(cg) Drei Tage hat es nach dem Melt-Festival gedauert, bis ich wieder in der 'normalen Welt' angekommen war. All diese Eindrücke müssen auch erst einmal verarbeitet werden. Das Melt fand dieses Jahr zum 18. Mal statt und ist wirklich ein außergewöhnliches Festival, allein die Kulisse ist das Geld für das Ticket allemal wert. Ich war zum ersten Mal dort und soviel sei schonmal gesagt: Es war überragend gut!
Ort
Das Melt findet eine Woche nach dem Splash-Festival in Ferropolis, der Stadt aus Stahl bei Gräfenhainichen statt. Das liegt irgendwo zwischen Leipzig und Berlin im Ostdeutschen Nichts. Es gibt einen großen See in den man direkt vom Campinggelände aus hineinhüpfen und sich abkühlen kann. Das Campinggelände selbst ist in Nord- und Südcamp unterteilt, es gibt eine Greencamping Area und eine Camping Plus Area, auf die man auch mit dem Auto fahren darf. Das Bühnengelände liegt etwas weiter nördlich auf einer Halbinsel im See, lässt sich in 10 Minuten zu Fuß erreichen (hier empfiehlt es sich mehrere Wegbiere einzupacken) oder in 2 Minuten mit dem Shuttlebus, der alle Festivalbesucher umsonst hin und her fährt. Das Bühnengelände ist wirklich sehr liebevoll gestaltet. Es gibt mehrere Bühnen die sehr nah beieinander liegen, man kann alles von überall aus schnell erreichen. Überragt wird die Szene von den alten Kohlebaggern, die von einer vergangenen Zeit berichten, als vor Ort noch Tagebau betrieben wurde. Sie werden nachts bunt ausgeleuchtet, was wirklich unglaublich schön ist. Man kommt sich vor wie die geschrumpfte Alice im Wunderland, alles leuchtet, alles ist bunt und glitzert und man kann deutlich an Drogen und Alkohol sparen, wenn man sich einfach von dieser Schönheit berauschen lässt. Barfuß tanzen kann man an der Bühne am See, sich ausschwitzen im Bühnenzelt, trocken bleibt man vor der überdachten gelben Bühne und die beste Atmosphäre entsteht vor der Main Stage.© meltlovers.ch |
Organisation
Auch hier kann ich fast nur Loben. Alle Abläufe vom Parken, über die Bändchenvergabe bis zum Bezahlen am Bierstand verliefen reibungslos. Alle Mitarbeiter des Festivals waren außerdem extrem freundlich und hilfsbereit! Bravo Melt! Es gab auch gefühlt alle 50 Meter Dixis, an den Duschen musste man fast nie anstehen, die Trinkwasserstelle war gut platziert und nie überlaufen. Hat alles funktioniert.
Dieses Jahr wurde auch zum ersten Mal das Cashless Bezahlsystem eingeführt. Man tauscht an bestimmten Ständen sein Bargeld gegen Guthaben auf einem Chip am Bändchen und bezahlt damit alles auf dem Festival. Dadurch ging das Bezahlen überall sehr schnell.
Einziges Manko, was aber auch nicht wirklich schlimm war, ist das Greencamping. Man muss sich vorher registrieren, angeben was man mitnimmt (Zelt, Campingstuhl, Tisch, Gaskocher etc.) und sich bereit erklären alles wieder mit zu nehmen, den Müll zu trennen und Ruhezeiten einzuhalten. Alles schön und gut. Aber kontrolliert wurde davon genau nichts, die Leute haben am Ende wie überall sonst auch ihren Müll und ihre kaputten Zelte liegenlassen. Einzig die Nachtruhe haben alle mehr oder weniger eingehalten. Schade eigentlich, für mich bedeutet Greencamping vor allem Rücksichtnahme auf die Natur, aber leider war davon nichts zu spüren.
Publikum
Der Meltbesucher ist im Durchschnitt Mitte bis Ende 20 und kommt nicht aus Deutschland. Es ist wirklich erstaunlich, aus wie vielen Ländern die Leute anreisen. Neben unserem Camp haben beispielsweise eine Gruppe Italiener, eine Gruppe Franzosen, mehrere Holländer und ein Pärchen aus Polen gezeltet. Großartig! Die allgemeine Stimmung war geprägt von der guten Laune aller Festivalbesucher, Offenheit, gegenseitiger Rücksichtnahme, und natürlich viel Bier. Im Vergleich zum Hurricane und anderen großen Festivals, auf denen eine Ballermann ähnliche Komasaufmentalität herrscht und wo gepöbelt und mutwillig fremdes Eigentum zerstört wird, war das Melt eine wahre Wohltat. Hier hatte einfach niemand Lust auf brennende Zelte. Selbst die Dixis waren bis zum Schluss in einem einmalig guten Zustand, niemand will auf einem zugeschissenen Klöchen sitzen. Vielleicht hatte ich auch einfach Glück aber mir ist niemand begegnet, der in irgendeiner Weise unangenehm war.Line-Up
Großartiges Line-Up! Kylie Minogue, Flume, Annenmaykantereit, Alt-J, Kwabs, Jamie xx, Alle Farben, Tocotronic, Sizarr, Nils Frahm, London Grammar, La Roux, Bonobo, Marek Hemmann, Modeselektor, Mogwai, Wanda, Django Django, XXXY, Odesza, Tove Lo, Bilderbuch, Dirty Doering, Darwin Deez, um nur mal meine Favoriten zu nennen. Leider habe ich es nicht zu ihnen allen geschafft.
Überraschend gut war Kylie Minogue. Die australische Madonna hat eine Wahnsinns Show hingelegt und nicht nur mich überzeugt. Das Publikum lag sich in den Armen, alle sangen mit und tanzten wild zu den bekannten Hits. Dann hat sie sogar Nenas 99 Luftballons gepowert und mit ihrer herzlichen Art jedes Eis gebrochen.Ein weiteres Highlight war Flume. Auch aus Australien, auch eine spitzen Show. Der gute versteht es das Publikum anzuheizen, ja, zu elektrisieren! Eine Welle der Euphorie jagte die nächste, die Musik pulsierte in den Adern, das Publikum verschmolz zu einem heißen Tiegel aus glühender Tanzlust. Eine Stunde Spielzeit war definitiv zu kurz.
Wie erwartet waren auch Annenmaykantereit überragend. Man kennt sie ja inzwischen recht gut, die sympathischen Kölner von nebenan. Henning May, der vor kurzem noch mit KIZ zusammengearbeitet hat, hat mit seiner frühzeitig gealterten Reibeisenstimme wieder alle Herzen gebrochen. Das Publikum hat zwischenzeitlich minutenlang applaudiert, Begeisterung lag in der Luft, eine Zugabe wurde gefordert und gegeben. Alle sangen mit. Das war schön, das war wunderschön. Nach so einem Konzert hat man das Gefühl alles erlebt zu haben, alles gefühlt zu haben und jetzt zufrieden sterben zu können. Wären da nicht noch die vielen anderen Künstler, die es sich zu sehen lohnt.
Also liebes Melt! Ich komme definitiv wieder. Und auch jedem Anderen empfehle ich einen Besuch des Melt! 2016, ihr werdet ihn sehr genießen und womöglich niemals vergessen. Jeder sollte einmal barfuß in Ferropolis getanzt haben und in den See um die Stadt aus Stahl gesprungen sein. Ich träume immer noch davon.
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