(ms) Geschichte Nr. 1: Johanna Sadolschek-Zala wurde in Slowenien geboren und zog dann in Kärnten. Sie entschloss sich während der Gräueltaten im Dritten Reich als Partisanin zu agieren. Sie und ihre Mitstreiterinnen erfuhren in der Bevölkerung viel Unterstützung während sie unter anderem Kriegsmaterial untauglich machten. Natürlich war die Gefahr stets sehr groß, daher führte sie immer eine Handgranate mit sich: Lieber tot als in den Händen der Nazis. Frauen spielten unter den Partisanen eine entscheidende Rolle, indem sie wichtige Informationen beschafften oder Versteckte mit Medikamenten oder Nahrung versorgten. Auch Vitka Kempner war aktive Partisanin, ihr gelang in Litauen eine der ersten Sabotageaktionen.
Geschichte Nr. 2: Die Schlurfs waren eine eigenwillige Jugendsubkultur in Österreich; sie orientierte sich an der amerikanischen Swing-Bewegung und weitestgehend an gedanklichen Leitlinien der Antifa, aber waren nie klassisch politisch links. Sie fielen durch beinahe clowneske Bekleidung auf und trafen sich am Wiener Prater. Es war ein Lifestyle. Sie waren faul; das stoß den Nazis in Österreich natürlich bitter auf, sodass sie 1940 per Dekret verboten wurden. Sie galten gewissermaßen als Gegenstück zur HJ. Manchen wurde die lange Mähne abgeschnitten. Die Anordnung zur Deportation ins KZ ließ nicht lange auf sich warten.
Geschichte Nr. 3: Herbert Traube wurde in Wien groß. Er genoss eine friedliche Kindheit in einer jüdischen Familie. Bis. Dann mussten Juden die Straßen Wiens kniend schrubben, der Pöbel stand während dieser "Reibpartien" amüsiert dabei. Allein in der Pogromnacht wurden in Österreich 6547 Menschen verhaftet, die Hälfte nach Dachau deportiert. Traube und seine Familie sind geflohen. Der Vater wurde festgenommen, überlebte zunächst, kam schlussendlich in Auschwitz doch um. Seine Mutter starb in Frankreich an Schwäche. Herbert überlebte. In Marseille schloss er sich dem Widerstand an, wirkte bei der Zeitschrift Combat mit, wurde festgenommen. Ihm gelang jedoch eine außerordentliche Flucht, schloss sich der Fremdenlegion an. Seine Autobiographie erscheint dieses Jahr noch auf Deutsch.
Mit der Geschichte des österreichischen Widerstandes im Dritten Reich kannte ich mich bis dato überhaupt nicht aus. Ich muss zugeben, dass ich selbst mit dem deutschen Widerstand nicht besonders gut auskenne, Asche auf mein Haupt.
Doch jetzt wird aufgeklärt. Radikal. Kompromisslos. Mit solchen wie oben erwähnten Geschichten. Ab dem 19. Juni sind diese und acht andere in einem musikalischen Gewand zu hören, dass einem die Luft nimmt. Das ist nicht nur ein künstlerisch bemerkenswertes Projekt, sondern auch ein sorgfältig recherchierter, vertonter Bildungsauftrag. Am 19. Juni erscheint das Album Facetten Des Widerstandes des österreichischen Duos Laut Fragen. Dahinter stecken Maren Rahmann und Didi Disko. Und sie lassen die Hörenden wehrlos zurück.
Doch jetzt wird aufgeklärt. Radikal. Kompromisslos. Mit solchen wie oben erwähnten Geschichten. Ab dem 19. Juni sind diese und acht andere in einem musikalischen Gewand zu hören, dass einem die Luft nimmt. Das ist nicht nur ein künstlerisch bemerkenswertes Projekt, sondern auch ein sorgfältig recherchierter, vertonter Bildungsauftrag. Am 19. Juni erscheint das Album Facetten Des Widerstandes des österreichischen Duos Laut Fragen. Dahinter stecken Maren Rahmann und Didi Disko. Und sie lassen die Hörenden wehrlos zurück.
11 Lieder. Weitestgehend. Auf vielen Stücken arbeiten die beiden mit Sprecheinlagen. Diese Rezitationen von Widerstandskämpfern und ihren Schicksalen geht zum Teil auf erschreckende Art nah. Beispielsweise bei Junge Partisanin - Geschichte Nr. 1. Ein gesprochener Text, dahinter eine gesummte Melodie eines jiddischen Liedes. Unglaublich hart: Es sind Schaufelgeräusche zu hören. Ja, die Partisanin buddelt ihr eigenes Grab. Hier wird nichts schön geredet, gar nichts. Hier geht es um knallharte Konfrontation.
Auch im Sound. Denn die meisten Stücke erklingen in alternativ-elektronischem Rocksound, der oft an einen Mix aus DAF, Egotronic oder Die Krupps erinnert und nie gefallen will, wenn es art-jazzig wird. Der nonkonforme Sound passt ideal zum bitteren Inhalt. Nie vergessen. So erinnern. Nie Wieder - so der erste Track. Es muss der Grundsatz unserer Gesellschaft sein - insbesondere jetzt! Die Verantwortung liegt bei uns, denen, die jetzt leben, handeln, gestalten können. Rahmann und Disko sagen es uns: Wir sind das Morgen / Morgen wird heute (Rebellen des Morgen).
Es liegt an uns. Wir müssen erinnern. Wir müssen es machen. Laut Fragen fordern uns damit unvermittelt auf. In kompromissloser Deutlichkeit präsentieren sie Geschichten, Schicksale, wollen Mut machen aber auch deutlich aufzeigen, was Widerstand bedeutet. Wahrlich keine Bequemlichkeit. Aber ein unumgängliches Muss.
Sie sind sachlich und zugleich emotional. Klar und aufrührerisch. Mit Staub Von Städten gibt es neben dem gewollten Krach auch ein vermeintlich harmonisches, ja, balladeskes Lied, aber selbstredend ohne jegliche Romantik.
Das wirklich Brilliante an dem Album ist die bestechend gute Recherche der Geschichten hinter den Liedern und die tolle Verwobenheit von unterschiedlichen Quellen. So passen Zeilen von Lale Andersen genauso in die Texte wie Gedichte aus dem KZ. Facetten Des Widerstandes ist ein absolut textbasiertes Album, der Klang Mittel zum Zweck. Dadurch kann man diese Platte unmöglich einfach so nebenbei hören. Der herrlich unzugängliche Sound in Verbindung eindringlichen Erzählungen macht das unmöglich. Und das ist gut so. Kein Entertainment. Keine Lustbeschallung.
So etwas habe ich noch nicht gehört, ist mir noch nicht unter gekommen, kenne kein vergleichbares Projekt. Dieses Album ist außergewöhnlich. In der Hinführung, der Umsetzung und der Kompromisslosigkeit. Facetten Des Widerstandes. Jetzt!
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