Freitag, 17. Januar 2025

The Weather Station - Humanhood

(Ms) Die großen Gesten. Die überbordenden Melodien. Die ganz klaren Hymnen. Die Lieder, die an Crescendos nicht sparen. Die Songs, die vor Dynamik nur so strotzen. Die Tracks, die das ganz große Gefühl durch ganz große Töne und irre Arrangements erzeugen. Ich liebe sie. Diesen Momenten, diesen Stücken gebe ich mich so richtig gerne hin. Das eindrücklichste, umwerfendste Beispiel dazu ist ein Konzert von Sigur Rós. Ich sah sie fünf Mal live und brauche danach nichts mehr, weil es so umwerfend und intensiv ist. Doch diese großen, breit angelegten Konzerte sind ja auch sehr vorhersehbar. Das geht bei den Editors oder Get Well Soon genauso. Da ist vorher klar, dass das ein irrer Abend sein wird.

Das geht auch anders. Das Große und Imposante muss nicht immer so laut sein, muss nicht immer so vorhersehbar und erwartbar sein. Es geht auch mit leisen Tönen. Mit feinen Klängen. Mit sinnlichen Arrangements. Und an diesem Punkt kommt Tamara Lindeman ins Spiel. Seit einigen Jahren macht sie unter dem Projektnamen The Weather Station Musik. Und was für welche?! Vor drei Jahren erschien ihr letztes Album Ignorance und es hat mich ganz stark beeindruckt. Im Leisen. 
Nun erscheint am 17. Januar der Nachfolger. Die Platte heißt Humanhood und kommt mit 13 neuen Songs daher, wovon vier kleine Interluden sind. Menschheit bedeutet der Titel. Das ist sehr groß gefasst, aber halt auch sehr facettenreich. Geerdet geradezu. Erden musste sich Tamara Lindeman auf jeden Fall ganz dringend für dieses Werk. Denn nach der Veröffentlichung von Ignorance ging es ihr gar nicht gut. Sie litt unter etwas, das Depersonalisation heißt. Ihr fehlte eine Verbindung zur eigenen Identität, zum Selbst. Ihr fehlte Vertrauen. Fühlte sich entfremdet. 

Und sie fand zurück.
Ben Whiteley, Karen Ng, Philippe Melanson, Ben Boye und Kieran Adams halfen ihr dabei. Diese fünf Menschen sind ihre Band und für diesen hervorragenden Klang auf Humanhood verantwortlich. Dass es mit sechs Bandmitgliedern nicht laut und wild sein muss, aber dennoch große Töne angestoßen werden können, das beweist dieses Album. Es ist wirklich gut arrangiert. Themen ziehen sich durch dieses Werk, deuten sich an, erklingen laut, schleichen sich wieder aus. Nach dem Intro geht es mit Neon Signs direkt in die Tiefe. Ein Lied, das ihre harte Phase der Krankheit beleuchtet. Wobei genau dieses Leuchten, so wird im Text deutlich, das war, was sie gar nicht mehr erreicht hat. Klaviermelodien tragen das Stück, darunter oder -rüber Bläser und ganz prägnant: das sanft treibende Schlagzeug. Es sind erneut die großartigen Arrangements, die ein ganz hohes Niveau an musikalischer Klasse zeigen. Mirror ist ein Stück, das mich ganz schnell an Justice Electra erinnert, sehr poppig, sehr griffig mit leichter Melancholie. Wenn eine Klaviermelodie ein Ohrwurm wird, ist sie richtig gut gemacht. Im Stück geht es darum, dass wir uns in allem wiederspiegeln, unsere Handlungen sehen wir in anderen Dingen wieder, entkommen dem nicht. Ribbon ist ein leises, seichtes Stück, worin sich die Erzählerin wieder offenbart, eine persönliche Geschichte erzählt, davon wie sie mit ihrer Angst umgeht. Es lohnt sich wirklich, Tamara Lindemans Texte zu lesen. Sie reimen sich ganz selten. Sie hat eine ganz eigene Art ihre Worte zu intonieren, zu betonen, zu singen, darzubieten. Sehr kunstvoll, sehr ungewöhnlich, ziemlich großartig gemacht! Im Titelstück kulminiert sich die ganze Art des Musikmachens von Lindeman so richtig eindrücklich. Teilweise flüstert sie. Die Bläser improvisieren (so scheint es zumindest), ein Banjo erklingt im Hintergrund, eine großartige Geschichte entspannt sich gänzlich ohne Refrain durch die Takte. Das Schlagzeug sorgt auf der einen Seite für Unruhe, andererseits ordnet es auch das ganze Arrangement. Verrückt, aber es funktioniert. Und das alles im Leisen.

Sicher ist Humanhood nicht das Album, das rauf und runter laufen wird. Dafür ist es tatsächlich auch ein wenig zu unspektakulär. Ein bisschen mehr Punch könnte der Platte gut tun, um sie noch öfter hören zu wollen. Doch es bleibt ganz klar festzuhalten: Dies ist ein großartiges Album, es macht unfassbar Freude, in die Tiefe einzutauchen, die ganzen kleinen Töne zu entdecken und sich vor allem von ihren Geschichten mitnehmen zu lassen! In meinen Augen toppt es nicht Ignorance, aber es ist ganz, ganz nah dran. Im Leisen.

26.02.25 Hamburg - Nochtspeicher
28.02.25 Berlin - Silent Green


Dienstag, 14. Januar 2025

Turbostaat - Alter Zorn

Foto: Andreas Hornoff
(Ms) Alle Jahre wieder gibt es die ganz große Herausforderung im Musikjournalismus: Ein neues Turbostaat-Album wird veröffentlicht und man muss und will darüber schreiben. Aber wie?! Musikalisch sind ihre Lieder - ohne ihnen zu nahe treten zu wollen - nie soo komplex. Die Flensburger haben einen eigenen Sound entwickelt und den ziehen sie mit großer Wiedererkennbarkeit durch. Doch die Texte… sie sind oft schwer zu durchblicken. Wie man solch oft verschachtelte Lieder entziffert, haben wir ja aber alle zum Glück in der Schule gelernt: aus dem Bauch heraus!

Alter Zorn heißt das neue Album, das am 17. Januar erscheinen wird. 11 neue Tubrostaat-Lieder, die in wenigen Wochen lautstark und druckvoll durch die Hallen dieses Landes krachen werden. Wer die Gruppe je gesehen hat, weiß, wovon ich spreche! Die Fangemeinde der Band ist ja derart positiv bekloppt, dass sämtliche Stücke von vorn bis hinten mitgesungen, mitskandiert, mitgefeiert werden! Es wirklich großes Fest!

Für Alter Zorn muss ich jedoch eine Aussage von oben etwas revidieren. Der Sound ist bei weitem nicht allzu Turbostaat-klassisch. Klar: die oft hohen, schnellen Gitarren, der tanzende, sehr variable Bass und das bei manchmal allem aufkommenden Krach zusammenhaltende Schlagzeug bilden nach wie vor die Basis. Darüber hinaus wird auf diesem Album aber auch ab und an experimentiert. Nichts Außergewöhnliches, sondern die richtigen Sounds an den richtigen Momenten für eine noch höhere Unterstreichung der Dringlichkeit in Text und Musik. Das zeigt auch schon das Cover. Darauf blickt ihr langjähriger Produzent Moses Schneider verschmitzt punkig in die Kamera. Leicht vergilbt, aus einer scheinbar anderen Zeit, aber ziemlich Punk! Denn das ist ja das, was die fünf Herren aus dem Norden seit 25 Jahren machen: Punkrock! Das größte Markenzeichen dieser Musik ist ja die Unzufriedenheit und die Wut. Beide spielen auf dem neuen Album eine große Rolle und sie haben sich verlagert. Die vielen Geschichten, die oft am Watt oder der schleswig-holsteinerischen Einöde spielten, spielen nun in der Großstadt, haben eine andere Dynamik, andere Themen.

CUT!

Der obige Text war schon länger fertig, da habe ich Alter Zorn zwei, drei Mal nebenbei laufen lassen. Das verleitete mich zu den Aussagen zum Sound, zu denen ich immer noch stehe. An ein paar Stellen wurde richtig gut was ausprobiert. Doch dann wollte ich nochmal in die Tiefe gehen, die Texte wollte ich verstehen. Die Geschichten finden, ein Timbre des Albums herauskristallisieren. Doch mich umgab beim Hören nur noch gähnende Langeweile. Ein Zustand, den ich so nicht unbedingt bei Turbostaat vermutet hätte. Doch ich musste feststellen, dass mich das ewig Kryptische und der weiter abgespulte Turbostaat-Sound anöden. Geschichten von ihm und ihr und ach… Uhlande hat mich schon nicht so stark vom Hocker gehauen. Bei Alter Zorn nun fehlt mir definitiv eine Weiterentwicklung. Das Klang steht und ist beinahe schon angerostet. Ich hätte nicht gedacht, dass mich Punkrock mal so langweilen würde wie auf diesem Album. Und das tut mir richtig leid, dass ich das schreibe. Ich wollte schon ganz nüchtern und objektiv an diese Platte herangehen, aber es gelingt mir überhaupt nicht.

Ein paar spannende Phasen gibt es dennoch. Subraum ist ein überraschend unkryptischer Track über das Engerwerden in der Großstadt. Namentlich sogar benannt, es geht um Hamburg. Weg von der Küste, ab in die Metropole. Das Griffige tut der Band ganz gut. Klanglich Neues gibt es auch auf Alter Zorn, dem Titeltrack. Eine derart krass platzierte Snare habe ich bei Turbostaat noch nie gehört - wirkt richtig gut! Isolationen und Nachtschimmel sind ganz tolle Lieder. Klassische Turbostaat-Songs halt. Sie machen viel Freude, werden auf den Konzerten wunderbar aufgehen, aber entfachen kein Feuer, das diese Platte richtig strahlen lässt. Musikalisch richtig spannend ist kurz vor dem Ende noch Den Annern Sin Uhl. Erneut kommt diese Überraschung aus der Rhythmusgruppe, rollender, sehr satter Bass, marschierendes Schlagzeug und ein nie zuvor gehörtes Geräusch auf den Tracks der Flensburger.

Alter Zorn. Eine Platte einer herausragenden Band, die mich aber zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd packt und mitnimmt. Die Erwartungen waren groß, sie wurden alle nicht entfacht. Die Vorfreude pochte schon lange, ist aber zum erlahmen gekommen. Das tut mir irgendwie leid. Aber so ist das nun mal. So ist das in dem überzeugten Wissen, dass ihre Konzerte auf der kommenden Tour - dennoch oder trotzdem - großartig werden:

26.02.2025 Münster, Sputnikhalle
27.02.2025 Wolfsburg, Hallenbad
28.02.2025 Marburg, KFZ
01.03.2025 Magdeburg, Factory
02.03.2025 Rostock, Peter Weiss Haus
12.03.2025 Köln, Kantine
13.03.2025 Hannover, Faust
14.03.2025 Leer, Zollhaus
15.03.2025 Wiesbaden, Schlachthof
16.03.2025 Bochum, Bahnhof Langendreer
02.04.2025 Dresden, Tante Ju
03.04.2025 AT-Wien, Das Werk
04.04.2025 Erlangen, E-Werk
05.04.2025 Leipzig, Conne Island
16.04.2025 Jena, Kassablanca
17.04.2025 CH-Winterthur, Salzhaus
18.04.2025 CH-Bern, ISC
19.04.2025 München, Feierwerk
20.04.2025 Karlsruhe, P8
15.05.2025 Berlin, SO36
22.05.2025 Hamburg, Markthalle


Sonntag, 12. Januar 2025

Live in Bremen: B O D I E S

Foto: Timothy Wiehn
(Ms) Nein, an so einem Abend mache ich keine Fotos. Das gehört sich in meinen Augen nicht, passt nicht zur Atmosphäre und warum sollte ich mein Handy während so eines phantastischen Konzerts raus holen? Mit professionellem Equipment aus den ersten Reihen… ja, dann kann ich es verstehen. Es gab ja auch viel zu sehen. Und noch mehr zu hören.

Am Samstagabend zeigte sich die Bremer Innenstadt von ihrer schönsten Seite. Die sogenannten Lichter der City haben die großen, prächtigen Gebäude um den Roland aber auch an anderen Orten großartig illuminiert. Dazu klang teils klassische Musik und genau das war mein Weg zur Glocke. Mitten in der Stadt liegt dieser klassische Konzertsaal mit knapp 1400 Sitzplätzen. Nur wenige waren noch frei als dort im großen Saal um 20 Uhr das Licht ausging und Kat Frankies Projekt B O D I E S die Bühne betrat. Mit ihr standen Albertine Sarges, Barbara Greshake, Erika Emerson, Fama M'Boup, Liza Wolowicz, Tara Nome Doyle und Trinidad Doherty für gut 100 Minuten auf der Bühne und haben Unglaubliches vollbracht.

Spricht man von A Cappella Gruppen, kommen einem eventuell Bands wie die Wise Guys, Basta oder Maybepop in den Sinn. Damit haben B O D I E S wirklich nichts zu tun. Was sonst einen eher unterhaltsamen, mitunter flapsigen, aber dennoch natürlich musikalisch hohen Anspruch hat, hat bei diesen acht Frauen eine sehr sinnliche Seite. Die Künstlerinnen sind alle auch solo erfolgreich unterwegs, doch wirkten zusammen auf der Bühne sehr nach einer Einheit, nach einem Organismus. Oft standen sie nebeneinander. Doch es gab auch zwei große Holzelemente, die zusammen wie der Rumpf eines Schiffes aussahen. Zusammen haben sie sie auseinander geschoben und verschieden platziert. Sehr minimalistisch, sehr wirkungsvoll. Mal saßen die Sängerinnen darauf, mal standen sie, mal war es einfach nur der Hintergrund (s.u.).

Kein Rhythmusinstrument, keine Verstärkung, nur in Handmikrophon, das für den Bass genutzt wurde. Sonst nur die Stimmen der acht Frauen. Doch was heißt hier „nur“?! Mit ihren organischen Instrumenten - dem Instrument des Jahres übrigens - verzauberten sie schnell die aufmerksamen BesucherInnen. Was teilweise sehr leichtfüßig klingt, muss extrem genau sein und hochgradig professionell. Zudem würde jeder Fehler sofort auffallen. Es gab keinen.

Im Mittelpunkt stand Kat Frankie, die dieses Projekt initiiert hat, leitet, arrangiert. Sie erzählte ein wenig zu den Liedern, was dem aufmerksamen Zuhören eine unterhaltende Pause verlieh. Ja, es war kein normales Popkonzert in irgendeinem Club. Das war Hochkultur. Es war Kunst, die auch sehr gut choreographiert war. Es gab einstudierte Bewegungen, seichte Tänze, langsam aber wirkmächtig. Dann stampften sie mit den Füßen auf, schnipsten, klatschten einen Rhythmus. Oder standen sich so gegenüber, dass ein gesungenes Gespräch stattfand. Es war ein Abend, der aus viel Staunen und aufmerksamem Zuhören bestand. Es war auch ein Abend der Gestik und Mimik. Denn es ist gar nicht so leicht, die eigene Stimme zu steuern, wenn gleichzeitig sieben andere etwas anderes singen. Bewegungen der Hände, des Oberkörpers und des Gesichts helfen dabei. Das war spannend zu sehen, wie die acht Sängerinnen sich verschieden bewegten. 

Egal, welches Lied sie sangen. Die Arrangements für B O D I E S oder Kat Frankies Solo-Lieder. Es war ein eindrucksvolles Erlebnis, wie Pop zu klassischem Gesang überging. Es war beeindruckend, wie aus acht Stimmen eine Einheit wurde. Es war sanft und klar. Es war energisch und seicht. Dabei ließ sich beobachten, wie konzentriert die Sängerinnen waren aber auch wie sehr sie sich darüber gefreut haben, dass alles so aufging, wie sie es sich ausgedacht haben. Ich staune immer noch!

Geht da unbedingt hin, wer weiß, wann es die nächste Chance gibt:

12.01.2025 Darmstadt, Staatstheater
14.01.2025 Nürnberg, Löwensaal
15.01.2025 Hannover, Pavillon
16.01.2025 Köln, Philharmonie
20.01.2025 Berlin Philharmonie
25.01.2025 Erfurt, Theater Erfurt
15.02.2025 Dresden, Kulturpalast
21.02.2025 Hamburg, Elbphilharmonie
22.02.2025 Osnabrück, Botschaft
28.02.2025 Leipzig, Gewandhaus
15.03.2025 Gütersloh, Theater Gütersloh
02.12.2025 München, Isarphilharmonie

Samstag, 11. Januar 2025

KW 2, 2025: Die luserlounge selektiert

Quelle: de.wikipedia.org
(Ms) Ohje! Meloni bei Trump. Kickl vielleicht bald Kanzler. Trudeau tritt zurück. In sechs Wochen wird hier gewählt. Wie sieht die nahe Zukunft hier in diesem Jahr aus? Aus politischer Sicht natürlich sehr schlecht, wenn einem Humanismus und ganz unreligiöse Nächstenliebe am Herzen liegt. Die Faschisten sind recht erfolgreich auf dem Vormarsch. Und das zu einer Zeit, in der wir recht aufgeklärt sind. Aber genauso viele Müll-Infos gehen um. Von den Parteien, die hier bald zur Wahl stehen - und das ist jetzt nur meine ganz persönliche Meinung - sind nur die Grünen wählbar, Habeck der einzige vernünftige und glaubhafte Typ, dem ich gern meine Stimme gebe. Doch es ist wahrscheinlicher, dass die Union mit zwei Männern von vorvorgestern die Partei mit den meisten Stimmen sein wird. Von der Faschistenpartei AFD nicht mal die Rede. Wozu dann noch über Musik berichten?! Weil es sein muss! Weil wir bei aller Not und den ganzen düsteren Szenarien nicht alles andere, das Schöne und Gute und Laute und Wilde und das Im-Moment-Sein aus den Augen verlieren dürfen. Ganz wichtig. Es gibt so viele gute Menschen da draußen. Egal, was da passieren wird. Die Menschen mit dem humanistischen Herzen, mit der ganz unreligiösen Nächstenliebe, die sollten gerade stehen.

Japanese Breakfast
(Ms) Die Kunst des guten Albumtitels. Für mich gehört das immer zum musikalischen Gesamtwerk mit dazu. Einige Namen sind gar nicht mal so spektakulär. Nun gut, es muss auch nicht immer der große Wurf auf dem Wörtermarkt sein. Aber pfiffig oder griffig oder aufmerksammachend wäre schon cool. Brichst Du Mir Das Herz, Dann Brech Ich Dir Die Beine. Olli Schulz hat es vor vielen Jahren vorgemacht. Michelle Zauner zieht jetzt nach, nicht in der humorvollen Art, sondern einfach mit schönen Worten und direkt adressiert. Denn ihr großartiges Projekt Japanese Breakfast veröffentlicht am 21. März das Album For Melancholy Brunettes (& Sad Women) an. Genial, oder?! Erhält die gute, alte Melancholie wieder einen Traumplatz im Pop? Davon ist auszugehen, denn recht weit oben ist Zauner mit ihrer Band schon angekommen. Vielleicht ein klein wenig zu weit, darum geht es auf der Platte. Jubilee, der Vorgänger, war ungemein erfolgreich (und auch ungemein gut!), lief aber Gefahr, dass es alles ein wenig zu viel wird. Ein Album, um sich zu erden?! Tja, vielleicht könnte man so sagen. Orlando In Love zeigt recht eindrucksvoll, wo die Reise hingeht. Sie ist ruhiger, zarter, verletzlicher, aber auch nicht ganz so düster, wie man meinen könnte.


Eat Girls
(Ms) Avantgarde. So wurde - wenn ich mich richtig erinnere - eine Zeit lang (oder jetzt immer noch?) Musik beschrieben, die etwas schwer zugänglich aber richtungsweisend ist. Oder war. Vorweg gehen, nichts anderes bedeutet das schöne Wort. Manche Musik braucht Zeit des sich drauf Einlassens, bis sie ihre ganzen Glanz preisgibt. Im November letzten Jahres ist Area Silenzio von der französischen Band Eat Girls erschienen. Die drei Frauen dahinter experimentieren mit Loops, Synthies, verschiedensten Sounds. Es ist im Grunde genommen schon Pop, aber auch sehr, sehr frei. Dark Wave könnte es auch sein. Es mag aufs erste Hören etwas sperrig klingen. Doch ich verspreche, der schöne, kopfnickende Kern dieser Platte wird sich auf jeden Fall öffnen, wenn man sie häufiger hört. Ob diese Scheibe große Akzente setzen wird, mag ich bezweifeln, dafür ist die Band zu unbekannt. Noch. Vielleicht ist dies ja der Türöffner zu Größerem. Bezeugen kann ich es nicht, aber ich las, dass ihre Konzerte eine Wucht, ein Erlebnis sind. In den nächsten Wochen sind sie hier zu Gast und es könnte, während ich die Platte höre, wirklich sehr, sehr gut werden!

22.01.25 - Kinett, Kusel 
24.01.25 - Kantine, Köln
30.01.25 - Release Party, Hafeklang, Hamburg 
31.01.25 - Neue Zukunft, Berlin 
06.02.25 - Merlin, Stuttgart)


The White Album
(Ms) The White Album ist natürlich ein denkbar ungeschickter Name für eine Band, um mal schnell gefunden zu werden. Die Beatles haben diesen Namen für eins ihrer Alben einfach recht gut besetzt. Nun gut. Mit Sounds aus längst vergangenen Tagen hat dieses dänische Trio gar nichts gemein. Frederik Vedersø, Claus Arvad und Jakob Eilsø stecken dahinter. Sie spielen Folkpop. Also geprägt durch große Melodien und von Akustikgitarren. Mumford & Sons haben dieses Genre ja leider ein bisschen kaputt gemacht. Aber diese drei Typen aus dem europäischen Norden betreiben mit ihrer Musik Wiedergutmachung. Mindestens. Denn das, was sie hier spielen, ist einfach nur wunderschön. Es ist die Musik der Sehnsucht, der Liebe, des Zweifels, des Staunens, des zutiefst Menschlichen. Borders heißt ihr neues Album, das am 7. Februar erscheinen wird. Und während ich ihre aktuelle Single Switzerland höre, bleibt mir fast das Herz stehen. Es ist die pure Schönheit. Ja, es ist zu drei Vierteln herrlich folkpoppig, doch das wunderschöne Finale hat es in sich. Dafür wurde doch Musik erfunden, oder?! Ich finde schon!

14. Februar 2025 - Horch!, Pforzheim
15. Februar 2025 - NUN KaffeeHaus, Karlsruhe
16. Februar 2025 - Klimperstube, Freiburg
18. Februar 2025 - Pension Schmidt, Münster
19.Februar 2025 - Bar BoBu, Berlin
20.Februar 2025 - Riptide, Braunschweig
21.Februar 2025 - BIRDLAND, Hamburg
22.Februar 2025 - Tonfink Kulturcafé & Bar, Lübeck
13.März 2025 - TOR6 Theaterhaus, Bielefeld
14.März 2025 - Kirche Alt-Garbsen, Garbsen-Mitte


Ain‘t Ur Enn
(Ms) Wo steht Indie eigentlich 2025?! Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich habe nicht die geringste Ahnung und wüsste auch gar nicht mehr, was man darunter alles fassen kann und was nicht. Die Genres haben sich alle viel zu sehr vermischt, dass eine klare musikalische Linie bei Indie gar nicht mehr gegeben ist. Was bleibt, ist die Bedeutung des Namens: Unabhängigkeit. Doch wenn ich Ain‘t Ur Enn mit seinem Track A Corpse Is Lying In My Bed höre, dann fühle ich mich sichtlich zurück katapultiert ins Jahr 2008 oder so. Das geht direkt komplett nach vorn, der Gesang herrlich verzerrt, die Gitarren dominant, die Assoziationen zu allem, was damals aus Großbritannien gekommen ist, sind groß. Doch hinter diesem Namen steht Ennio De Caro aus der Schweiz. Er hat alles selbst eingespielt und veröffentlicht am 30. Mai seine erste Platte Languish auf dem sehr guten Label Tomatenplatten. Na, wenn der in den nächsten Jahren nicht beim Appletree, Haldern Pop, Immergut oder Watt En Schlick spielen wird… Ich wollt es ja nur eben mitteilen.


Ten Fé
(Ms) Musik mit Dramatik kann sehr intensiv sein. Kann die Möglichkeit entfachen, sich in ganz andere Sphären zu verflüchtigen. Das Herz schlägt schneller, die Bilder immer größer, der Grad des Eintauchens erhöht sich stetig. Beim Auftauchen wird klar, dass das auch ein wenig Kraft gekostet hat, aber auch beglückend war. Kann aber auch anstrengend werden.
Ist die Realität derzeit aber nicht anstrengend genug? Ist zwischen Waldbrand, Klimakatastrophe, Kriegen und faschistischen Regierungen hier und dort nicht mal Zeit, um runter zu fahren? Einmal innehalten? Einmal das Hamsterrad still stehen lassen? Ja, ich bin davon fest überzeugt. Und dann klingen Ten Fé aus den Boxen. Ben Moorehouse und Leo Duncan haben die Band vor Jahren in London gegründet, haben viel ausprobiert, lange Zeit elektronisch. Nun kommen sie an einem folkigen Pop an und es klingt wunderbar zurück gelehnt, entspannt, sanft, unaufgeregt, ruhig und dennoch mit einer feinen Intensität versehen. Am 24. Januar erscheint ihr neues Album Still In Love und drei Titel daraus sind schon zu hören. Einer schöner als der andere. Und ohne die ganz großen Gesten entfachen sie dennoch starke Momente. Wie Calexico nur etwas seichter und poppiger. Das tut ungeheuer gut und kann eine Platte werden, die dieses Jahr noch Wunden heilen wird.

04.02.2025 Hamburg - Nochtspeicher
05.02.2025 Berlin - Privatclub
07.02.2025 Köln – Yuca


Dota
(Ms) Wenn ein Musikstück aus heiterem Himmel voll in die eigene Realität knallt!
Diese sogenannten Gesundheits-Apps auf dem Handy, die man nicht löschen kann, habe ich vor langer Zeit deaktiviert. Doch dann ging mir mein eigener Bildschirmkonsum auf die Nerven. Dieses in die Leerestarren ist mein persönliches Armutszeugnis. Verschwendete Zeit. Komplett. Dann habe ich wieder angestellt, dass mir mein Telefon anzeigen soll, wie viel ich Zeit daran verbringe. Gruselig. Ganz, ganz schlimm. Also versuche ich mir Strategien zurecht zu legen, wie der Konsum weniger sein kann und es ist eine harte Aufgabe. Ich bin komplett süchtig und abhängig.
Davon singt auch Dota. Seit gestern. Wahnsinn! Da kommt plötzlich dieses Lied Einfach Zu Abgelenkt raus und plumpst so in meine eigenen, bereits vorhandenen Gedanken und zaubert mir ein Strahlen ins Gesicht. Ich mag das sehr. Recht hat sie im Text. Tausend Sachen schwirren über den Bildschirm, die Aufmerksamkeitsspanne sinkt, das Im-Moment-Sein schwindet. Traurig. Dota unterlegt das dann noch mit einem catchy Keyboard-Sound und macht die lyrische Tristesse tanzbar. Dieser Twist gefällt mir sehr. Dazu kommt wieder ein eigenes Album raus, Springbrunnen wird es heißen und am 27. Juni veröffentlicht. Wer Dota zuletzt live sah, hat Einfach Zu Abgelenkt auch schon hören dürfen. Großartig! Ich freue mich sehr auf neue Lieder dieser klugen, unglaublich sympathischen, aktivistischen, talentierten Künstlerin!

Sonntag, 5. Januar 2025

Vorschau 2025 - Teil 2

Quelle: Nordsee-zeitung.de
(Ms) Die richtige Musik beim Autofahren. Das ist gar nicht so leid, sie zu finden. Große Strecken fahre ich nicht, aber ein wenig Beschallung für die alltäglichen Routen ist schön. Längere Zeit habe ich gerne Radio21 gehört. Da geht es regelmäßig im Gitarrenbereich ganz gut nach vorn, aber die Werbung nervt. Hinzu kommt eine gewisse Wiederholung der immer gleichen Songs. Ja, das ist bei anderen Sendern sicher genauso und auch irgendwie logisch, nerven tut es trotzdem. Letztens war mir der Krach aber zu viel und ich habe nach einer Alternative gesucht und bin bei einem Sender hängen geblieben, den ich mir nicht unbedingt als erstes gesucht hätte, nun aber wirklich ganz toll finde. Es ist NDR Kultur. Und es gibt einige Gründe, warum ich da nun gern rein schalte. Zum Einen ist es viel ruhiger. Das Programm besteht aus Klassik, ältere und modernere Kompositionen und auch mal eine Oper. Das ist richtig schön, tut meinen Ohren sehr gut. Was mich dabei noch mehr begeistert, ist, wie die ModeratorInnen über das Gehörte sprechen. Die sind richtig gut informiert und finden ganz herausragende Worte für die Musik. Außerdem berichtet der Sender über Ausstellungen, Dokumentationen und allerhand Wissenswertes aus dem Kulturbereich, daher ja auch der Name. Mit NDR Kultur gehe ich autofahrend ins neue Jahr!

The Weather Station
Süchtig oder abhängig zu sein ist natürlich etwas wenig Erstrebenswertes. Oft macht es uns Menschen kaputt, psychisch oder physisch oder beides. Doch es gibt auch die ein oder andere gute Sucht, wenn man das denn so sagen kann. Nach Tamara Lindemans Musik bin ich zum Beispiel süchtig. Mit Robber hat sie mich vor ein paar Jahren abhängig gemacht und nun liege ich am Tropf und warte stets auf neue Töne. Ihr musikalisches Projekt nennt sie The Weather Station und schon am 17. Januar kommt ihr neues Album Humanhood heraus. Was mich seit jeher so begeistert sind ihre Arrangements der Stücke. Das ist vorwiegend sehr weich, zart und schlau gemacht. Gerne setzt sie ein paar Bläser ein, dezent aber wirkmächtig. Und sie versteht es wirklich ungeheuer gut, seichte Dynamiken und Energien aufzubauen, die nicht überbordend, sondern unterschwellig stark sind. Das gefällt mir außerordentlich gut und die neue Platte wird toll - versprochen!

26.02. Hamburg, Nochtspeicher
28.02. Berlin, Silent Green


Herrenmagazin
Bands am Sound erkennen in den ersten Sekunden des Stücks. Bei vielen unmöglich, weil es sehr breiig ist. Bei Herrenmagazin behaupte ich: Es ist möglich! Und das sogar am Schlagzeugspiel! Es sind nur wenige Momente, bevor die Gitarre einsetzt bei Fragment, der neuen Single. Doch vergleichbare Bands spielen anders Schlagzeug, langsamer oder mit anderem Rhythmus oder würden mit einem Beat das Stück nicht beginnen lassen. Wie dem auch sei: Herrenmagazin sind wieder da und bringen dieses Jahr ein neues Album raus - Wahnsinn! Am 28. März erscheint Du Hast Hier Nichts Verloren und es kickt mich direkt in eine andere Zeit zurück. Es ist vor allem Deniz Jaspersens Stimme, die mich lange begleitet hat. Um die 10er-Jahre kamen ihre letzten Alben raus, da war ich in einer Phase zwischen Ende der Schulzeit, FSJ, Beginn des Studiums und Herrenmagazin-Lieder waren ein stetiger Begleiter. Wucht in den Gitarren, Texte sehr nah am Leben, zerbrechlich und am Ende doch mit erhobenem Kopf. Nun sind wir alle älter geworden, doch die Energie ist die gleiche. Und die Vorfreude auf diese Platte ist enorm - versprochen!

11.04.25 Frankfurt, Nachtleben
12.04.25 Stuttgart, JuHa West
01.05.25 Hamburg, Uebel & Gefährlich
02.05.25 Hannover, Bei Chéz Heinz
03.05.25 Berlin, Bi Nuu
17.10.25 Dresden, GrooveStation
18.10.25 München, Kranhalle
20.10.25 Leipizg, Naumanns
21.10.25 Kassel, Goldgrube
22.10.25 Essen, Zeche Carl
23.10.25 Köln, Gebäude 9
24.10.25 Bremen, Tower


Waving The Guns
Ab wann weiß man, dass man etwas vermisst? Wann tritt der bewusste Punkt ein, wo diese Erkenntnis auch im Kopf angekommen ist?! Das Verschwinden erstmal ist oft ein schleichender Prozess. Oft wird das Alte durch Neues überlagert, dann vergeht etwas Zeit und dann kommt oft der Aha-Effekt! Der trat bei mir vor ein paar Wochen ein, als ich merkte: Geil, Waving The Guns, das lief vor ein paar Jahren rauf und runter und war zuletzt komplett weg. Klar, zum Einen habe ich wesentlich weniger Rap gehört, zum Anderen hat mich Am Käfig Rütteln, die letzte Platte, gar nicht so sehr abgeholt. Doch nun geht es weiter, Zwischen Wand Und Tapete heißt das neue Album und erscheint am 28. Februar mit anschließender großer Tour. Klebrig und Bigotterie haben bei mir wieder voll eingeschlagen und zu erkennen gegeben, dass ich Milli Dance vermisst habe auf meinen Kopfhörern. Nun ist es wieder soweit. Diese Platte wird ballern - versprochen! 

13.03.2025 Rostock - M.A.U. Club (Zusatzshow)
15.03.2025 Rostock - M.A.U. Club (Ausverkauft)
20.03.2025 Dresden - Tante Ju
21.03.2025 Wien (AT) - Flex
22.03.2025 Graz (AT) - p.p.c.
23.03.2025 Innsbruck (AT) - P.M.K
25.03.2025 Zürich (CH) - Dynamo
26.03.2025 Stuttgart - Lehmann Club
27.03.2025 München - Strom
28.03.2025 Nürnberg - Z-Bau
29.03.2025 Jena - Kassablanca
03.04.2025 Dortmund - Junkyard
04.04.2025 Frankfurt - Das Bett
05.04.2025 Heidelberg - Karlstorbahnhof
10.04.2025 Hannover - Kulturzentrum Faust
11.04.2025 Köln - Stollwerck
12.04.2025 Bremen - Schlachthof
17.04.2025 Hamburg - Markthalle
25.04.2025 Leipzig - Werk2
26.04.2025 Berlin - Huxleys neue Welt


Turbostaat
Was haben Turbostaat und Ferdinand von Schirach gemeinsam? Dies ist die kleine Geschichte, um diese Frage zu beantworten. Denn ich bin Turbostaat sehr dankbar und das nicht nur wegen ihrer immensen Musik. Sondern sie waren der Stein des Anstoßes, um mich mit einem juristisch-historischen Thema intensiver auseinanderzusetzen. Und das geht so: Ende 2019 veröffentlichten sie Rattenlinie Nord über eine Fluchtroute ranghoher Nazis, um nach der Kapitulation unterzutauchen. Vielen ist das gelungen und sie wurden für ihre Verbrechen nie zur Rechenschaft gezogen. Vor ein, zwei Jahren stöberte ich in meiner Lieblingsbuchhandlung und sag ein Buch, das Die Rattenlinie heißt. Philippe Sands ist der Autor, der den Weg von Otto Wächter nachzeichnet. In Krakau und Galizien war er für tausendfachen Mord verantwortlich und ist nach Ende des Krieges nach Italien geflohen, wo er starb und auch nie zur Rechenschaft gezogen wurde. Das war der Beginn, mich mit der juristischen Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen auseinanderzusetzen. Am Donnerstagabend dann sah ich mir Der Fall Collini in der ARD Mediathek an, die Verfilmung des Romans von Ferdinand von Schirach (Kreis geschlossen). Darin geht es auch darum, wie Nazis nach 1945 im Justizwesen aktiv waren und Gesetze wie das Dreher-Gesetz verabschiedeten, um sich selbst freizusprechen oder zumindest eine perfide Verjährungsfrist rechtens zu machen. So.
Was ich sagen will: Am 17. Januar erscheint mit Alter Zorn die neue Platte von Turbostaat. Das wird enorm - versprochen!

26.02.2025 Münster, Sputnikhalle
27.02.2025 Wolfsburg, Hallenbad
28.02.2025 Marburg, KFZ
01.03.2025 Magdeburg, Factory
02.03.2025 Rostock, Peter Weiss Haus
12.03.2025 Köln, Kantine
13.03.2025 Hannover, Faust
14.03.2025 Leer, Zollhaus
15.03.2025 Wiesbaden, Schlachthof
16.03.2025 Bochum, Bahnhof Langendreer
02.04.2025 Dresden, Tante Ju
03.04.2025 AT-Wien, Das Werk
04.04.2025 Erlangen, E-Werk
05.04.2025 Leipzig, Conne Island
16.04.2025 Jena, Kassablanca
17.04.2025 CH-Winterthur, Salzhaus
18.04.2025 CH-Bern, ISC
19.04.2025 München, Feierwerk
20.04.2025 Karlsruhe, P8
15.05.2025 Berlin, SO36
22.05.2025 Hamburg, Markthalle

Freitag, 3. Januar 2025

Vorschau 2025 - Teil 1

Quelle: Nordsee-Zeitung.de
(Ms) Einen Blog zu schreiben, scheint mir immer anachronistischer zu sein. Vor allem tun wir das hier für uns, weil es Spaß macht. Aber es ist natürlich auch immer ein schönes Zeichen, wenn andere Menschen das lesen. Oder KünstlerInnen darauf aufmerksam werden. Auf der anderen Seite ist dies auch nur ein Hobby, das sieht man ja am Layout, das seit Jahren gleich ist. Natürlich könnte das alles ein wenig peppiger sein, aber es geht ja um den Inhalt und nicht um die Form. Mit so einer Internetseite ist nicht viel zu holen, das ist klar. Dennoch steckt viel Herz und bei vielen Artikeln auch echt eine Menge Zeit darin. Noch nie haben wir Passagen aus Pressetexten übernommen, uns immer ein eigenes Bild gemacht. Tatsächlich ist dieser Blog auch ein selbst erhaltendes System für Neues im Musikbereich geworden. So ist und bleibt es ein Mix aus Freizeit, Lust am Schreiben, der Liebe zur Musik und der irgendwo wohnenden Überzeugung, dass das bestimmt noch irgendwer liest. Vielen Dank, du!

Das neue Jahr hat noch wenig berichtenswerte Musik hervorgebracht. Daher gibt es einen kleinen Zweiteiler über das, was dieses Jahr spannend wird. Versprochen. Los geht‘s:

AB Syndrom
Lange Zeit hat mich die Musik dieses Duos gar nicht so sehr gepackt. Oft braucht es ja diesen einen, initiierenden Moment. Den gab es in der Oldenburger Umbaubar. Im November 2022 spielten sie in diesem kleinen Laden und es war ein imposanter Auftritt. Die Energie, die die beiden an den Tag legen, hat mich sehr beeindruckt. Die Persönlichkeit der Texte, das Tanzbare der Melodien und Rhythmen. Ein Vergleich fällt mir dazu nicht ein, was ihre Musik umso spannender macht! Am 28. März wird ihr neues Album Implosion erscheinen. Ein weiteres Mal wird es sich lohnen, diese Verse auf sich wirken zu lassen. Da steckt eine Menge drin, versprochen!

22.04.2025- Leipzig, Naumanns
23.04.2025 - Dresden, Beatpol
24.04.2025 - Berlin, Hole 44
25.04.2025 - Hamburg, Bahnhof Pauli
26.04.2025 - Nürnberg, Club Stereo
27.04.2025 - München, Milla
29.04.2025 - Stuttgart, Im Wizemann
30.04.2025 - Mainz, Schon Schön
02.05.2025 - Kön, Jaki
03.05.2025 - Aarau, Kiff
04.05.2025 - Winterthur, Albani


Tocotronic
Gibt es über diese Band noch etwas zu schreiben? Eine Geschichte, die noch nicht erzählt wurde? Vielleicht nicht, vielleicht weiß man schon alles über Tocotronic. Für mich persönlich waren sie immer schon da. Es müsste Mein Prinz sein, mit diesen Stück habe ich als ca. 15-Jähriger begonnen ihre Musik zu hören. Natürlich habe ich bis heute nicht alles verstanden, was Dirk von Lowtzow je gedichtet hat. Aber das macht es für mich auch aus: Diese Band ist etwas unnahbar, ich mag diese Selbstverortung in einem intellektuellen Schwebezustand. Aber ich mag auch die Liebe, Harmonie und den Zorn, den sie immer wieder prominent in ihren Texten zum Ausdruck bringen. Golden Years heißt also die neue Platte, die am 14. Februar erscheinen wird. Womit werden sie noch überraschen?! Ich weiß es nicht, aber es wird gut, versprochen!

19.03.25 Leipzig, Felsenkeller
20.03.25 Stuttgart, Im Wizemann
21.03.25 Nürnberg, Z-Bau
22.03.25 Wien, Konzerthaus
26.03.25 München, Tonhalle
27.03.25 Freiburg, E-Werk
28.03.25 Zürich, X-tra
29.03.25 Wiesbaden, Schlachthof
09.04.25 Bremen, Schlachthof
10.04.25 Dortmund, FZW
11.04.25 Hannover, Capitol
12.04.25 Köln, E-Werk
20.04.25 Berlin, Columbiahalle
26.04.25 Hamburg, Große Freiheit



Tunng
Musik ist Kunst. Es ist ein komplexer, oft lang andauernder Prozess, bis ein Lied oder gar ein ganzes Album steht. Bis eine Band damit zufrieden ist. Ist der Rhythmus auf diesem Track gut so? Ist das nicht etwas schleppend? Können wir bei diesem Song nicht noch eine Trompete drauf legen? Für das Lied habe ich noch ein paar gute, passende Sounds gefunden. Musik ist auch ein Aushandlungsprozess. Aber vor allem Kreativität und Ausdruck von Nichtsagbarem. Das fühle ich, wenn ich Tunng höre. Erst mit ihrem letzten Album Dead Club bin ich auf diese wahnsinnige Gruppe aufmerksam geworden. Die Stimmen sind wunderschön, sehr warm. Und dann dieser Sound, zart und verspielt, klug und intuitiv. Das ist ein tolles Gesamtbild, das ist große Kunst und am 24. Januar schon kommt ihr neues Album Love You All Over Again. Es wird richtig schön, versprochen!

09.03.25 - Berlin - Silent Green
10.03.25 - Köln - Gebäude 9


 

Oehl
Ganz oben steht das Wort anachronistisch. Das trifft auch auf mich zu, wenn ich sage, dass ich mp3-Dateien zum Musikhören auf dem Handy habe. Ein paar Wochen bevor ein neues Album erscheint, darf ich oft reinhören, oft gibt es dann als Download. Also bleibt es auf dem Handy. Was ich sagen will: Musik läuft bei mir zum Teil über Spotify, zum Teil über mp3 und zum Teil über Vinyl. Vor ein paar Wochen wurde uns allen ja das Wrapped aufs Display gespielt und siehe da: Oehl war zumindest beim Streamen meine Top 1! Und das mochte ich direkt, da ich das gar nicht erwartet habe. Doch dann… nochmal drüber nachgedacht… kann das wirklich gut sein. Denn Oehls Musik höre ich sehr gerne morgens direkt nach dem Aufstehen. Das Poetische, Lyrische, das Ruhige, das Ehrliche und manchmal auch Krasse, was seine Texte auszeichnet ist ideal für ruhige Momente. Seitdem Wolken veröffentlicht wurde, bin ich dabei und ich mag es, seine Entwicklung zu beobachten. Am 14. März erscheint Lieben Wir, sein neues Album und ich freue mich ungemein drauf. Das wird wunderschön, versprochen!

20.03.2025 Köln, Gebäude 9
21.03.2025 Frankfurt, Brotfabrik
22.03.2025 Stuttgart, Schräglage
23.03.2025 München, Ampere
26.03.2025 AT-Graz, PPC
27.03.2025 AT-Salzburg, Rockhouse
28.03.2025 AT-Villach, Kulturhof
29.03.2015 AT-Innsbruck, Treibhaus
02.04.2025 Leipzig, Moritzbastei
03.04.2025 Hannover, LUX
04.04.2025 Hamburg, Bahnhof Pauli
05.04.2025 Berlin, Säälchen
11.04.2025 CH-Zürich, Exil
12.04.2025 AT-Dornbirn, Spielboden



Samstag, 28. Dezember 2024

Live in Bremen: Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen

Foto: luserlounge
(Ms) Erstmal ein Hoch auf diesen Laden. Das Lagerhaus in Bremens Viertel ist ein ganz phantastischer Ort! Nicht nur Theater, Lesungen und Konzerte finden dort statt, sondern es gibt auch noch eine Kneipe und viel Arbeit in puncto Migration und Bildung. Hier kommen richtig viele gute Menschen zusammen, um ein buntes, vielfältiges Kulturprogramm auf die Beine zu stellen und am Leben zu halten. Die Preise sind fair, der Sound ist gut, was will man also mehr?! Genau, immer wieder kommen!
So tut es auch die Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen! Jedes Jahr nach Weihnachten machen sie eine Mini-Tour. Bremen, Hamburg, Berlin. Am 27. Dezember schauen sie stets im Lagerhaus vorbei und sorgen für allerbeste Unterhaltung. Jedes Jahr schaffen sie es zudem, richtig gute Gäste dabei zu haben.
Als Support waren dieses Mal Die Feigen Flittchen dabei! Was für ein genialer Name, was für ein irrer Auftritt. Das Trio aus Hamburg macht im Grunde genommen Rockmusik nur halt mit einer sehr eigenen Handschrift. Sie powern ordentlich durch ihre Songs, legen - nicht wertend gemeint - auf Perfektion nicht so viel Wert und erzählen brillante Geschichten. Zum Beispiel über Holgers geile Brille. Messer, Lili und ihr Drummer hatten sichtlich viel Spaß, obwohl (oder weil) zum ersten Mal live eine Seite gerissen ist. Diese Band bleibt in jedem Fall in Erinnerung und es ist nicht das letzte Mal, dass an dieser Stelle von Die Feigen Flittchen zu lesen ist! Das sollte man erlebt haben!

Kurze Umbauphase und um 21 Uhr ging es weiter. Mittlerweile war das Lagerhaus gut gefüllt ohne dass es zu eng wurde. Dann betraten Fabio Papias, Tim Jürgens, Carsten Friedrichs, Gunther Buskies und Heiko Franz die Bühne und es ging gut 100 Minuten ordentlich ab. Vor allem war es ganz schön laut, hui! Hauptsächlich gab es natürlich zahlreiche phantastische Lieder zu belauschen. Charakteristisch ist natürlich dabei, wie sich Carsten Friedrichs gerne in seien Ansagen verliert, wie konzentriert Fabio Papias die E-Gitarre bearbeitet, wie geschickt Gunther Buskies das Keyboard im Gleichgewicht halten kann, wie lässig Tim Jürgens den Bass spielt und vor allem wie kraftvoll und irre leidenschaftlich Heiko Franz Schlagzeug spielt. Es macht einfach sehr viel Freude, dieser Gruppe beim Spielen zuzusehen. Neben vielen Geschichten zum Schmunzeln gibt es auch lebenswichtige Tipps wie den Titel eines neuen Stücks: Hast Du Ein Problem - Scheiß Drauf! Ha, so einfach ist das also! Damit kam gleich die Ankündigung, dass die Liga im Frühjahr ein neues Album veröffentlichen wird. Neben den ganzen Krachern wie Kennst Du Werner Enke, Ferien Für Immer, Ein Leben In Rot Mit Purpurnen Blitzen oder Der Kleine Matratzenmarkt haben sie sich noch was ausgedacht! Denn ein weiterer Supergast wartete auf seinen Auftritt: Andreas Dorau ist mir nach Bremen gefahren und hat drei Lieder performt. Praktischerweise hat er ja mal mit der Liga ein Album aufgenommen. Ein Lied wie Flaschenpfand ist natürlich reine, große, wunderbare Kunst… „8, 15, 25 Cent, ein jeder diese Zahlen kennt“… herrlich!

Und dann war es schon wieder vorbei. Die Liga im Lagerhaus. Diese Tradition ist ein schöner fester Termin im Konzertekalender und beendet das Livejahr 2024! Ein überaus würdiger Abschluss!