Freitag, 22. November 2019

KW 47, 2019: Die luserlounge selektiert

Bild: 47nord.de
(sb/ms) Über gescheiterte Promotion:
Der Bereich des Hamburger Verkehrsverbundes (hvv) wird ausgeweitet. Das freut viele Pendler, da es wahrscheinlich günstiger wird. Ich bin auch davon betroffen. Eine Stunde lang war ich vom Gegenteil überzeugt, bin vom einem Preisanstieg ausgegangen. Das lag an gescheiteter Promotion. Innerhalb der Woche waren fleißige Promo-Bienchen in der Provinz unterwegs, um von Vorteilen der Änderung zu plaudern. So fragte ich nach, welch dolle Verbesserung mir das bringt. Die Antwort war: "Ähh, bis zu Ihrem Halt kostet das jetzt x." - "Wieso? Ich zahle derzeit zwanzig weniger als x, da muss ich ja schon mehr zahlen. Woran liegt das?" - "Das liegt hieran [zeigt auf markierten Bereich der Verkehrszonen]." - "Aha." - "Ja, da kann man wohl nichts machen." - "Ja, großer Riesenmist." Wollte ich nicht so wirklich glauben, hab die Servicehotline angerufen, die - etwas überzeugender - meinten, dass ich 30 weniger (!) zahlen müsse als nun. Ich habe mich schnell entschieden, wem ich glaube. Nicht der gescheiterten Promotion.

Themenwechsel.

Gelungene Promotion zeigen wir Euch an dieser Stelle. Können wir ja auch nicht leugnen. Machen wir aber gern, da wir vom Zauber der Musik überzeugt sind. Hier ist die luserlounge. Hier wird freitags selektiert.

Nada Surf
(ms) Ja, sie gehören zu den ganz Großen! Nada Surf sind immer noch die Könige des Indie-Lovesongs und einfach wahnsinnig gute Menschen. Da muss man nicht lang um den heißen Brei herum reden. Vom Lovesong haben sie sich ein wenig entfernt, haben ja auch unzählig Wunderschöne geschrieben. Folgt man der Band auf den sozialen Kanälen, wird insbesondere die musikalische Politisierung von Sänger Matthew Caws deutlich. Das macht sich nun auch deutlich immer allerneusten Streich. Denn: Es gibt neue Musik und ihr freut euch sicher genauso doll wie wir! Something I Should Do ist der erste Vorgeschmack auf die Platte Never Not Together, die am 7. Februar erscheinen wird. Die Single ist ein Gegenmanifest zur autoritären Verstumpfung und ein gitarrenlastiger Aufruf zur Empathie: We Have To Hold On On That Hippie-Part Harder! Wie wunderbar, wie wahr. Was für eine Aufforderung. Klar, man will auch wieder etwas klingen wie Popular, aber die Nachricht ist ja eine ganz andere. Hui, das wird ein spannendes Album! Und wir werden Euch damit definitiv auf dem Laufenden halten!
Einige Tourdaten für das kommende Jahr gibt es auch schon!

27.02.2020 - Köln, Live Music Hall
06.04.2020 - Stuttgart, Im Wizemann
09.04.2020 - München, Muffathalle
11.04.2020 - Berlin, Metropol
12.04.2020 - Hamburg, Fabrik

Mehr oder weniger unverständlich als Support von Madsen hier unterwegs (sollte ja - wenn überhaupt - bitte anders herum sein):

03.04.2020 - Hannover, Swisslive Hall
04.04.2020 - Leipzig, Haus Auensee
10.04.2020 - Berlin, Columbiahalle
17.04.2020 - Bremen, Pier 2
18.04.2020 - Dortmund, Warsteiner Music Hall



Nicole Sabouné
(ms) Es ist ja auch nicht unwichtig, wer etwas empfiehlt. Über Nicole Sabouné bin ich nicht durch eine Promo-Mail gekommen, sondern über Anna von Hausswolff. Da ist Qualität und guter Geschmack garantiert. Denn die in Schweden lebende Dame mit dem frankophil anmutenden Namen hat am 15. November eine neue EP herausgebracht, die gehört werden will. Es offenbart sich ein dunkler, mystischer Sound auf Come My Love. Breite Klangflächen werden ummantelt von Percussion und ihrer tollen Stimme. Lässt man sich ein wenig in ihrer Musik treiben, so ist eine spannende Entwicklung zu bemerkten. Hat sie auf früheren Veröffentlichungen rockiger und mit mehr hörbarer Band gespielt, so tapert sie nun in dunklen Gefilden. Beides ist wirklich großartig. Hört rein in For Us und lasst Euch von dieser Musik verzaubern.
Sollte Nicole Sabouné in unseren Gegenden unterwegs sein, werden wir diese Info verbreiten!



Anne Müller
(sb) Ich kann das jetzt nicht empirisch verifizieren, aber Anne Müller dürfte schon einer der häufigsten Namen in Deutschland sein, oder? Umso schöner, dass die Cellistin dieses Namens so erfreulich aus der Masse herausragt und mit ihrem Debütalbum Heliopause (VÖ: heute!) ein Werk vorlegt, das nicht nur über die komplette Spielzeit bestens unterhält, sondern auch eine ungemein beruhigende Wirkung hat - und das ist ausschließlich positiv gemeint. Ich persönlich hatte bereits am vergangenen Freitag Abend die Möglichkeit, mir das Album erstmals anzuhören - nach einer extrem stressigen Arbeitswoche, in der zudem auch noch meine Frau und mein Sohn krank waren. Land unter also, körperlich und mental ziemlich am Boden. Normalerweise ist dann ein Weißbier der erste Schritt zur Besserung, diesmal aber war es Anne Müller und sorgte bei mir für eine innere Ruhe, wie ich sie seit Wochen nicht mehr verspürte. Neo-Klassik at its best! In den vergangenen Monaten kollaborierte die Wahl-Berlinerin bereits mit auch von uns sehr geschätzten und immer wieder gerne gefeatureten Szene-Größen wie Nils Frahm, Agnes Obel und Ólafur Arnalds, nun startet die Cellistin endlich solo durch - und das ist wörtlich zu nehmen, denn Müller hat alle Tracks selber geschrieben, aufgenommen, produziert und arrangiert. Nachdem die Künstlerin seit 2007 bereits an über 60 Veröffentlichungen anderer Musiker/-innen mitgewirkt hatte, ist dies nun der logische und längst überfällige nächste Schritt. Ganz, ganz großartig!

Live:
14.02. Hamburg, Nachtasyl
15.02. Hannover, Feinkost Lampe


Earth Moves
(sb) Du magst es laut? Du magst es wild? Und vielleicht auch ein bisschen dreckig? Wenn Du jetzt an irgendwelche Schmuddelseiten im Internet denkst, sei es Dir verziehen, ich beziehe mich aber ausschließlich aufs neue Album der Earth Moves namens Human Inticracy (VÖ: 15.11.). Versprochen! Aber hey, das Ding ist ein gewaltiges Brett irgendwo zwischen Black Metal und Screamo und bietet in ruhigeren Passagen sogar herrlich abwechslungsreiche Shoegaze-Elemente. Manch Song erinnert auch an Paradise Lost zu Draconian Times-Zeiten, v.a. dann wenn es hymnisch oder gar episch wird - nicht die schlechteste Referenz. Und obwohl das Album insgesamt recht brachial daherkommt, erkennt man im Songwriting überraschende Elemente, die nicht zuletzt der mannigfaltigen musikalischen Herkunft der Briten geschuldet ist. So studiert Komponist Sam Ricketts beispielsweise klassische Musik - man darf also auch in Zukunft viel erwarten von den Earth Moves!

Und weils uns gar so gut gefällt, wollen wir Euch teilhaben lassen und verlosen Human Inticracy unter allen Lesern, die die Earth Moves bis zum 29.11. (23.59 Uhr) in der Kommentarspalte dieser Selektion auf Facebook markieren. Haut in die Tasten!


envy
(sb) Nach über fünf Jahren veröffentlicht Japans einflussreichste und bekannteste Post-Hardcore-Band envy endlich wieder ein Album - und selbst dieser Release stand auf Messers Schneide, waren sich die Musiker doch persönlich und kreativ ordentlich in die Haare geraten. Nach drei Jahrzehnten stand die Band vor dem Aus, raffte sich dann aber doch nochmal zusammen und klingt frischer und tatendurstiger denn je. Auf The Fallen Crimson (VÖ: 07.02.2020) gelingt es den Japanern, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten, die Gegenwart zu erforschen und bereits Ausblicke in die Zukunft zu werfen - die Bandgeschichte wird so quasi zum Credo eines Albums, das wie ein Donnerschlag beginnt und sich dann bis zum finalen Klimax kontinuierlich hochschaukelt. Sicherlich nicht jedermanns Sache, aber durchaus beeindruckend, v.a. auch wenn man bedenkt, aus welchem kulturellen Umfeld envy stammen.


Goldroger
(sb) Klar, der Name war schon bekannt, aber trotzdem war Goldroger bei mir im Bereich Hip Hop eher so ein B-Promi, für den ich mich auch nur so semi interessiert habe, sprich: wenn mir zufällig was zu Ohren kam, hab ichs gerne mitgenommen, aktiv danach gesucht habe ich aber nicht. Umso besser, dass unser Email-Postfach nun den ersten Teil seines neuen Albums Diskman Antishock empfing und siehe da: sehr nice! Weitestgehend sehr runde Flows und Lyrics, die sich angenehm vom Charts-Rap abheben. Aber wie war das vorher? Erster Teil des Albums? Richtig gelesen, denn am 29.11. erscheinen lediglich die ersten sieben Tracks des Logplayers, der Rest folgt dann am 24.04. - interessantes Konzept, das aber durchaus funktionieren kann, da das Prelude richtig Bock und neugierig auf mehr macht.


Church Girls
(sb) Kennt Ihr noch The Donnas? Nicht? Egal! Auf jeden Fall erinnern mich die ersten paar Songs auf The Haunt (VÖ: 07.02.2020), dem neuen Album der Church Girls stark an den Sound der Kalifornierinnen. Lasst Euch übrigens durch den Namen nicht blenden: die Indieband aus Philadelphia besteht nämlich keineswegs nur aus Girls. De facto ist lediglich Mariel Beaumont (Gesang & Gitarre) weiblich, prägt mit ihrer Stimme das Erscheinungsbild doch deutlich. Wie so oft gilt auch hier: Wenn die Welt gerecht wäre, wären die Church Girls deutlich bekannter und erfolgreicher und dürften auch in größeren Locations spielen. So aber bietet sich Euch die tolle Gelegenheit, herausragenden Garage Rock in intimer Atmosphäre genießen zu können. Von den Locations ihrer bevorstehenden Europa-Premiere kenne ich zwar nur den Laden in Dachau aus eigener Erfahrung, aber der ist wirklich genauso mini wie genial. Klasse Wirt, super linkes Publikum und - wenn man mag - richtig gutes Essen.

27.11. Wien (AT), Rhiz
28.11. Steyr (AT), Röda
29.11. Wiener Neustadt (AT), Triebwerk
30.11. Dachau (DE), Gramsci
01.12. Offenbach (DE), Hafen 2
03.12. Hamburg (DE), Astra Stube
05.12. Berlin (DE), Tief
06.12. Marburg (DE), Q
07.12. Freiburg (DE), Swamp
08.12. Immeldorf (DE), Weißes Ross
09.12. Bamberg (DE), Live Club
12.12. Klagenfurt (AT), Wohnzimmer
13.12. Feldbach (AT), Club Glam
14.12. Leitersdorf (AT), Roter Gugl
15.12. Haag (AT), Böllerbauer
17.12. Paris (FR), L'international

Leider gibt's vom neuen Album noch kein Video, aber so ganz ohne geht's halt auch nicht...


Turbostaat
(sb) Ja, wir sind große Fans. Und ja, wir können den 17.01.2020 kaum erwarten, da an diesem Tag das neue Turbostaat-Album Uthlande erscheinen wird. Der Vinyl-Version wird übrigens eine CD im Pocket Pack beiliegen - auf diese Kombi steh ich ja schon sehr! "Rundum-Sorglos-Paket Hilfsausdruck", würde der Eberhofer Franz (sollte ihn jemand kennen...) sagen. Nach dem sehr geilen ersten Single-Release Rattenlinie Nord folgt heute Auskopplung Nummer 2: Ein schönes Blau!
Da der Longplayer ja für Weihnachten zu spät kommt, sollte man sich zumindest in Form von Konzerttickets beschenken lassen. Lasst Euch das nicht entgehen - und zwar hier:

13.02. Jena, Kassablanca
14.02. Köln, Kantine
15.02. Mainz, KuZ
19.02. Hamburg, Markthalle
20.02. Berlin, Festsaal Kreuzberg
21.02. Berlin, Festsaal Kreuzberg (ausverkauft)
22.02. Dresden, Tante Ju
03.04. Bremen, Schlachthof
04.04. Düsseldorf, Zakk
05.04. Aschaffenburg, Colos Saal
07.04. Marburg, KFZ
08.04. Wien, Werk
10.04. Leipzig, Conne Island
11.04. Rostock, M.A.U. Club
30.10. Hannover, Capitol
31.10. Münster, Sputnik Halle


Point No Point
(ms) Hilfe, es gibt Musik, die so dermaßen ein Jahreszeitengefühl verkörpern, das ist irre. Was ist das aktuelle Jahreszeitengefühl? Der Herbst ist in voller Fahrt, doch die schöne, blätterfärbende Seite ist schon vorbei. Was bleibt ist nie endende graue Suppe am Firmament. Tage, an denen es gar nicht mal hell wird und die Arbeit einen beinahe auffrisst. Insbesondere im Dunklen am Schreibtisch zu sitzen, ist wenig motivierend.
Na gut, so richtig motivierend für den Workload dabei Point No Point zu hören, ist es jetzt auch nicht. Aber es trifft den Nagel auf dem Kopf! Es ist ähnlich dunkel wie Sabouné (s.o.), aber die Multiinstrumentalistin Jana Sotzko, die hinter dem Namen steckt, entwickelt in ihrer Single Drift eine wunderbar andere Dynamik. Denkt man zu Beginn des Songs, er trägt sich gut vier Minuten über verzerrten Bass, gedämpfte Stimme und gezupfte Gitarre, so nimmt er immer mehr Energie und Kraft auf. Das schön Bedrückende darin ist das Jahreszeitengefühl. 6 Tracks sind auf ihrem heute erscheinenden Debut, das auf den gleichen Namen wie die Single hört; experimentell und wunderschön! Dabei sind die anderen fünf Songs eher minimalistischer, aber doch extrem vielschichtig - klingt widersprüchlich, aber vielleicht könnt ihr das erahnen, wenn man reinhört. Hier lauert Großes!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (siehe Blog-Startseite unten) und in der Datenschutzerklärung von Google.