Freitag, 23. August 2019

KW 34, 2019: Die luserlounge selektiert!

Bild: getbusylivingblog.com
(ms/sb) Wir möchten gern diese Einleitung nutzen, um auf eine sehenswerte Doku hinzuweisen, von der ihr möglicherweise vor längerer Zeit gehört habt. Es handelt sich dabei um den Film Hamburger Gitter, der seit dieser Woche in voller Länge bei YouTube zu sehen ist. Dabei geht es um die Aufarbeitung der Polizeiarbeit zum G20 Gipfel vor zwei Jahren. Das schöne an diesem Film ist, dass er so gut wie ausschließlich mit Zitaten arbeitet, den Hörer also nicht massiv lenkt. Natürlich tut er das mit der Auswahl, der Sprechenden. Aber es kommen viele Seiten darin vor; von der aktiven gewaltbereiten Szene bis zum Sprecher der Polizei. Gerade Letzterer steht nicht gut da, wenn Juristen, Soziologen, Journalisten und Anwesende von Szenen sprechen, die der offiziellen Darstellung der Polizei massiv widerspricht. Viel mehr möchten/müssen wir gar nicht schreiben, der Film spricht für sich und damit haben wir auch unseren Bildungsauftrag erfüllt.

Jetzt wird selektiert.

Montreal
Ja, verdammt, wir sind eine Woche zu spät dran mit dieser Rezension, aber wenn's um den Familienurlaub geht, müssen sich sogar Montreal hinten anstellen. Anders ausgedrückt: Hier und heute nicht wäre letzten Freitag die passende Schlagzeile in der Selektion gewesen, denn da erschien das neue Album des Punkrock-Trios.

Fast wäre es gar nicht dazu gekommen, denn bei einem Ausflug nach Amsterdam saß die Band Ende 2018 in einem Straßencafé, als ein Terracotta-Blumenkübel die Markise durchschlug und nur wenige Zentimeter neben Bassist Hirsch einfederte. Schwein gehabt!

Und wie klingt das siebte Studio-Album von Montreal nun? Nun ja, wer gerne die von Farin Urlaub geschriebenen Ärzte-Songs hört (und mir persönlich sind die deutlich lieber als die von Bela und Rod), der kommt vollends auf seine Kosten, zumal Montreal wunderbar über sich selbst lachen können und an Witzen auf ihre eigenen Kosten nicht sparen. Das Album verbreitet gute Laune und verkürzt jede Autofahrt - bin positiv überrascht und werde mir das in Zukunft sicher öfter mal anhören.

Live demnächst hier:

25.10. Wiesbaden, Schlachthof (ausverkauft)
26.10. Stuttgart, ClubCann
08.11. Hannover, Capitol
09.11. Bremen, Schlachthof
22.11. Leipzig, Conne Island
23.11. Nürnberg, Z-Bau
20.12. Berlin, Festsaal Kreuzberg
21.12. Hamburg, Markthalle
22.12. Hamburg, Markthalle
27.12. Papenburg, Alter Güterbahnhof
29.12. Magdeburg, Factory
10.01. Osnabrück, Lagerhalle
11.01. Düsseldorf, Zakk


Andy Clark
"Vater zu sein, hat mich dazu veranlasst mich mit mir selbst zu beschäftigen und die Umwelt zu hinterfragen, an die ich mich so gewöhnt hatte. Zudem hat es meine Aufmerksamkeit umso mehr aufs Hier und Jetzt gelenkt. Ich werde täglich daran erinnert, dass sowohl mein Wissen als auch mein Verständnis lediglich die Summe meiner Erfahrungen und als solche völlig willkürlich und oft ziemlich ablenkend sind."

Da ich (sb) selber Vater bin, verstehe ich nur zu gut, wie sich das Leben und die Denkweise von Andy Clark seit der Geburt seiner Kinder verändert hat. Man betrachtet Vieles ganz anders als zuvor, setzt plötzlich völlig abweichende Prioritäten zum Gewohnten. Der Brite hat ein Album darüber geschrieben, wie er das Leben mit Kindern nicht nur meistert, sondern auch genießt und daran wächst. Dass die Liebe zum Nachwuchs dabei zum einen oder anderen textlichen Schmalztopf führt, verzeihe ich ihm gerne, da ich mich doch des Öfteren ertappt und verstanden fühle. I Love Joyce Morris (VÖ: 30.08.) ist ein sehr harmonisches Singer-/Songwriter-Album mit erkennbarem Folk-Einschlag und ebenso gefühlvollen wie witzigen Lyrics.

Wer sich live von den Qualitäten des Multiinstrumentalisten, der u.a. auch schon bei Animal Collective aktiv war, überzeugen möchte, der hat hier die Möglichkeit dazu:

09.10. Stolberg, Anderswelttheater
10.10. Magdeburg, Blue Note
11.10. Ratingen, Bürgerhaus
12.10. Kassel, Moonwalk
16.10. Quedlinburg, KuZ Reiche
17.10. Homburg, Mandys Lounge
18.10. Bad Bentheim, Altes Museum
19.10. Düsseldorf, Beethoven
23.10. Eckernförde, Spieker
25.10. Bielefeld, Pappelkrug
26.10 Lübeck, Tonfink


Palila
Are We Happy Now? Diese Frage können wir Euch leider nicht beantworten, aber was wir mit Sicherheit sagen können, ist, dass Evacuate, der erste Teaser für die am 20.09. erscheinende EP von Palila ein sehr ansprechender Track ist, der fernab jeglicher Aufgeregtheit wunderbar ins Ohr geht. Dazu trägt auch die Stimme von Sänger Matthias Schwettmann (ehemals Hell And High Water) bei, die phasenweise an Michael Stipe erinnert und das ist sicher nicht die schlechteste Referenz.
Wir bleiben dran. Ihr auch?


The Happy Sun
Eigentlich ist Gerhard Potuznik ja eher im elektronischen Milieu zuhause, hat dort acht Alben und unzählige Singles veröffentlicht und sich auch als Produzent (u.a. für Mediengruppe Telekommander und Chicks On Speed) einen Namen gemacht.

Dass der Österreicher aber noch eine ganz andere Seite hat, offenbart er mit seiner Band The Happy Sun. Dort lebt er seine musikalischen Wurzeln aus, die eindeutig in den 70ern und 80ern liegen und stark gitarrengeprägt sind. Und holla: das geht ab! Der Einstieg mit Alien Girl ist mal unfassbar genial und trotz des unverkennbaren Retro-Feelings gibts moderne Klänge auf die Lauscher, die jedem aktuellen medialen Liebling im Rock-Genre zur Ehre gereichen würde. Oft höre ich in neue Alben mal rein und was mich nach 2-3 Tracks noch nicht eingefangen hat, hat es danach schwer oder wird sogar geskipped - ganz anders bei The Happy Sun (VÖ: 27.09.): da war schon nach wenigen Minuten klar, dass ich mich ausführlicher damit beschäftigen würde.

Shoegaze meets Psychedelic Rock meets 70s meets 80s - und trotzdem hat das Ganze das Potential, nicht nur das Feuilleton zu begeistern, sondern auch im Mainstream anzukommen. Stark!
Ach ja: Live wird Potuznik unter anderem vom großartigen Clemens Haipl an der Gitarre unterstützt, der seit Jahrzehnten dank seiner Sendung "Projekt X" einer meiner ganz großen TV- und Radio-Helden ist.


Anna Ternheim
Ja, ich (sb) hab schon ziemlich einen Narren an Anna Ternheim gefressen und freue mich jedes Mal wieder wie ein kleines Kind, wenn es was Neues von der Schwedin zu hören gibt. Mein Plattenschrank quillt über vor lauter Limited Editions, Alben, Singles und sonstigem Schnickschnack, aber was tut man nicht alles?

Natürlich fiebere ich deswegen auch schon dem 20.09. entgegen, wenn das neue Ternheim-Album A Space For Lost Time veröffentlicht werden wird. Schon heute erscheint die zweite Single daraus und You Belong With Me befeuert meine Vorfreude noch zusätzlich.

Live gibts Anna Ternheim demnächst hier zu sehen und hören:

31.10. Berlin, Kesselhaus
01.11. Leipzig, Felsenkeller
02.11. Dresden, Scheune
04.11. Erlangen, E-Werk
05.11. Wien (AT), Das Haus der Musik
06.11. München, Technikum
07.11. Lyss (CH), Kulturfabrik
08.11. St. Gallen (CH), KUGL
10.11. Zürich (CH), Kaufleuten
11.11. Frankfurt, Batschkapp
12.11. Stuttgart, Im Wizemann
14.11. Köln, Gloria
25.11. Bremen, Schlachthof


Mädness
"Ihr kommt mit Wackness und Müll, wir mir Mädness und Döll."
Ihr wisst: Wir sind nicht die Szene-Rap-Kenner. Daher haben wir Mädness (und auch seinen Bruder Döll) erst durch Audio88 und Yassin kennengelernt. Mann Im Mond, Isso und True Story sind super Kollaborationen. Nach seinem Solo-Debut von 2007, folgten mehrere EPs und Features. Heute legt Mädness mit seiner nächsten eigenen Platte nach. Sie hört auf den Namen OG und ist unglaublich stark! Uns als Rap-Laien fallen schnell die sehr guten und reduzierten Beats auf. Mädness braucht kein riesiges Tamtam aus den Boxen, um zu überzeugen. Denn es ist so, wie es bei Rap halt sein sollte: Die Texte stehen im Vordergrund und sind so enorm vielseitig. Endlich Neue Freunde kommt melancholisch daher, doch dass man mit der eigenen Vergangenheit mal abschließen muss, hat definitiv auch gute Seiten. Ja, die Texte drehen sich um ihn selbst oder die Person, die als Protagonist fungiert. Freundschaft ist auch in Anderer Mensch ein Thema, man lebt sich auch als Buddies auseinander. Über die hessische Heimat lässt De Gude sich auf Kein Ort aus, neben ihm brilliert hier auch Marteria als einziger Feature-Gast der Platte. Weniger verkopft und etwas melodischer ist der Titeltrack, dessen Beat von Suff Daddy schnell im Ohr bleibt.
Ich (ms) lehne mich mal weit aus dem Fenster: Die Platte macht in diesem Jahr Fatoni mächtig Konkurrenz!

Die Tour kommt kommendes Jahr:
06.02.2020 Bremen, Tower
07.02.2020 Münster, Skaters Palace Café
08.02.2020 Frankfurt, Zoom
11.02.2020 München, Kranhalle
12.02.2020 Stuttgart, Schräglage
13.02.2020 Köln, Yuca
14.02.2020 Trier, Mergener Hof
15.02.2020 Jena, Kassablanca
16.02.2020 Dresden, Chemiefabrik
18.02.2020 Hamburg, Terrace Hill
19.02.2020 Hannover, Lux
20.02.2020 Berlin, Badehaus



Heinz Strunk
In den Kopf von Heinz Strunk würde ich gerne mal reinschauen. Natürlich ist er ein Multitalent und er setzt seine gesamten kreativen, künstlerischen Ideen in die Tat um. Toll sind natürlich seine verfilmten Bücher, in denen er dann auch selbst die Hauptrolle spielt, siehe Jürgen - Heute Wird Gelebt. Die Verfilmung von Der Goldene Handschuh habe ich nicht gesehen, das Buch jedoch steht für sich: Große Klasse und völlige Verstörung. Dass er ernst kann, weiß er und hält damit nicht hinter'm Berg. Dass er auch so richtig gaga kann, ist auch bekannt. Seine Kolumnen bei der Titanic oder Extra3 sind super und schräg.

Schräger geht bei Heinz Heinzer Strunk aber auch noch. Und die heftige Gaga-Seite lebt er auf seinen Platten aus. Schon Sie Nannten Ihn Dreirad schwankt zwischen genial und völlig bekloppt. Heute gibt es Nachschub via Audiolith: Aufstand Der Dünnen Hipsterärmchen. Für die 12 neuen Tracks sollte man besser den Kopf ausschalten und nichts hinterfragen, es einfach hinnehmen. Vielleicht auch das ein oder andere Bier im Vorhinein intus haben. Jeder Song ist eine Herausforderung. Die kleinen Geschichten, die meist über einen Techno-Beat gesprochen werden, eignen sich wenig zum bewussten Hinhören. Abgelaufen, Originals oder Alter Vater sind originell und wirklich witzig. Anstrengend hingegen: Drohnen oder Wer Wird Millionär. Ganz schwer, darüber ein Urteil zu fällen. Man kann es sowohl schnell scheiße finden, aber auch heftig abfeiern. Mehr wollen wir nicht sagen. Hört mal rein:

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