Mittwoch, 29. April 2020

Vonheim - In The Deep

Foto: Sara Angelica Spilling
(ms) Eine Band, die mich total nervt, ist U2. Deren Musik ist mir total egal, man kennt zwangsläufig den ein oder anderen Song. Doch das Nervige daran ist halt Bono. Und darin ist man sich ja irgendwie einig. Leider kann ich auch nicht genau sagen, was mich an Bono so furchtbar abnervt. Vielleicht ist es die orangene Brille. Doch vielmehr ist es sein Auftreten und dass er sein Geld gerne mal in der kleinen Steueroase Holland behält. Das machen die Rolling Stones übrigens auch. Bono nervt.
Eine Band, zu der ich überhaupt keinen Draht und auch überhaupt keine Ahnung darüber habe, ist Muse. Ich kenne so zwei, drei Songs. Mehr nicht. Hat mich irgendwie nie besonders interessiert. Lustigerweise mag ein Freund vom mir die gerne. Und wenn wir bei ihm sind und seine Musik in Shuffle läuft, frage ich immer nach, wenn mir an einer bestimmten Stelle was gefällt. Es ist immer Muse. Aber das habe ich danach vergessen.
Eine Band, die ich wirklich unglaublich mag, sind die Editors. Seit Jahren schon. Eine weitere Band, denen ich zu Füßen liege, sind Tall Ships. Leider haben sie sich aufgelöst, aber mit Impressions ein enormes Werk hingelegt.

Wenn man die jetzt alle zusammenpackt, kommt da irgendwo die norwegische Band Vonheim bei heraus. Von U2 die Stimme (und keine Wertung!), von Muse, den Editors und Tall Ships der Sound.
Wobei... ein wenig muss man gedanklich an einigen Stellen die Gitarren raus- und eine wunderbare Andächtigkeit reindrehen!



Kommende Woche, am 8. Mai, erscheint ihr neues Album In The Deep. Neun Tracks sind darauf vorhanden. Es müssen auch gar nicht mehr sein. Es gibt ja keine Mindest- und Maximalanzahl an Liedern pro Album, keine Industrienorm. Welch Glück.
Doch dieses Album hat ein Problem. Und das sind die altbekannten zwei Seiten einer Medaille. Oder besser: eines Songschreibverfahrens. Denn das ist hier oft auf dünnem Eis, weil man zum Ende hin beinahe den Wecker danach stellen kann, wann ein bestimmter Effekt eintritt: In The Deep besteht aus zwei Teilen. Meistens aus der ersten Hälfte jeden Songs und aus der zweiten Hälfte jeden Songs. Diese ersten Hälften sind durchaus oft ruhig, dicht im Sound und mit einer nebulösen Dramatik ausgestattet. Die zweiten Hälften vieler Tracks bersten vor Energie, Dynamik und Verausgabung. Diese ersten Hälften nutzen sich im Laufe des Hörens ein wenig ab, weil sie so vorhersehbar sind. Das könnte man für die zweiten Hälften jetzt auch behaupten, ist Geschmackssache. Aber die Art und Weise, wie diese zweiten Hälften ausgebaut sind, treffen total meinen Nerv. Da ist sie, die Dramatik, die man gerne bei den Editors findet. Diese pure Leidenschaft.
So ist das gesamte Album ein Kommen und Gehen. Die Ruhe kommt und wird hinaus getrieben. Ebbe und Flut. Wenn die Gitarren aufdrehen. Wenn der Bass mehr treibt. Wenn das Schlagzeug wilder wird. Wenn der Gesang energischer wird. Wenn zusätzliche Instrumente einsetzen und den Sound maßgeblich mitbestimmen.



Leider gibt es auch ein, zwei Lieder wo es keine zweite Hälfte in dem oben skizzierten Sinne gibt. Moving On und Fragile (All Alone) sind für meinen Geschmack zu ruhig für diese Platte, die an so vielen Stellen enorme Stärken beweist. Und 'leider' kommen sie auch direkt hinter dem ersten Übertrack! Denn die Platte startet mit dem gleichnamigen Lied. Sachter, nebulöser Beginn. Ab Minute 1:35 jedoch wird hier Fahrt aufgenommen und sie lässt dem Hörer keine Ruhe mehr, treibender Bass, dichte Stimmung. Dazu ein eindringlicher Hintergrundgesang, der den Refrain saustark macht. Hui! Die beiden 'schwächeren' Lieder danach, ließen Zweifel aufkeimen, dass am Anfang das ganze Pulver verschossen wurde. Glück gehabt - stimmt nicht.
West Coast ist so ein Lied nach dem oben beschriebenen Rezept: Unscheinbarer Start, extrem überzeugende zweite Hälfte, die es sich wirklich lohnt sehr laut zu stellen!
Solche Überraschungsmomente häufen sich: Der plötzliche Indierocksound auf Dark Night Of The Soul, wo man auf die Folter gespannt wird, wann es endlich wieder ausbricht. 4:37 Minuten, die sich auszahlen, da der Track immer besser wird. Oder die wunderbaren, passenden, im Hintergrund agierenden aber dennoch fein akzentuierten Bläser in This Is It (kein Michael Jackson Cover!).

Diese vielen Stärken und die seltsamen Schwächen machen es beeindruckend schwer, zu einem abschließenden Urteil zu In The Deep zu gelangen. Ja, überzeugen tut das Album. Aber nicht auf ganzer Länge. Sondern immer weider mal. Und es funktioniert (mal wieder) hervorragend als Ganzes. Als schönes Gegenbeispiel zum spotify'esken Playlisten-Hören.
Also!

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