Das knallt. Das Cover! |
Auf diese erschreckenden Parallelen macht die Künstlerin Ebony Bones auf ihrem neuen Album Nephilim aufmerksam. Die Bezeichnung Künstlerin ist hier absolut berechtigt, denn ihr Talent und Engagement gehen weit über den Musikkosmos hinaus. Die 35-Jährige ist ausgebildete Schauspielerin, hat lange in TV-Serien mitgespielt (Family Affair), Musik für Moldelabels und deren Kampagnen gemacht, hält bis heute die Strippen um Produktion und Vertrieb ihrer Songs in den eigenen Händen, war eine Studiobekannte von Amy Winehouse und geizt nicht mit extravagantem Auftreten.
Die große Frage lautet jetzt natürlich, wie klingt ihre Musik?
Das Cover und ihr Auftreten mögen vielleicht etwas wie R'n'B assoziieren. Dieser Eindruck trügt jedoch gewaltig! Ebony Bones in ein Genre zu zwängen... dagegen sträubt sich die Londonerin selbst am meisten. Es ist in all seinen Facetten enorm experimentell, macht keinen Halt vor Neuem, der Verbindung mehrerer Stilrichtungen und lässt ihrer Kreativität in der Instrumentalisierung viel Freiraum. Dafür hat sie auf Nephilim mit dem Beijing Philharmonic Orchestra kooperiert. Das gibt direkt im ersten, einminütigen Intro ein mäanderndes Leitmotiv vor, das bezaubert. Allein die Idee eine Melodie - in ihrer Reinform oder variiert - öfter mal auftreten zu lassen ist so herrlich antiquiert, dass es mit Synthies und reichlich Percussion und allerhand anderem elektronisch verstärktem Material noch viel mehr Kraft bildet. Ghrelin Games ist dafür ein großartiges Beispiel: es vereint den orchestralen Sound, paart ihn mit verzerrten Stimmeinlagen und haut elektronische Beats oben drauf. Den Mut muss man erstmal haben. Das macht das Album aber auch nicht unbedingt leicht zugänglich, doch das war sicherlich mitnichten die Intention von Bones.
Um an die Einleitung hier anzuknüpfen: Stimmmaterial von Powell hat sie aufgegriffen und verarbeitet in dem Track No Black In The Union Jack. Darin wird auch kaum gesungen, sondern mit der Aufnahme gespielt. So kann man auch seinen Gegnern die Luft aus den Segeln nehmen.
Dass sie noch mehr zu sagen hat, beweist sie auf Kids Of Coltan. Inhaltlich hochaktuell und wichtig, denn Kinder im Kongo suchen das seltene Material, damit wir auf unseren Handys ungestört chatten, streamen und spielen können. Das ist alles bekannt, doch machen tun wir als Nutzer natürlich auch nichts dagegen. Wichtig, das auch musikalisch verwertet anzusprechen.
Es ist zu sehen: Ebony Bones spielt nicht nur mit der äußeren Erscheinung, sondern ist wesentlich tiefgehender, als der erste Eindruck vielleicht vermitteln mag.
Es funktioniert als Gesamtwerk gut, wenn auch widersprüchlich, denn es ist wenig einheitlich, bricht oft mit dem Klang, dem Tempo, den Musikern, Stimmen, Instrumenten.
Doch macht es das nicht erst hörenswert?
Werden wir nicht zu sehr mit belanglosem Blabla aus dem Radio beschallt?
Es ist lohnenswert, sich darauf einzulassen, auch wenn man vielleicht nicht alles gut findet; verlangt ja auch niemand. Kunst will anstoßen, zum nachdenken anregen und die Konfrontation suchen. Das hat Ebony Bones geschafft!
Nephilim ist am 20. Juli erschienen.
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