Freitag, 15. Februar 2019

KW 7, 2019: Die luserlounge selektiert

Quelle: upload.wikimedia.org
(sb/ms) SchlaDo. Der scheiß lange Donnerstag. Er ist des einen Freund und des anderen Leid. Die Leidenden müssen auf dem Amt, in der Verwaltung, in den Büros der Kommunen lange verharren und tolle Akten an der Mattscheibe oder digital bearbeiten. Die Freuenden arbeiten auch lang, können dann aber den persönlichen Service unter anderem im Bürgerbüro wahrnehmen. Oder sie versuchen es zumindest. Beispiel: Man kommt um zwanzig vor sechs in der Heimat an und muss eben dort noch schnell etwas erledigen und denkt: Da ist ja eh keiner, ich mache das schnell. Locker hingedüst mit dem Drahtesel und dann erstaunt festgestellt, dass man nicht der einzige mit der tollen Idee ist. Was tun?! Ab nach Hause, keine Lust auf warten, man ist ja auch durch. Nebenbei haben wir natürlich selektiert. Ohne Wartezeit!

Joseph Boys
Wir müssen mal wieder das Thema Bandnamen aufgreifen, weil wir Euch ein sehr gutes Beispiel zeigen wollen. Denn es zeugt von bedingter Kreativität aber sehr viel Humor, wenn man als Band aus Düsseldorf kommt und sich dann Joseph Boys nennt. Doch das Quintett macht keine Aktionskunst sondern gitarrengeladenen Punkrock. Am 26. April wird ihr erstes Album mit dem Namen Rochus erscheinen und ihr dürft Euch auf frischen Wind in der melodieflinken Rockecke freuen. Ganz grob kann man ihren Sound zwischen Love A und Muff Potter verorten. Der erste Höreindruck Freizeitstätte Garath über ihre rheinischen Stadtteilwurzeln gibt es jetzt schon. Ein Aufdrehen der Boxen ist eine gute Idee!



RY X
Wie sagten die legendären Monty Python in der Steinigungsszene bei Das Leben des Brian einst so schön: "Kann es sein, dass Weibsvolk anwesend ist?" Genau darauf setzt RY X mit seinem neuen Album Unfurl (VÖ: heute!), denn die Songs des australischen Musikers gehen direkt ins Herz und erinnern dabei an Bon Iver und William Fitzsimmons. Nicht die schlechteste Voraussetzung also, um auch kommerziell erfolgreich zu sein. Für Freunde der leisen Töne eine absolute Empfehlung! Demnächst auch live:

03.03. Hamburg, Fabrik
07.03. Berlin, Verti Music Hall
08.03. Leipzig, Täubchental
09.03. München, Tonhalle
11.03. Stuttgart, Wagenhallen
12.03. Frankfurt, Batschkapp
13.03. Köln, Carlswerk Victoria
14.03. Atelier, Luxemburg (LUX)
16.03. WUK, Wien (AUT)
17.03. Octagon Theater, Pully (CH)


Orpheo
Rapper sind Dichter und Denker. Kann man so stehen lassen oder es hinterfragen, wenn man bedenkt, dass wir in einer Zeit leben, in der so Spaten wie RAF Camora, Bonez MC, Chakuza die Charts dominieren und auf großen Rock(!)-Festivals auftreten dürfen. Orpheo grenzt sich Gott sei Dank gänzlich von dem Prolo-Scheißdreck der genannten Musiker ab, so wirklich zünden mag seine EP (VÖ heute!) bei mir jedoch nicht. Klar, man findet darauf tatsächlich die ein oder andere lyrische Schönheit und gelungene Metapher, in ihrer Gesamtheit kommt mir die EP jedoch etwas zu pseudo-intellektuell rüber.


Roger Rekless
Und gleich nochmal Rap, diesmal von Freestyle-Gott Roger Rekless, der heute sein neues Album Über die Natur der Dinge veröffentlicht. Bei ihm treffen die vom Kollegen Orpheo propagierten Attribute "Dichter" und "Denker" definitiv zu und egal was er anpackt - es hat Substanz! Ob das nun sein Hardcore-Projekt GWLT ist, sein Team Makasi oder sein Solo-Rap-Projekt: der Künstler aus Markt Schwaben hat etwas zu sagen und tut dies auf eine sehr nachdrückliche Art und Weise.


Schwarz
Von der Gitarre hinter die Synthesizer. Das könnte ganz grob die Zusammenfassung der kreativ-musikalischen Wandlung von Roland Meyer de Voltaire sein. Seine ehemalige Band ist seit langer Zeit Geschichte und ehrlicherweise liefen ihre CDs bei mir in den letzten Jahren auch kaum noch, geriet halt in Vergessenheit. Doch der Künstler blieb. Nur nennt er sich jetzt Schwarz und macht catchy elektronische Musik. Treibender Beat und Ambient müssen sich nicht ausgrenzen. Das Material, das nun auf seinem Solo-Debut-Album erscheinen wird ist sicher gutes Material fürs Radio, aber auch für durchtanzte Nächte. Am 24. Mai wird White Room erscheinen. Jetzt könnt Ihr schon Outside Looking In, die erste Single, hören. Lohnt sich!



Donna Missal
Super Stimme, durchaus toll arrangierte Songs - aber halt leider so gar nicht das Genre, das ich gerne höre. Wenn man auf Alicia Keys oder sowas steht, dann ist man bei Donna Missal aus Los Angeles allerdings bestens aufgehoben und wird sie vermutlich feiern. Ehrlich gesagt tut es mir leid, dass ich über This Time (VÖ: 22.02.) nicht mehr schreiben kann, aber in der Musikrichtung bin ich zu fremd, als dass ich mir tatsächlich ein Urteil erlauben könnte.



Daniel Thorne
Die Wege des Herren sind oft unergründlich. Als ich als Achtjähriger nicht Schlagzeug spielen lernen durfte, weil das in unserem Reihenhaus zu laut gewesen wäre, war ich geknickt. Stattdessen lernte ich Saxophon spielen. Und das erst mit Widerwillen, später mit großer Freude. Heute darf ich Euch einen Saxophonisten ans Herz legen, der extrem experimentell musiziert. Daniel Thorne, aus Australien kommend, heute in Liverpool ansässig, gibt dem Instrument einen extremen Drive. Und er weiß geschickt jegliche Genregrenzen zu sprengen. Keine Ahnung, wo seine EP Lines of Sight einzuordnen wäre. Er arbeitet mit Elektronik, vielen Verzerrern, Dissonanzen ohne Ende und ganz viel Gefühl. Es braucht einige Takte und ein wenig Geduld, um das Wesen des Holzblasinstruments herauszuhören, doch dann wird es spektakulär. Die EP kann laut und leise, ruhig und störend. So habe ich noch nie jemanden Saxophon spielen hören!



Deniz Jaspersen
Ja, es gibt diese Lieder, die wesentlich besser das ausdrücken können, was man selber fühlt aber nicht sagen kann. Diese Woche hat Deniz Jaspersen in diese offene Wunder reingehauen. Und das ganz wundervoll und direkt. Passenderweise heißt das Lied Alte Muster. Stichwort Authentizität. So oft kommt es mir tatsächlich vor, dass man sich selbst nur ganz, ganz schwer ändern kann. Wenn überhaupt. Ja, man entwickelt sich und Änderung passiert. Aber es ist gut möglich, dass es immer einen Kern gibt, der sehr, sehr fest ist.
Ich bin nicht nur froh um dieses wunderschöne Lied, sondern auch, endlich wieder was von Deniz Jaspersen zu hören. Herrenmagazin liegt wohl auf Eis. Und nein, ich wollte damals einem guten Freund schon nicht glauben, der meinte, dass sie sich auflösen. Das will ich nicht glauben. Vielleicht ein Übergang oder eine Transformation. Ja ja, die gute alte Hoffnung...
Doch jetzt gebt Euch dieses tolle Video bitte:


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