener Erfahrung der letzten paar Wochen scheint der Bodensee dieses Jahr hoch im Kurs zu stehen. Die Straßen sind dicht, die Strände und Bäder sehr gut gefüllt und sowas wie Abstandsregeln in Wassernähe leider allzu schnell vergessen.

Wie dem auch sei: Ich bin im Büro. Es ist Freitag. Wir sind die luserlounge. Es wird lamentiert, äääh, selektiert! So, los gehts:

Maxim
(sb) Es gibt ja so Bands, die man prinzipiell sehr gerne mag, über die man gerne was Positives schreiben würde und bei denen das dann aber einfach nicht klappt, weil der Release einfach nicht zu überzeugen weiß - siehe Liedfett letzte Woche.
Und dann gibt es Künstler, die man in der Vergangenheit mal negativ abgespeichert hat, bei denen man per se wenig Lust verspürt, sich überhaupt damit auseinanderzusetzen und die einen dann positiv überraschen. Das bringt uns direkt zu Maxim. Ich bin vor zig Jahren mal über die Musik des Kölners gestolpert und konnte rein gar nichts damit anfangen. Als dann vor ein paar Wochen vermehrt Emails zur Veröffentlichung des neuen Albums Grüne Papageien (VÖ: heute!) ins luserlounge-Postfach flatterten, wehrte ich mich zunächst, spätestens als dann der Download kam, konnte ich jedoch nicht mehr widerstehen und bin jetzt froh darüber, die Chance wahrgenommen zu haben. Diese Kombination aus teils schwermütigen Texten mit luftigen Melodien wirkt sehr reizvoll, gerade auch in Zeiten wie diesen. Festzuhalten bleibt, dass sich Maxim sehr angenehm vom deutschsprachigen Radio-Singer/Songwriter-Pop abhebt und nicht auf Teufel komm raus versucht, sich in den Vordergrund zu stellen. Er lässt Worte sprechen, Bilder, Metaphern und regt somit das Hirn an, die Phantasie des Hörers. Gerade ein Track wie Alter Freund wird dadurch zur gerne angenommenen Herausforderung, der man sich wieder und wieder stellt. Stark!


Jamie Lenman
(sb) "Es ist eine schmutzige, dunkel klingende Platte, die auf unangenehmen und widersprüchlichen Emotionen basiert." So beschreibt Jamie Lenman sein neues, am 25.09. erscheinendes Mini-Album King Of Clubs. Und tatsächlich präsentiert sich der Künstler darauf so politisch und wütend wie lange nicht mehr. Steht ihm gut und macht ihn greif- und nahbar, nachdem er zuletzt ein reines Cover-Album veröffentlicht hatte. Als Produzent trat erneut Space (Black Futures, Idles) in Erscheinung, mit dessen Hilfe der Brite sogar ein neues Wort (neisty, eine Mischung aus nice und nasty) kreierte, das als Credo für den Sound der Scheibe dienen sollte. Gefällt mir deutlich besser als seine beiden letzten Releases und macht besonders dann Spaß, wenns so richtig laut wird.


Leitkegel
(sb) Vier Menschen, drei Städte (Essen, Düsseldorf, Ravensburg) - bei Leitkegel kommt einiges zusammen und nachdem das Quartett erst im letzten Dezember sein Album veröffentlicht hat, legt es nun direkt nach: Am 28.08. erscheint die EP Bis zum Ende und vereint drei Songs, die zwischen Emo, Pop, Punk, Hardcore und Indie verankert sind und sich nicht scheuen, auch unangenehme Themen anzusprechen. Exemplarisch dafür steht Das darf man doch wohl sagen, das die gefühlt ungebremst zunehmende Alltagsidiotie beschreibt und zu Recht an den Pranger stellt - denn Menschenrechte sind halt doch größer als Meinungsfreiheit und diese deckt Diskriminierung ohnehin nicht ab.


Elm Tree Circle
(sb) Ich könnte Euch ja jetzt erzählen, Elm Tree Circle kämen aus Newark wie My Chemical Romance oder aus Chicago wie Fall Out Boy und vermutlich würdet Ihr es mir sogar glauben, wenn Ihr die Band bislang noch nicht kennt. Musikalisch ist das ganz großes Tennis, was das Trio da auf ihrem neuen Album NO FOMO (VÖ: 04.09.) an den Start bringt und muss darf sich gerne mit genannten etablierten Bands messen lassen. Inspiriert vom Punk der 90er und 00er Jahre klingt das Album dennoch sehr modern und frisch und lässt das Genre Emo/Indie in frischem Glanz erstrahlen. Auch textlich bewegt sich NO FOMO (No Fear Of Missing Out) auf der Höhe der Zeit und thematisiert die ständige Angst, etwas zu verpassen ebenso wie Rastlosigkeit und eine latente Aufbruchstimmung.
Ach ja, eins bin ich Euch noch schuldig: Elm Tree Circle kommen aus Iserlohn.


Holly Humberstone
(sb) Als die Sängerin/Songwriterin Holly Humberstone begann, mit ihrem Produzenten Rob Milton an der Debüt-EP Falling Asleep At The Wheel zu arbeiten, kamen sie recht schnell überein, welche Art von Lyrics sie anstrebten. "Wenn wir zusammen schreiben, müssen wir diese Texte wirklich sehr persönlich und herzzerreißend machen. Also so, dass sie jemand lebenslang auf seine Haut tätowieren möchte. Wenn sie keine Tattoo-Texte sind, schaffen sie es nicht auf die Platte." Klare Ansage der Britin und entsprechend deep klingt die EP auch. Behaltet die unbedingt mal auf dem Schirm, das könnte klappen!



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (siehe Blog-Startseite unten) und in der Datenschutzerklärung von Google.