Sonntag, 21. Oktober 2018

PeterLicht - Wenn wir alle anders sind


Foto: Christian Knieps
(ms) Anders sein, um gut oder sogar super zu sein. Es geht um Wandel, Illusion, Schein und Veränderung als niemals endender Prozess. Es geht gewissermaßen auch um Provokation. Eine Herangehensweise, die der Pop in den letzten Jahren erst wiederentdeckt hat.
Genau das alles personifiziert PeterLicht. Er bleibt definitiv anders, wandelt sich, ändert sich, erfindet sich mitunter neu und findet immer Kanäle, um all sein kreatives Potential zu entfachen. Dazu gehören nicht nur seine Bücher, sondern in den letzten Jahren hauptsächlich diverse Theaterstücke, die er auf die unterschiedlichsten Bühnen gebracht hat. Der letzte Streich war eine Inszenierung eines Klassikers von Molière, umbenannt in "Tartuffe oder Das Schwein der Weisen" in Basel. Dabei nahm er das Original bis zur endgültigen Unkenntlichkeit auseinander und wurde dafür gelobt. Sich selbst nimmt er auch als Musiker und Person der Öffentlichkeit auseinander. Jahrelang wollte er nicht, dass Bilder von ihm gemacht und veröffentlicht werden. Mit Erfolg. Nur logisch das auch zu ändern und eine aalglatte Version von sich selbst zu zeigen: Abgepudert und hochgestylet, Show and Shine.
Nun hat PeterLicht diesen Freitag (19. Oktober) sein neues Album über das sehr geschmackvolle Label tapete records herausgebracht. Sieben Jahre sind vergangen, als es das letzte neue Material gab; zwischendurch ein sehr hörenswertes Live-Album. Wenn wir alle anders sind heißt das neue Werk und in der Tat werden darauf neue Seiten des kreativen Kölners aufgezogen.

Relativ schnell wird klar, dass der Klang reduziert wurde. Experimentell ging es ja immer schon zu in seinen Liedern, doch auf den Alben Melancholie und Gesellschaft und Das Ende der Beschwerde war mehr Band mit vielen Instrumenten zu hören. Das ist jetzt nur noch ab und an der Fall, und er arbeitet auch gerne mal mit Drum-Computern oder anderen Synthie-Spielzeugen.
Von der Art des Songwritings gibt es im Grunde genommen keinerlei Überraschungen, denn es bleibt kaum zu kategorisieren, es bleibt gaga, es bleibt schwer zu fassen. Und das macht den Reiz aus. (Vermeintliche) Indianer-Weisheiten werden ad absurdum geführt und gleichzeitig wird in der Zeit von Fake News und alternativen Wahrheiten die Frage gestellt, was denn nun genau wahr oder falsch sei (Chipslied). Dass Gesellschaft PeterLichts Thema ist, ist auch keine Neuigkeit, aber wie er es angeht immer wieder erstaunlich breit gefächert. In Emotionale / Hört die Signale! wird das gute alte Arbeiterlied zur anderweitigen, umgreifenden Systemkritik. Die Vergrätzten, Verschmierten und Verschlammten werden neben den Kreativen, Emotionalen und psychisch Kranken zum Widerstand animiert. Doch bei Zeilen wie Ihr seid das Holz auf dem Weg auf dem ihr geht bleibt die Frage erlaubt, wie vielversprechend dieser Widerstand ist. 
Neben den teils schwer zu dechiffrierenden Texten kommt die Musik zum Glück nicht zu knapp. Die Nacht ist eines dieser ruhigen und schönen und starken und harmonischen und sehr melodiösen Lieder; minimalistisch mit gezupfter Gitarre und Streicher-Klangteppichen im Hintergrund. Dass PeterLicht es liebt mit Sprache zu spielen ist eine Binsenweisheit. Insbesondere Präfixe scheinen es ihm angetan zu haben. Im Umentscheidungslied wird sich vertippt, vertätowiert, verföhnt, vergessen, verwählt und veroperiert und erinnert dabei herrlich an Marketing, wo er ähnlich vorgegangen ist (zerfetzen, zerhacken, zerkratzen, zerlegen, zermantschen). Intertextualität nennt man solche Querverweise. 
Im Liebeslied von unten / Optionslied behandelt er den Titel des Albums dann nochmal auf ganzer Liedlänge. Mit dieser Art der Betitelung von einzelnen Tracks sind PeterLicht-Hörer schon lange vertraut, irgendwie ist es ja auch ulkig.

Wenn wir alle anders sind ist ein gutes Album. Doch PeterLicht kann es eigentlich auf der gesamten Spielzeit wesentlich besser, Melancholie und Gesellschaft ist der beeindruckende Beweis dafür! Einzelne Lieder bleiben wenig haften (Candy Käsemann, Letzte Tote des großen Krieges trotz Dramatik zum Schluss) und die Auskopplung Menschen klingt irgendwie vom Sound her beliebig und was soll die verzerrte Stimme dabei?!
Nichtsdestotrotz bleibt ein positiver Gesamteindruck.
Und davon kann man sich zum Glück auch bald wieder live überzeugen. Und den Besuch eines PeterLicht-Konzertes sei allen ans Herz gelegt. Zwei Mal war ich dabei, letztes Jahr erst in Salzburg und es ist stets sehr unterhaltsam! Hier tourt er entlang:

20.10.2018 - Frankfurt - Mousonturm
21.10.2018 - München - Feierwerk (AUSVERKAUFT)
22.10.2018 - Köln - GLORIA THEATER
24.10.2018 - Hamburg – Kampnagel - Internationales Zentrum für schönere Künste
24.11.2018 - Essen – Zeche Carl
13.12.2018 - Konstanz – Kula Konstanz
14.12.2018 - Schorndorf – Club Manufaktur
04.04.2019 - Berlin – Festsaal Kreuzberg
30.04.2019 - München – Feierwerk (ZUSATZKONZERT)
01.05.2019 - Wien – Theater Akzent



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