Welcher
der folgenden vier Begriffe bezeichnet einen Musiker?
A)
Zalando
B)
Tirendo
C)
Kobito
D)
Vapiano
Die
Lösung ist natürlich und Gott sei Dank C und um gleich es gleich mal klarzustellen:
Kobito folgt bei seiner Namensgebung keinesfalls dem hirnrissigen Trend,
unbedingt auf „o“ enden zu müssen, sondern leitet sich aus „Kombination
aus Bild und Ton“ ab. Klingt nach großer Kunst und, nun ja,
ist es auch…
Wer
oder was ist denn nun aber dieser Kobito?
Ich
höre gerne deutschsprachigen Hip Hop. Die Zeit, in der ich mich intensiv damit
beschäftigt habe, liegt jedoch 15 Jahre zurück. Leider war Kobito somit
bislang ein unbeschriebenes Blatt für mich, als ich eher zufällig an „Blaupausen“,
das neue Album, das im Juni erscheinen wird, geriet. Ein Durchhören später war
das Interesse geweckt und dank Youtube und dem wieder mal sehr aufmerksamen
Audiolith-Label war ich schlauer.
1986
wurde der Blondschopf in Bayern geboren, doch lange hielt er sich während
seiner Kindheit nie an ein und demselben Ort auf. Seine Mutter war
Schauspielerin und musste viel umherreisen. So ist er teilweise bei seinen
Tanten im Rheinland, dann wieder im Intercity-Express auf dem Weg nach Polen
oder Jugoslawien und anderswo aufgewachsen.
Doch
im Alter von vier Jahren hatte die Rastlosigkeit dann ein Ende. Seine Mutter
zog es nach Berlin, Kobi ging mit und fand sein Zuhause, wo er sich auch heute
noch wohlfühlt. Zunächst in Schöneberg - der Bezirk war damals noch lebendiger,
lauter, bunter und gefährlicher, als er es heute ist. Dort ist er zur Schule
gegangen und im Verlauf der Gymnasialzeit durch seinen Freundeskreis auf Hip
Hop gestoßen und damit weiter gewachsen. Er liebte seine Crew und die Freestyle
Sessions, hatte viel vor, war viel unterwegs. Das "eigentliche Leben"
mit Uni und Job geriet dabei oft in den Hintergrund, aber wen kümmert das...
2006
gab es dann eine bedeutende Begegnung: Kobito lernte den Rapper Refpolk
kennen und schrieb mit ihm zusammen erste Songs. MisterMo, mit dem Kobi schon
sein erstes Album aufgenommen hatte, stieß dazu und so wurde 2007 die Band
„Schlagzeiln“ gegründet. Die Formation ist rückblickend sicherlich als einer
der Wegebereiter für linkspolitischen Rap zu bezeichnen. Etwas ins Leben zu
rufen und zu festigen, andere davon zu überzeugen, dass man das Richtige tut -
das waren nicht nur einfache Zeiten.
Ebenso
kennen und lieben gelernt hat Kobito die Berliner Rapperin Sookee. Gemeinsam
starteten sie das Projekt „Deine Elstern“ und landeten mit „Augen Zu“ Ende 2010
einen Hit, der ganz neue Türen aufstieß. Plötzlich fanden sich auf Shows nicht
mehr ausschließlich Antifas und Skater ein, sondern eine breitere Masse lernte
Kobito schätzen.
Doch
nach all den Projekten und Kollaborationen wurde in ihm der Wunsch lauter,
eigenständig etwas auf die Beine stellen. Mit dem Album „Zu Eklektisch“ wagte
er 2011 einen Schritt in Richtung Unabhängigkeit. So sehr er das zu
schätzen weiß, was ihm seine Crews bringen („Augen zu“ ist nach wie vor einer
seiner Lieblingssongs), so schön ist es auch, sich freizustrampeln von den
Begrenzungen, die Zusammenarbeiten unwiderruflich mit sich bringen. Einfach
alleine das machen zu können, was einem im Kopf herumschwirrt.
Mit
„Blaupausen“, seinem aktuellen Album, will er das ausbauen, was er an
Erfahrungen vom Release mitgenommen hat. Die Musik ist noch emotionaler,
noch durchdachter. In Gegenwart von Politrap-Kollegen wie Captain Gips
und Johnny Mauser fühlt er sich zweifelsohne zu Hause - und so ist er doch
wieder beim Crew-Gedanken gelandet, denn nichts anderes ist die große
Audiolith-Familie.
Die
Quintessenz allen Schaffens von Kobito lässt sich herunterbrechen auf einen
Slogan:
Wenn du tust, was du liebst und es
klingt, wie du bist.
Diese
Leidenschaft spürt in jeder einzelnen Faser seiner Songs. Herzblut ist der
Antrieb, der ihn immer weitermachen lässt, und der ihn dorthin gebracht hat, wo
er heute ist.
„Blaupausen“
ist kein explizit politisches Album und doch sehr aussagekräftig, lässt keinen
Zweifel daran, aus welcher Richtung der Wind bläst und lässt dem Zuhörer doch
genug Spielraum, um nicht erdrückt zu werden. Leere Phrasen sucht man
vergeblich und doch gelingt es Kobito, nicht oberlehrerhaft aufzutreten und
zudem das intellektuelle Niveau gleichzeitig aufrecht zu erhalten.
Klar,
nicht jeder der 13 Tracks ist ein Tophit, aber mehr als die Hälfte der Songs
läuft bei mir mittlerweile auf Heavy Rotation, wobei der Titeltrack,
„Lass Dich Fallen“ und „Hoffnung“, eine Kollaboration mit Mal Éléve von
den großartigen Irie Révoltés aus Heidelberg, aus meiner Sicht herausragen.
In
einem Business, das von der dicken Hose regiert wird, hat Kobito sich seinen
eigenen Platz gesucht, wo Emotionen und Träumereien erlaubt sind. Wenn es das
Genre Rapper/Songwriter noch nicht gibt, sei es hiermit für Kobito erfunden.
Auf „Blaupausen“ finden sich die ehrlichsten und authentischsten Songs, die er
bislang geschrieben hat. Thematisch ist von Liebesliedern über sozialkritische
Songs bis hin zur Suche von Identität und Glück alles dabei.
Musikalisch
befreit sich Kobito erneut von Genregrenzen - Vielschichtigkeit ist das
Stichwort. Er nutzt den Platz zwischen den Stühlen bestmöglich aus. Die Musik
spricht viele Sprachen und diesmal dürfte möglicherweise sowohl für den
Gangster, als auch für Omi im Schaukelstuhl was dabei sein. Während Kobito in
"Lummerland" ruhig über eine Piano-Melodie rappt, kommen bei
"Niemals Arm" ganze Bläsersätze zum Einsatz und unterstreichen
kraftvoll die Message. Musik und Text ergänzen sich generell perfekt. Was
Kobito mit der Sprache transportieren will, wird vom Sound unterstützt. Ein
Beispiel: Wenn Kobito vom „Sonnenlicht“ spricht, dann hört man es fast aus den
Boxen funkeln. Unmöglich? Tja. Hört es euch an.
Kobito
schafft es auf jeden Fall, ein Album zu präsentieren, das Klischees außen
vorlässt, das es gar nicht nötig hat, durch Kraftausdrücke zu provozieren und
das mich durch seine herausragenden Texte zu keiner Zeit veranlasst hat, von so
fachmagazinspezifischem Müll wie Flow, Beats oder Cuts zu schreiben. Danke
dafür!
„Meine Freude wird zu deiner Freude. Lies
mich.
Alles ergibt Sinn. Blaupausen für dich.“
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