Donnerstag, 20. Dezember 2018

Un(re)zensiert 2018: Parcels

2016 noch ganz wild. Foto: facebook.com/parcelsmusic
(ms) Sie sind der (!) krasse Hype aus den letzten zwölf Monaten. Und das vollkommen zurecht - und das liegt nicht an der Verbindung zu Daft Punk. Bei einigen waren die Parcels ein Geheimtipp, bei anderen vollkommen unbekannt. Zu letzter Gruppe zähle ich mich dazu und habe sie eher zufällig dieses Jahr beim Traumzeit Festival in Duisburg gesehen. Ursprünglich wollte ich die Zeit bis Gisbert zu Knyphausen überbrücken und sah dann unvorhergesehener Weise das beste Konzert am ganzen Festivalwochenende.
Im Nu haben die fünf jungen Australier die aufmerksamen Zuhörer in einen tanzenden, pulsierenden Pulk verwandelt. Denn sie spielen nichts anderes als poppigen Funk. Man wundert sich zwar, was der dünne, junge Paul McCartney mit Schnäuzer am Mikrophon macht, das spielt jedoch überhaupt keine Rolle. Die Stimmung glich purer Ekstase und der kurzweilige Auftritt hat einfach irre Spaß gemacht. Das ist das beruhigende Zeichen: Popmusik darf auch inhaltlich mal belanglos sein. So hat es zumindest den Anschein gemacht. Popmusik darf auch einfach für gute Laune gemacht sein.
Das erstaunliche bei dem Quintett: Sie hatten im Sommer noch kein Album veröffentlicht. Das kam erst im Herbst. Vor Veröffentlichung haben sie sogar die Columbiahalle in Berlin ausverkauft. Hut ab! Da passen über 3.000 Leute rein. Das ist beachtlich aber aus zwei Gründen auch kein Wunder: Erstens wohnen die mode(un)bewussten Typen dort und zweitens ist Berlin bekanntlich für alles zu haben und die Hauptstadt der Hispter.



Im Herbst kam nun das selbstbetitelte Album via Kitsuné/Because Music raus. Und die große und logische Frage lautete natürlich: Können sie auf Platte das halten, was sie live versprachen?
Beim ersten Hören schleicht sich schon eine gewisse Ernüchterung ein. Wenn man sich jedoch einige Male durchgehört hat, gibt es gute Gründe, dass der erste Eindruck fehlgeleitet war.
Denn die saustarken Singles sind ja eh total genial. Dazu zählen Lightenup und Tightuprightnow. In jeder einzelnen Note sind Leichtigkeit und eine ungeheure Lust zu hören, die die fünf zusammenbringt. Dass das ein wenig Potential zur Abnutzung hat und beliebig werden kann, ist nicht zu leugnen.
Doch es gibt es paar Bonmots, die sich auszahlen. Withorwithoutyou nimmt beispielsweise ein bisschen das Tempo raus und spielt stärker mit den Synthies. Als kleiner Gag zählt natürlich auch, dass die Titel alle zusammen geschrieben sind und zwischen den einzelnen Liedern teils keine Pausen zu hören sind. Everyroad ist die große Überraschung des Albums. Nicht nur die Spielzeit von achteinhalb Minuten ist ungewöhnlich, sondern, dass es zum Ende hin einer kleinen Techno-Nummer gleicht. Daft Punk grüßen also ganz gewaltig! Closetowhy ist ein Exempel an Easy-listening-Music, ein Genre, das mir generell sehr zusagt. Kleinere Schwächen wie Exotica seien verziehen. Schließlich verspricht das Ende einen irren Clou. Denn das letzte Stück heißt Credits. Und genau das steckt auch drin. Es ist ein musikgewordener Abspann mit allen Beteiligten und das vorgetragen in Stand-up-Manier. Herrlich!

Es bleibt spannend, wie sich diese Band entwickeln wird. Für das kommende Jahr sind schon haufenweise Termine gesichert, sie spielen zum Beispiel beim Maifeld und Kosmonaut Festival. Doch wie wird sich der Sound ausbauen? Für das zweite Album müssen sie sich etwas einfallen lassen, sonst ist der Hype eben nur ein Hype. Wir bleiben gespannt, wie es mit den Parcels weitergeht.
Bis dahin kann das Debutalbum guten Gewissens genossen werden!

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