Freitag, 19. Juni 2020

KW 25, 2020: Die luserlounge selektiert!

Quelle: br.de
(ms/sb) Doppelt bitter: Pabst veröffentlichen heute ihr sehr gutes Album Deuce Ex Machina und können es nicht vor tosendem Publikum darbieten. Nicht ihren massiv druckvollen und dynamischen Sound so sehr aufdrehen, dass die Menschen vor der Bühne nicht anders können, als in Ekstase zu verfallen, sich komplett gehen zu lassen, das T-Shirt zu zerreißen, um sich anschließen mit Merchandise einzudecken. Nein, all das muss warten. Auch die Festivals sind futsch. Doch das Trio hat eine herausragende Idee! Sie spielen trotzdem überall. An einem einzigen Tag! Nichts leichter als das! Sie treten am Sonntagabend (21. Juni) um 20 Uhr auf allen Hauptbühnen auf: beim Open Flair, dem Sziget, dem Y Not? aus Großbritannien oder dem PULS Openair. Schaltet einfach hier bei YouTube ein! Locker beamen sie sich durch die Festivallandschaft und lassen ihre Songs endlich raus in die freie Welt! Ein neues, spannendes Alternativkonzertprogramm!

Und nun geht es los. Hier ist die luserlounge. Wir haben selektiert. Es ist Freitag. Los geht's!

Terrorgruppe
(sb) Boah, ist das lange her, dass ich das erste Mal was von der Terrorgruppe gehört habe. Ich fands auf jeden Fall sehr geil, hab mir ein paar CDs zugelegt und auch einige Konzerte besucht. Als Vorband waren damals unter anderem die Beatsteaks (der ein oder andere mag sie kennen...) dabei - Ihr könnt Euch also vorstellen, dass seitdem einige Jahre ins Land gezogen sind. Nach einigen Jahren Pause sind Archi MC Motherfucker, Zip Schlitzer und Co nun auch schon wieder seit 2013 aktiv und bringen am 26.06. ihr achtes - und laut eigener Aussage - letztes Studioalbum raus. Jenseits von Gut und Böse wird das gute Stück heißen und im Endeffekt ist alles wie immer: Ordentlich hingerotzter Punkrock, pointierte Texte, die Gesellschaftskritik im Regelfall in ein recht humorvolles Gewand packen, unverschämt im Ohr bleibende Melodien und die vielleicht größte Stärke der Berliner, nämlich Zitate am Fließband rauszuhauen, die man in jeder Lebenslage und zu jeder Zeit ins Gespräch einfließen lassen kann. Ja, ich werde Euch vermissen.


Darkstar
(sb) Kann elektronische Tanzmusik politisch sein? Aber hallo kann sie das! Und Darkstar beweisen auf ihrem neuen Album Civic Jams (VÖ: heute!) nicht zum ersten Mal, dass das Anprangern sozialer Ungleichgewichte durchaus tanzbar sein kann. Wurde bei vorherigen Alben beispielsweise der Brexit thematisiert, so geben Aiden Whalley und James Young auf ihrem vierten Longplayer auch Privates preis und schildern ihre Gefühlslage in politisch unruhigen Zeiten wie dieser. Auf die Weise werden Persönliches und Politisches miteinander verwoben, was dem ohnehin beeindruckenden Klangteppich eine weitere Dimension verleiht. Man kann das Album also auf zweierlei Art anhören: entweder als sehr anregende Hintergrundmusik, die vor allem auch bei der Arbeit die Kreativität fördert oder aber als Hauptbeschäftigung mit Fokus auf die Intention der Briten.
Oder man schießt sich einfach mit ein paar Bierchen zu viel ab und zappelt zu den ideenreichen Elektrobeats - Civic Jams funktioniert immer!


Sofia Portanet
(ms) Machen wir es kurz und bündig: Sofia Portanet veröffentlicht am 3. Juli einen ganz heißen Anwärter auf die Kategorie Album des Jahres! Das ist kein Scherz. Es ist keine Promo-Lüge. Es ist kein bemühtes Schönreden bei Künstlern, denen man einen Gefallen tun will. Nein. Dabei ist es sogar die erste Platte der jungen Musikerin; Freier Geist erscheint bei Duchess Box Records. 
Es sind nur neun Songs. Aber keine Schwäche, nicht eine Sekunde, die man skippen würde. Der Fast-Forward-Knopf bleibt unberührt. Denn es gibt unendlich viel zu entdecken. Englische, deutsche und französische Sprache kommt aus den Boxen, hüllen einen ein. Dazu paart sich oft ein programmatischer Sound und Text. Das hier könnte eine weibliche Antwort auf eine Kreuzung von Drangsal und Tocotronic sein! Auch das: Kein Scherz. Ihre Texte sind oft mystisch, verschlungen, breiten sich in dunklen Wäldern aus. Die Sprachen machen sich auch im Stil bemerkbar: Ob Chanson, 80er Gitarrenrock oder einen Hauch von NDW, Sofia Portanet hat das Zeug groß zu werden. Ein beachtenswertes Debut liegt hier vor. 3. Juli. Merken!


Roy Ayers, Adrian Younge and Ali Shaheed Muhammad
(ms) Seltsam und witzig. Das Seltsame: Meist bei Jazz frage ich nach dem Genre. Erwische ich mich häufig bei; es tut mir leid, sollte das langweilen. Aber ich kommt aus meiner 'Klassischer Jazz'-Box nicht heraus. Völlig starr und unflexibel. Ansonsten sind mir Genreschubladen eher egal. Ist das, was Roy Ayers, Adrian Younge und Ali Shaheed Muhammad nun machen, Jazz, Soul, irgendwas, das man vor Jahren mal 'Weltmusik' nannte? Hm.
Das Witzige: Ihr gemeinsames Album Roy Ayers JID002 erscheint auf dem Label Jazz Is Dead. Damit ist alles gesagt. Der König ist tot, lang lebe der König. Für die Jazz-Laien (zu denen ich mich unbedingt auch zähle) ist wichtig: Roy Ayers ist einer der wichtigsten Jazz-Vibraphonisten und feiert im September seinen 80. Geburtstag! Dabei klingt das Album derart frisch und bestechend, dass es voller jugendlichem Tatendrang nur so strahlt. Mal ist es zurückgelehnt, mal nach vorne preschend, immer elegant, etwas verschmitzt, furchtbar angenehm. Go:


Soom T
(ms) Festivals fallen aus, openairmäßig gibt es vereinzelte Vorstöße, um wieder gemeinsam Musik zu genießen. Die Töne um unsere Ohren schwingen zu lassen und insbesondere im Sommer den Bass vom Haaransatz bis in die Fußsohlen zu spüren. Denn es muss getanzt werden, das ist klar. Nur, man fragt sich: Wozu?! Sommertanzmusik ist für mich oft Seeed. Aber die richtig geilen Sachen sind halt auch schon alt. Neues kommt nun von Soom T! Kryptischer Name, politische Ansage. Die aus Indien kommende Reggae- und Dub-Künstlerin serviert bald ihr drittes Album. Es heißt The Arch und erscheint am 12. September. Da wird es voraussichtlich noch Draußentanzwetter geben! Das schöne an diesen basslastigen Beats ist ja, dass ihre Eingängigkeit eine gute Eingängigkeit ist, die es einem leicht macht, sich schnell in den Songs zu verlieren. Augen schließen, der Rest passiert von alleine. Für ihre gesellschaftskritischen Texte wird sie in Frankreich schon ordentlich abgefeiert! Zeit, dass ihr auch hier die großen Bühnen geöffnet werden! Los!


Zugezogen Maskulin
(ms) Mein großes Problem beim Rap-Hören ist, dass ich leider oft mehr auf den Beat achte als auf den Text. Bei der Musikrichtung äußerst fatal! Oft ist der Beat für mich der entscheidende Grund, ob ich entschließe einen Rap-Track zu mögen oder nicht. Ab heute ist Schluss damit! Denn Zugezogen Maskulin haben einen weiteren Song aus ihrem nächsten Album 10 Jahre Abfuck ausgekoppelt, das am 7. August erscheint. Denn rein vom Klang her würde ich Tanz Auf dem Vulkan sofort skippen. Das ist mir irgendwie zu asi-prollig. Okay. Ja. Es passt halt zu ZM. Genauso wie Testos melancholischer Tonfall, nachdem er sich ausgelassen hat. Wie immer versteckt sich hinter der harten ZM-Fassade große Zerbrechlichkeit, Selbstreflexion, zynisch-beißende Gesellschaftskritik und nie endender Humor. So auch das dazugehörige Video, das in der Gamer-Optik ihres Killerspiels produziert wurde. Bleiben wir gespannt, ob und wann eine definitive Ankündigung zum (Nicht-)Fortbestehen der Band kommt. Bis dahin: Auf dem Vulkan tanzen!

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