Foto: Andreas Hornoff |
Denn Kettcar ist eine der größten Bands überhaupt für mich. Ich sah sie bislang 27 Mal live und es dürfte keine Platte in meinem Regal fehlen, obwohl ich seit dem letzten Umzug die So lange die dicke Frau noch singt...-EP schmerzlich vermisse. Glücklich schätze ich mich auch über die Picture-Vinyl-Box, die vor zwei Jahren zum Record Store Day erschien. Schönes Sammlerstück. Seit der Veröffentlichung von Ich vs. Wir ist bei den fünf Hamburgern eine Menge passiert. Das Album ist extrem klug, das Storytelling auf einem neuen, höheren Niveau, der Erfolg überraschend und absolut berechtigt. Ausverkaufte Konzerte am laufenden Band. Hallen, die eine vorher noch nicht geahnte Größe aufwiesen. Allein seit dem 2017 beginnenden Konzertschwung war ich zehn Mal dabei. Kleinere Läden wie das Flensburger Max aber auch große Hallen wie das Mehr! Theater in Hamburg waren dabei.
Es gibt für mich persönlich also auf dem gut eineinhalb stündigen Album keinerlei Überraschungen. Das länger nicht gespielte Lattenmessen und auch die allerneusten Stücke wie Scheine In Den Graben habe ich live gehört. Selbst die zweite Strophe von Balkon Gegenüber - die zweifelsohne wunderschön und unheimlich passend ist - ist für mich nicht neu. Ja klar, bei meinem Kettcar-Pensum ist eine Überraschung halt auch nicht drin. Selbst die Ansagen, die man nun im Wohnzimmer hören kann, sind bekannt.
Foto: Andreas Hornoff |
Schön sind die nahen Auswirkungen durch die Orte der Aufnahme. Viele Songs wurden in Oberhausen aufgenommen, was sich unmittelbar bei Balu (Wanne-Eickel...) und Der Tag Wird Kommen ("Ruhrgebiet, seid ihr mit mir?!") auswirkt.
Dieser Live-Mitschnitt ist natürlich auch eine ganz besondere Erinnerung für die Band. Ob es das aktuelle Studioalbum überhaupt geben sollte, stand für Lars, Marcus, Reimer, Christian und Erik lange auf der Kippe, zu unsicher war die Zukunft der Band. Die letzten Jahre waren ein eindrucksvolles Gegenbeispiel. Dieses Jahr waren sie mit den Bläsern Philip Sidny, Sebastian Borkowski und Jason Liebert unterwegs. Sie sind an vielen Stellen stimmungsvoll zu hören.
Womit wir bei dem nächsten Punkt sind. Ein Live-Album ist immer eine schwierige Sache. Das liegt zum Einen an dem Grund dafür. Bei Kettcar kann man sagen, dass es das Zeugnis einer phantastischen Zeit ist, die die Band genossen hat. Aber auch ein Vorab-Best-Of, denn die nächste längere Pause kommt nach der anstehenden Tour (s.u.). Sie haben aber auch mal gesungen: Es muss immer alles komplett verwertet werden, wenn es komplett verwertet werden kann. Und diesen Beigeschmack kann ich hier - Lieblingsband hin oder her - nicht neutralisieren. Zu wenig Besonderheit schwingt damit. Und dazu gehört auch die Qualität der Aufnahme. Die hakt an einigen Stellen. Nein, es schrammelt nirgends, es knistert auch nicht. Doch dieses Jahr erschien eine Live-Platte, die die Erwartungen irre hoch geschraubt hat: Nachtbrot von Turbostaat. Dieses Album ist perfekt. Die Instrumente sind so gut eingespielt, da ist kein Schlagzeugbeat verschluckt, kein Bass lediglich zu erfühlen, Jan Windmeiers Stimme ist so klar und deutlich zu hören, das kann man bei Marcus Wiebusch hier nicht immer behaupten. Auch die Energie, die zwischen Publikum und Band entsteht, schwappt spürbar aus den Boxen, wenn Turbostaat abgespielt wird. Sind es bei Kettcar die Hallen, die (zu) groß sind? Ich habe keine Ahnung. Denn: Live ist es ja genau anders herum. Regelmäßig stehe ich dort mit Tränen in den Augen und geballten Fäusten, vollgepumpt mit Freude und Dynamik.
So freue ich mich wie immer auf die kommende Tour, bei der ich an mindestens zwei Terminen dabei sein werde. Doch ...und das geht so wird bei mir leider nicht so häufig laufen. Vorerst. Mal gucken, ob sie in der anstehenden Pause nicht doch ein Lebensretter sein wird.
25.01. - Braunschweig, Staatstheater
26.01. - Düsseldorf, Stahlwerk
27.01. - Nürnberg, Z-bau
28.01. - München, Muffathalle
29.01. - Mannheim, Capitol
30.01. - Dresden, Schlachthof
31.01. - Bremen, Pier 2
01.02. - Lübeck, MuK
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