Donnerstag, 11. Oktober 2018

Neonschwarz - Clash

Foto: Malte Schmidt
(ms) Neonschwarz sind wieder da. Das sind Spion Y, Marie Curry, Captain Gips und Johnny Mauser. Mit Clash veröffentlichen sie morgen (12. Oktober) über unsere Labellieblinge Audioltih ihr drittes Album, wenn man Unter'm Asphalt der Strand nicht mitzählt.

Nachdem man sich als Combo ein wenig im HipHop-Business etabliert hat, in größeren Clubs spielt, Shows ausverkauft sind, bei mittelgroßen Festivals durchaus Headliner oder sehr gute Slots bekommt und das letzte Album auf Platz 81 der Verkaufscharts landete, sind die Erwartungen berechtigterweise groß.
Auf dem Vorgänger Metropolis tummelte sich schon eine sehr reife Band, breit im Klang, tief im Text. Dabei muss man auch anmerken, dass es schon etwas glatter war als Fliegende Fische. Auf dem Erstling auf Albumlänge klangen sie noch freier, mutiger, unberechenbarer.
Dem kommt etwas erschwerend hinzu, dass Captain Gips und Johnny Mauser letztes Jahr zur gleichen Zeit Soloalben veröffentlicht haben. Die waren beide so enttäuschend, dass die Hoffnung groß ist, sie verwandeln ihr Potential in Höchstform auf dem neuen Release.
Und ja, diese Hoffnung wird erfüllt, wenn auch nicht auf ganzer Länge. 14 Songs sind auf Clash zusammengekommen und sie haben eine Menge im Angebot. Mit einem introartigen N.E.O.N. startet die Platte, liefert fette, satte Bläserbeats und dem charakteristischen Mix aus Gesang und Rap von Marie Curry. Es ist ein kleines, sympathisches Palaver über sich selbst voller Understatement, denn sie standen nie im Fokus, doch haben tausende Fans. Frech und wahr. Doch es braucht ein bisschen, bis Clash so richtig Fahrt aufnimmt. Maradona zeigt zwar einen lockeren Großstadtbeat und unterstreicht die Hängematteneinstellung der Neonschwarzen, doch ist auch etwas öde. Die Autotune-Stimme von Marie Curry auf Fieber nervt dann brutal. Was soll das eigentlich? Man muss nicht jedem blöden Trend hinterherlaufen, das war schon von Fatoni keine gute Idee, obwohl wir ihn verehren.



Doch dann hagelt es einige Bretter! Ananasland hat nicht nur eine bestechend gute Bass-Melodie, sondern beweist, wo das Herz der Rapper schlägt: gesellschaftspolitische Kritik ist fester Bestandteil ihrer musikalischen DNA. Es geht um die coole, hippen, trendigen Leute, die ein Selfie vor der Flora knipsen aber doch ihr Kreuz bei der CDU machen: "Alle lässig, cool, alternativ - du siehst den Dreck nicht in meinem Kiez". So ist es. Der Opi aus dem 2. Stock ist nicht nur eine Referenz an EinsZwo (Was macht Dendemann eigentlich?), sondern ist ein weiteres Beispiel nach Gestern von Morgen wie wichtig es ist, sich von den Augenzeugen aus dem zweiten Weltkrieg ihre Geschichten erzählen zu lassen, auch wenn sie hart sind. Denn für den Protagonisten war Flucht auch ein Thema und es ist eine Schmach, wenn die Urenkel seiner Peiniger im Hof spielen. Ganz wichtig, großartig umgesetzt. Es folgt 5 nach 12. Was der Titel erahnen lässt, tritt auch ein, denn der Partydampfer sinkt hier gewaltig. Es ist eine Bestandsaufnahme der politischen Entwicklung hierzulande, dem Erstarken rechtskonservativer Menschenfischer und der Ignoranz anderer gesellschaftspolitisch Aktiver diesen gegenüber. Gut, dass das Album vor Maaßen, Hambacher Wald und Chemnitz fertig war, die Aggression wäre sonst noch höher. Inhaltlich ist nicht nur von Angst die Rede, sondern auch eine gewisse Verzweiflung schimmert durch die Zeilen. Man kann es verstehen.

Verrückt ist dann so unfassbar lässig und entspannt: Kapitalismuskritik mit Augenzwinkerattitüde. Und neben den anderen starken Beats von Emphis & Simelli, TripleCCC, Nvie Motho, Magnus Wichmann, Riffsn und Ulliversal hört man hier eine "richtige" Band. Echt gut! Neben der Hymne auf den einzigen Stadtteil Hamburgs mit einer ernstzunehmenden Fußballmannschaft St. Pauli, gibt's noch richtig eins aufs Dach. Nach 2014 und 2015 folgt auf Clash logischerweise 2018. Eine bedingungslose Abrechnung mit der AfD und allen anderen nationalistischen Spinnern.
Der Gesamteindruck bleibt gut. Leider gibt es dennoch zwischendurch echt viel Luft nach oben. Bei einigen Songs wie Gleis 13, Klatsche und In Flammen bleibt das Gefühl nach Füllmaterial haften. Die hier angesprochenen anderen Tracks entschädigen dafür jedoch in jedem Fall.

Aufgrund von mehrfacher persönlicher Überzeugung, wie gut die live sind, dass es eine Party mit wahren, wichtigen, politischen Ansagen wird, empfehlen wir Euch den Besuch auf der kommenden Tour:

09.11.2018 Lüneburg, Anna & Arthur
10.11.2018 Husum, Speicher
23.11.2018 Münster, Gleis 22
24.11.2018 Heidelberg, halle02
07.12.2018 Dresden, Tante Ju
08.12.2018 AT-Wien, Flex
24.01.2019 CH-Zürich, Dynamo
25.01.2019 CH-Bern, Dachstock
08.02.2019 Wiesbaden, Schlachthof Wiesbaden
09.02.2019 Düsseldorf, zakk
22.02.2019 Stuttgart, Im Wizemann
23.02.2019 München, Feierwerk
22.03.2019 Nürnberg, Z-Bau
23.03.2019 Hannover, Faust
05.04.2019 Dortmund, FZW
06.04.2019 Bremen, Schlachthof Bremen
13.04.2019 Berlin, Festsaal Kreuzberg
27.04.2019 Hamburg, Große Freiheit 36



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