Donnerstag, 31. August 2017

Bünger - Nie zu spät für eine glückliche Kindheit

Ganz gemütlich, leicht dekadent: Sven Bünger. Foto: Marcus May
(ms) Er ist eigentlich einer, der im Hintergrund die Fäden zieht und selten in der ersten Reihe steht. Dann nämlich dreht und drückt Sven Bünger in seinem Hamburger Studio so lange an Knöpfen und Reglern, bis der Sound der aktuellen Aufnahme perfekt ist. So ist es ihm schon viele Male gelungen. Zum Beispiel mit Madsen, Johannes Oerding, Pascal Finkenauer und Ulrich Tukur. Wer als Produzent schon so unfassbar breit aufgestellt ist, bei dem kann man guten Gewissens hohe Erwartungen an eigene Songs haben.
Bünger selbst nutzt seine zweite eigene Scheibe, um ein wenig zu experimentieren und auch Material zusammenzustellen, das er (endlich wieder) live darbieten kann. Sie trägt den ganz unpragmatischen Titel "Nie zu spät für eine glückliche Kindheit" und ist inhaltlich wie klanglich so facettenreich wie die Bands mit denen er sonst zusammenarbeitet. Der Sound aus Gitarren, Bass und Schlagzeug könnte ein plötzlicher Zusammenprall von Element of Crime, Kante und Die Sterne sein: derbe Riffs, dreckige Akkorde, die er mit Tobias Levin zum (Fein-)Schliff gebracht hat. Und oft ein rotziger Text mit ironisch breiten Beinen, einem männlichen Augenzwinkern; daneben steht ein kühles Bier, die Zigarette glimmt im Aschenbecher.
Tut mir leid erzählt von den nicht erfüllten guten Absichten den Eltern gegenüber und der oft bitteren Erkenntnis, wie häufig sie Recht hatten. Finde den Fehler Ann-Kathrin klopft dieser gehörig auf die Finger ihres ach-so-perfekten Lebens: richtig so! Dann die große Überraschung des bodenständigen, selbstbewussten Bünger: eines von neun Liedern auf der Platte ist ein Coversong. Und was für einer! Da Da Da von Trio zu covern ist eine eigenwillige Mischung aus Kongenialität und Effekthascherei, so abgegriffen ist dieses Lied. In seiner neuen Interpretation funktioniert da-da-das aber ganz hervorragend! Endzeitprophet malt so schwarz, dass die ungewisse Zukunft gar nicht mehr erkennbar ist. Maschinen erinnert nur vom Titel her an Kraftwerk. Der letzte Song Ich brauch nichts hat so etwas Tom-Waits-haftes im Klang, man möchte das dringend und ganz schnell live sehen, ine Flasche Whiskey köpfen und anzufangen wie ein Schlot zu rauchen.
So schnell und unvermittelt dieses feine Album begonnen hat, so schnell ist es auch wieder rum (34 Minuten Spielzeit). Der Mix der toughen Produktion und den herrlich offensiven Liederzeilen verleitet den Hörer im Nu dazu, es auf Heavy Rotation laufen zu lassen und das absolut zurecht! Insbesondere Büngers raue Stimme ist ein gutes Argument auf Replay zu drücken.
Das Album erscheint auf seinem eigenen Label Chef Records Ratekau und ist am morgen (1. September) bei Eurem gut sortierten Plattenhändler des Vertrauens sicherlich zu finden.

Bünger selbst spielt bald mit Band im Vorprogramm der Gruppe Von Eden - eine eigene Tour ist in Planung.

26.9. - München - Backstage
27.9. - Saarbrücken - Garage Club
3.10. - Köln - Blue Shell
4.10. - Hamburg - Nochtspeicher



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