Mittwoch, 4. September 2013

Thees Uhlmann geht in die 2. Runde



Bildquelle: Badische Zeitung
(sf) Es war einmal eine Band namens TOMTE, die die Schönheit der Chance nutzte, um sich einen Platz auf der Musiklandkarte Deutschlands zu sichern und Indieherzen höher schlagen zu lassen. Aus dem einstigen Tocotronic-Roadie Thees Uhlmann wurde ein Idol, ein Macher, einer, mit dem sich Journalisten gerne unterhielten, weil er immer etwas zu erzählen hatte. Thees blieb aber er selbst, ging keinem Tresen aus dem Weg und blieb publikumsnah, obwohl er neben der Karriere als Musiker zusammen mit Kettcar-Sänger Marcus Wiebusch auch das Label Grand Hotel van Cleef gründete. Und er stand immer dazu, dass er eigentlich nicht wirklich singen kann - aber gerade das macht ihn ja so authentisch.


Es lief also. Label und Band waren erfolgreich, die Charts kannten Thees und Konsorten nicht nur vom Hörensagen, sondern mischten ordentlich vorne mit und spielten reihenweise vor ausverkauften Häusern. Für Außenstehende umso überraschender dann im Jahr 2008 die Meldung, dass sich TOMTE nach ihrem Album „Heureka“ eine Auszeit gönnen würden und Thees nunmehr auf Solopfaden wandeln würde.


Der charismatische Norddeutsche, mittlerweile ohnehin nach Berlin übergesiedelt, bastelte fortan an seinem Debütalbum, das 2011 das Licht der Welt erblickte und nahtlos an den Erfolg der Band anschloss. Der Übergang war also geglückt, was nicht weiter verwunderte, war Uhlmann doch auch unumstritten das Gesicht von TOMTE und deren Sprachrohr. Wenig überraschend war auch der Stil des selbstbetitelten Erstlings, das mit „Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluß hinauf“ nicht nur einen der längsten, sondern auch einen der ungewöhnlichsten Songtitel hervorbrachte.  Besonders gelungen war jedoch die Kooperation mit CASPER beim Track „& Jay-Z singt uns ein Lied“, für die sich Thees mit einem gemeinsamen Song auf dessen Durchbruch-Album „XOXO“ revanchierte.



Nun schreiben wir also 2013 und mit #2 steht der zweite Longplayer von Uhlmann in den Plattenläden. Ich muss gestehen: die ursprünglichen Vorfreude war aufgrund der massenhaften pseudointellektuellen bis einfach nur überflüssigen und dämlichen Posts auf seiner Facebook-Seite etwas gewichen, aber die Bestellung war aufgegeben und nun ist das Album da. Dass die FB-„Freundschaft“ mittlerweile gekündigt wurde, weil die Posts auch nach dem Release nicht nachließen, versteht sich von selbst… Es nervt einfach! Und wenn wir schon dabei sind: Uhlo, Du schuldest mir noch ein T-Shirt! Zu TOMTE-Zeiten hast Du mal ein Solo-Konzert im Atomic Café gespielt, Dich danach aber mal so richtig weggeschossen, bist beim Tanzen (als solches habe ich es zumindest interpretiert…) umgefallen und hast Dich an mir festgehalten, was mein T-Shirt nicht überlebte. Aber lassen wir das…

#2 kommt in der Deluxe-Version ganz schön protzig daher: CD 2 beinhaltet den sehr gelungenen Mitschnitt eines Konzertes in der Großen Freiheit 36 in Hamburg inklusive des Tote Hosen-Covers „Liebeslied“ und der St. Pipi-Hymne „Das hier ist Fußball“. Auf dem dritten Silberling darf man DVD-weise einen Tag mit dem Meister verbringen, aber da hatte ich bisher Besseres vor und kann noch nichts dazu sagen. Herbst und Winter stehen bevor und da komm ich dann gerne auf das Angebot zurück.

So, nun aber zum Album-Review:


1. Zugvögel


Poetischer Text, eingängige Melodie, schöne Bilder – sehr gelungener Einstieg, der Lust auf mehr macht und zur Jahreszeit passt.


2. Die Bomben meiner Stadt


Die Bomben Deiner Stadt machen also boum boum boum… Oh je! Hier passt eigentlich gar nix. Herr Wiebusch würde es bei sich selber als „kryptische Scheiße“ bezeichnen, also bin ich mal so frei und übertrage das auf Herr Uhlmann. Auch die weibliche Stimme wirkt völlig deplatziert.


3. Im Sommer nach dem Krieg


Und wieder ne 180 Grad-Drehung, sprich: diesmal kann mich Uhlmann ziemlich begeistern und liefert mit diesem musikalischen Road Movie ein tolles Ding ab, das irgendwie gute Laune macht, auch wenn der Text gar nicht so unbedingt darauf abzielt.


4. Es brennt


Hierzu fällt mit weder was Positives noch was Negatives ein. Man hört es sich halt an – es tut nicht weh, gibt mir aber auch nichts.


5.  Am 07. März


Nette Idee, ein Lied über den Geburtstag der Mutter und anderer Persönlichkeiten wie Ivan Lendl, Walter Röhrl und Bret Easton Ellis zu schreiben, aber ohne das Video ist der Song nur halb so gut.


6. Der Fluss und das Meer


Eine norddeutsche Ballade. Ich mag sie, aber ich versteh sie nicht.


7. Weiße Knöchel


Geschichten aus dem Leben sind ganz klar Thees‘ Stärke und dies ist eine solche. Eingetaucht ins Alltägliche und zurückgekehrt mit dieser Perle.


8.Trommlermann


Wenn aus dem „Little Drummer Boy“ so ein Trommlermann wird, dann sollte er lieber Kind bleiben. Find ich ganz, ganz furchtbar.


9. Zerschmettert in Stücke (im Frieden der Nacht)


Das vielleicht tollste Lied, das Thees jemals geschrieben hat. Wieder nimmt Uhlo den Hörer mit auf eine Reise – diesmal durch das nächtliche Wien und man fühlt sich ihm ganz nah. Wer schon mal dort war und beim Hören die Augen schließt, dem kommen automatisch Bilder der Stadt vors innere Auge. Der Soundtrack zu „Before Sunrise“ knapp 20 Jahre danach…


10. Kaffee & Wein


Als Tee- und Biertrinker bin ich hier wohl Außenstehender, der Track passt aber wunderbar an dieser Stelle und rettet die Stimmung des Liedes zuvor rüber.


11. Ich gebe auf mein Licht


Es wird nochmal ein bisschen schneller und Sankt Martin darf als Patron herhalten. Das wird live sicher gut funktionieren – auf CD ist es gesunder Durchschnitt, beschließt das Album aber standesgemäß.







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