Foto: Charles Negre |
Doch das muss ja nicht so bleiben. Und ein Schweizer rüttelt da seit einigen Tagen an meinem ach so festgefahrenen Musikweltbild. Und das ist gut so. Man kann sich ja nicht immer nur im Kreis drehen. Obwohl gerade Bewegung bei den Songs von Buvette sehr nahe liegend ist. Sein zweites Album, das den bescheidenen Titel 4EVER trägt, erscheint am 31. Januar und dauert gut 53 Minuten. Schon eine lange Spielzeit. Aber nicht hier! Nein! Auf keinen Fall! Diese Platte ist enorm kurzweilig. Und das liegt am sehr ausgetüftelten Soundbild. Äußerst harmonisch, kompakt, gut zugänglich bedient Buvette eine irre Mischung aus Justice, Moby, Lambchop, Kraftwerk und Underworld. Wie? Das soll gehen?! Und ob!
So kontrastvoll wie die genannten Referenzen ist auch der erste Track Together, der mit satter Drumbass spielt und stark zwischen tiefem Sprechgesang in den Strophen und höheren Tönen im Refrain pendelt . Sowas macht halt neugierig. Zu Now or Never fällt mir laienhaft und aufgrund zu weniger Anhaltspunkte im Genre der Vergleich zu Moby ein: Großstadtelectro, Häuserschluchten, wuselnde Taxen, Ruhe vor der Rushhour. Wenn man dann mal auf den Text achtet, bleibe ich beim oben angesprochenen Punkt - flach aber zum Glück unwichtig: Nothing lasts forever / In the universe / Even if it's fucking real / It's now or never. Mit True Stories wurde genau die richtige Single ausgesucht, unfassbar catchy ist dieser Electropop; insbesondere der toll arrangierte Refrain bleibt schnell zwischen den Ohren haften.
Außerdem: Das Genre ist für mich nicht nur Tanz- sondern auch Sommermusik. Zu Last Dance möchte ich von Juni bis August draußen tanzen. Und es soll nicht mein letzter, sondern mein erster, zweiter, dritter... Tanz sein! Zum Thema Text: Because music never dies - das ist wahr, aber auch irgendwie schlageresk.
Und dann kommen wir zum Herzstück der Platte. Es trägt den Namen Jupithing und dauert zehn Minuten, in Zahlen: 10! Es ist faszinierend zu beobachten, wie der Song sich auf diversen Wegen entwickelt, steigert, zurückfällt, wieder neu aufbaut. Über eineinhalb Minuten ist es ein reines Crescendo - Pause - eineinhalb Minuten erneuter Aufbau - Übergang in einen ganz sphärischen Sound für wirklich lange Zeit bis der Track aus seinen tiefsten Tiefen wieder an Fahrt aufnimmt und das in Form eines satten Basses zwischen Minute 5 und 6. Dann einsetzendes Klavier; hinsteuernd auf Minute 8 geht's rund und bis dahin ist ganz viel Unkonkretes, neugierig Machendes dabei, wie ein nicht zu Ende gebrachter Spoiler. Das hier ist extrem pfiffig arrangiert. Das wirklich krasse ist aber, dass im ganzen Track nie ein Beat eingesetzt hat, kein Drum-Sound und dennoch hat er ganz viel Energie.
Dann kommt die am wenigsten erwartbare Assoziation, denn XOXO könnte genauso auf den letzten beiden Alben von Lambchop erschienen sein. Seitdem Kurt Wagner ein wenig mit seiner Stimme experimentiert, ist das vielleicht auch nicht mehr so verwunderlich. Leider hat 4EVER dann auch noch ein paar Längen mit Shepherd of Love, All und Evening Music.
Doch Fomo holt gen Ende nochmal alles raus: Super Beat und das Lied verliert nicht an Fahrt.
4EVER des Schweizers ist also ein sehr breit gefächertes Album, das es sich zu entdecken lohnt. Und ich muss mich selbst dringend ohrfeigen bei all meinen Vorurteilen bezüglich elektronischer Musik! Diese hier weiß extrem zu gefallen (bis auf den Punkt mit den Texten...)!
Demnächst tritt er in Frankreich auf. Sollte es Daten für unsere Gegenden geben, werden wir informieren!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (siehe Blog-Startseite unten) und in der Datenschutzerklärung von Google.