Mittwoch, 23. Januar 2019

Live in Dornbirn: Friska Viljor, We Are The City & side effects

Foto: facebook.com/friskaviljorofficial
(sb) Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt - klingt verdächtig nach bipolarer Störung, ist aber nichts anderes als eine Beschreibung der Musik der schwedischen Band Friska Viljor, die derzeit mit brandneuem Album im Gepäck auf Tour ist und gestern im Conrad Sohm zu Dornbirn Station machte. Mit dabei waren auch ihre Landsleute side effects und als Co-Headliner We Are The City aus Vancover, Kanada - das alles passte perfekt zusammen und sorgte für einen sehr unterhaltsamen Abend in winterlicher Umgebung, bei dem es einem richtig warm ums Herz wurde.

Den Anfang machten side effects aus Stockholm, deren neues Album Some Other Day mein Kollege ms kürzlich hier in der luserlounge rezensierte. Ich habe eben nochmal reingelesen und bin erstaunt, dass die vier Burschen tatsächlich schon Mitte 20 sein sollen. Die schauen so abartig jung aus, wenn sie vor einem stehen! Wie dem auch sei: was die vier da auf der Bühne veranstalten, ist schon sehr stark und wenn Du als Band drei Leute hast, die singen können, dann kommt das natürlich gut. Ich persönlich bewundere es ja extrem, wenn der Drummer neben der Hand-Fuß-Koordination auch noch in der Lage ist, den Leadgesang zu übernehmen. Nicht dass ich auch nur ansatzweise verstehen kann, wie das funktioniert, aber deswegen schreibe ich ja auch, statt es selber zu tun...

 

Leider war das Set der side effects bereits nach 45 Minuten zu Ende, das hätte ich mir gerne noch länger angehört, aber die Herren beehren uns ja sicher bald mal wieder und bis dahin kann man aufs Album zurückgreifen. So wirklich weg waren die side effects dann aber auch gar nicht, denn zuerst verkauften sie fleißig selber am Merch-Stand, ehe sie sich unters Publikum mischten und nichts anderes waren als einfach nur Fans - sehr sympathisch. Und bei Friska Viljor gabs dann sogar noch ein Comeback auf der Bühne!

Es folgten We Are The City und obwohl mir der Name durchaus geläufig war, wusste ich nicht, was mich erwarten würde. Und wow, wie geil war das denn bitte? Seit über zehn Jahren besteht die Band bereits, konnte folglich aus einem ordentlichen Repertoire schöpfen, performte aber auch den bisher unveröffentlichen Track Killer B-Side Music. Was für ein Brett! Wikipedia nennt ihren Stil Progressive Rock, für mich war das gestern einfach nur extrem heißer Schice! Ich habe selten (oder überhaupt noch nie?) einen derart dominanten Drummer erlebt, der Songs von Anfang bis Ende so getragen und geprägt hat, dass die anderen beiden Bandmitglieder (immerhin Gesang/Keyboard und Gitarre) auf der Bühne zu Nebendarstellern degradiert wurden - und das nicht, weil er so laut und erstickend agierte, sondern ganz im Gegenteil: die Kombination aller Einzelteile sorgte für einen Sound, der nicht nur mich, sondern einen Großteil des anwesenden Publikums begeisterte. Leider war auch hier nach einer guten dreiviertel Stunde Feierabend, mit We Are The City werde ich mich aber sicher noch etwas ausführlicher auseinandersetzen und checken, ob die Studioaufnahmen mit dem Live-Erlebnis mithalten können.



Als um 22 Uhr Friska Viljor die Stage des Conrad Sohm betraten, herrschte also bereits beste Stimmung und schon bald wurden mit On And On, Gold und Oh Oh die ersten Höhepunkte erreicht und das Tanzbein wurde mehr (bei anderen) oder weniger (bei mir) gekonnt geschwungen.

So, nun aber zurück zum einleitenden Satz des Artikels, denn nach soviel Partystimmung kam der aprubte Cut, lediglich die beiden Ur-Friskas Daniel und Joakim blieben auf der Bühne und Letzterer erzählte von der Entstehungsgeschichte des aktuellen Albums Broken. Kurz zusammengefasst handelt es von der Trennung Joakims von seiner Familie - angefangen mit den ersten Zweifeln über den Tag, als seine Partnerin ihn verließ, bis hin zur Gegenwart, in der er seine Kinder zwar regelmäßig sieht, die Zeit aber einfach nicht reicht, um ihnen all das zu geben, was er gerne würde. Ich als Vater verstehe das nur allzu gut, denn auch wenn ich meinen kleinen Sohn jeden Tag um mich habe, bricht es mir abends fast das Herz, wenn ich ihn ins Bett bringe und weiß, dass ich ihn jetzt die nächsten zehn bis zwölf Stunden nicht erleben kann.

Es folgten also fünf ruhige, traurige Songs, die einen doch mehrmals schlucken ließen und mitunter auch die Tränen in die Augen trieben. Wie muss man drauf sein, wenn man auf Tour Abend für Abend so einen Seelenstriptease hinlegt? Dass Joakim das noch immer sehr nahegeht, war auch gestern Abend mehr als deutlich und am liebsten wäre man auf die Bühne gegangen und hätte den Kerl in den Arm genommen. Selbst jetzt, wo ich diesen Bericht schreibe, wird mir noch ganz anders zumute und mich überfällt eine tiefe Traurigkeit. Besonders loben möchte ich an dieser Stelle aber auch mal das Publikum: wurde bei den beiden Vorbands doch noch des Öfteren ziemlich respektlos während der Songs geratscht, war es diesmal mucksmäuschenstill und der Applaus nach den Liedern auch sehr verhalten und tröstend.

Wieder zu fünft auf der Bühne wurde mit Daj Daj Die und If I Die Now gekonnt die Brücke zurück Richtung guter Laune geschlagen und bei Wohlwill war dann endgültig Party angesagt. Schon krass, wie es einer Band gelingen kann, innerhalb so kurzer Zeit Tränen der Trauer, Rührung und Freude zu verursachen... Aber genau deswegen mag ich Friska Viljor ja auch so gerne und verfolge ihren Werdegang schon seit dem Debütalbum Bravo! (2006).

Foto: facebook.com/friskaviljorofficial
Der Zugabenblock sorgte mit Arpeggio dann noch für das absolute Stimmungshighlight des Abends, ehe das Set traditionell mit Shotgun Sister abgerundet wurde und Friska Viljor einen Haufen strahlender Gesichter in die eisige Kälte Vorarlbergs entließen.

Bleibt zu hoffen, dass die Band ihre kommenden Tourstationen (siehe unten) etwas stressfreier erreicht als diesmal, denn auf dem Weg von Salzburg nach Dornbirn verlor der Anhänger des Nightliners unterwegs einen Reifen, was eine stundenlange Verzögerung mit sich brachte.

23.01. Bern, Bierhübeli
24.01. Winterthur, Salzhaus
25.01. München, Theaterfabrik
26.01. Dresden, Beatpol
27.01. Rostock, M.A.U. Club





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