Donnerstag, 13. Dezember 2018

Un(re)zensiert 2018: Sam Vance-Law - Homotopia

Quelle: facebook.com/samvancelaw/
(ms) Am Ende des Jahres gibt es bei uns immer ein paar Alben, die wir aus den unterschiedlichsten Gründen nicht besprochen haben, obwohl wir große Bewunderer sind. Das holen wir unter dem extrem kreativen Slogan "Un(re)zensiert 2018" nach! Dies soll auch ein kleines Adventskalender-Trostpflaster sein.

Fangen wir an mit Sam Vance-Law und seiner wundervollen Platte Homotopia. Am 2. März erschien sie beim Indie-Riesen Caroline. Natürlich war er bis dahin kein Unbekannter. Einige Jahre hat er Cherilyn MacNeil, besser bekannt als die kreative Energie hinter Dear Reader, begleitet, mit ihr zusammen auf der Bühne gestanden und bei ihren Alben mitgewirkt. Zudem war er für kürzere Zeit mit Emma Greenfield das Duo Traded Pliots, die eine tolle EP herausgebracht haben.
Aus Kanada hat es ihn also dauerhaft in unsere Breitengrade gezogen und konnte Konstantin Gropper und Marcus Wüst für die Albumproduktion gewinnen. Diese stand also unter einem guten Stern. Zehn Lieder finden sich auf Homotopia und es ist ein exzellentes Konzeptalbum geworden, dessen roter Faden im Titel mehr als prominent durchscheint.
Wie lebt es sich also als junger, schwuler Mann in einer scheinbar toleranten Gesellschaft? Wie waren die Schritte zum Coming-Out, was wünscht man sich, wie schön kann man sich einfach mal treiben lassen?



All das kann man nachhören. Dabei ist nicht nur eine starke Ernsthaftigkeit zu ertasten, sondern auch stets ein Augenzwinkern, eine spielerische Leichtigkeit. Der Opener Wanted To legt direkt damit los. Ja, er hat mal Mädchen gedated. Doch Anfeindungen und Schwierigkeiten hielten ihn nicht davon ab, lieben zu wollen. So einfach ist das. So schwierig ist das. Am eindrücklichsten wird dies wohl bei Faggot. Im englischen ein übles Schimpfwort für homosexuelle Männer. Die Vereinnahmung dessen ist immer eine gute Methode, um den Gegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Augenzwinkermomente finden sich dann auf Narcissus 2.0: "Yes, I would sleep with myself if I were you." Auch gegen einen One Night Stand hat er nichts, I Think We Should Take It Fast erzählt mit erhobenem Haupte davon. Ebenso Prettyboy und Gayby, die beiden absoluten Höhepunkte des Albums, thematisieren die Schönheit des Lebens.
Es lohnt sich also nicht nur aufmerksam auf den Text zu hören. Das schön gestaltete Booklet macht das Nachlesen umso einfacher. Doch es ist auch musikalisch beachtlich. Geschickt spielt Sam Vance-Law die Grenzen zwischen ernsthafter und unterhaltender Musik gegeneinander aus. Immer wieder gibt es klassische Arrangements, Chorgesänge und Streicher. Das wird dann bewusst, wenn er auf der Bühne steht und gleichzeitig singt und Geige spielt. Das sieht nicht nur gut aus, sondern klingt auch phantastisch. Apropos Bühne: Im neuen Jahr ist er wieder mit seiner Band auf Tour und dann dürft ihr euch davon überzeugen lassen, was Sam Vance-Law für ein erstklassiger Entertainer ist. Das kann man jetzt schon verraten. Also besorgt euch diese Platte. Zum Fest, nach dem Fest, auf Tour, egal. Hauptsache ihr habt sie.

Hier spielt er demnächst:

16.01 - Bremen, Kulturzentrum Lagerhaus Bremen
17.01 - Köln, Artheater
18.01 - Essen, Hotel Shanghai
19.01 - Münster, Gleis 22
02.05 - Reutlingen, Kulturzentrum franz.K Reutlingen
03.05 - Darmstadt, Centralstation Darmstadt
04.05 - Potsdam, Waschhaus Potsdam

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