Dienstag, 19. November 2024

Das Format - Das Format

Foto: Manuel Nieberle
(Ms) Druck. Energiefreisetzung. Brodelnde Dynamiken. Einen neuralgischen Punkt erreichen. Explosion. Wucht. Das geplante Chaos.

Das sind Faktoren, die, wenn Musik sie erschafft, richtig viel Wumms haben. Wenn der Krach so gut geplant ist, dass es zwar ungeheuer laut ist, aber den Genuss nicht verdrängt. Da ist auf der einen Seite die Musik, die nach vorne treibt. Das ist völlig genreunabhängig. Der Rausch kann auch beim Techno entstehen. Doch wird sind hier ja seit jeher der Gitarrenmusik verfallen. Und so sind es wieder Schlagzeug, Bass, Stimme und Gitarre, die hier in ungeahntem Maße und in ungeheurer Intensität zuschlagen. Denn neben den sehr gut arrangierten Melodien und Riffs agieren hier auch noch Texte, die den Rausch noch weiter intensivieren. Die dazugehörigen Gruppe heißt Das Format und am Freitag (22. November) veröffentlichen sie ihr selbstbetiteltes Debütalbum! Es sind 34 Minuten und 34 Sekunden, die nur eine Richtung kennen: Im wilden Wirbel nach vorn, vorn, vorn!
Die drei Herren sind dabei keine Neulinge auf diesem Gebiet. Bruno Tenschert ist als Der Herr Polaris bekannt, Maximilian Stephan ist Sänger und Gitarrist von Carpet, Maximilian Wörle ist unter anderem Produzent. Ich mag es sehr, wenn so viel Know-How mit im Spiel ist. Denn die Explosionen, die ihre neun Tracks immer wieder abfeuern, können ja musikalisch geplant werden. Auch wenn es oft schrammelt und zerrt, hier gibt es sicher wenig Zufälle.

Dieses Album hat zwei Kerne. Der eine ist auf jeden Fall der satte Sound. Intensive Rockgitarren, tiefer Bass und hämmerndes Schlagzeug haben hier das Sagen. Der andere Kern sind die Texte. Denn sie sind Kunst. Oft sind sie so unkonkret, dass den doppelten Böden der Interpretation freies Spiel gelassen wird. Dann gibt es wieder Verse, die in dem geordneten Krach die Faust heben lässt und die mitgegrölt werden wollen.
Liegen Lernen ist das erste Stück dieser Platte, startet mit dominantem Bass. In den übersichtlichen Versen - nicht wertend gemeint - ist sofort zu sehen und hören, dass Sprache hier auch ein Spielzeug ist. Wenn Worte verschoben werden, verschiebt sich auch die Bedeutung. Mal nur um wenige Plätze im Satz. „Die Kunst einfach zu sein und einfach einfach zu bleiben.“ Ja, Recht haben sie! Der Satz, der der Seele gut tut, scheppert mit ordentlich Wumms! Deine Mutter ist keine Aneinanderreihung dämlicher Sprüche, sondern eine kleine Geschichte, die davon erzählt, wer denn die Verantwortung haben soll und sie nicht erfüllt. Wir Wären Nicht Wir ist einfach nur ein Brecher, 1:16 Minute Vollgas! Bäm! Lichtmaschine verhandelt mit wiederholenden Versen und aufgedrehten Boxen, wem wir was noch glauben können. Uns oder jemand anderem? Und war das nicht mal alles anders als und versprochen wurde?! Ja, oder?
14:30 ist eine textliche und musikalische Pause in der Mitte. Einmal kurz hinsetzen und den Hut vor Rio Reiser ziehen. Den Kern der Doppeldeutigkeiten bietet Unzufrieden mit einem einfachen, aber so vielfältig einsetzbaren Satz: „Ich bin unzufrieden mit meiner Zufriedenheit.“ Tja, wann sind wir denn endlich satt?! Und wann sollten wir es nicht sein?! Spannende Zeiten! Therapiestunden tut weh und ich denke, dass soll der Song auch! Er ist großartig arrangiert. Ich mag diese mäandernden Teile, die sich langsam aufbauen und ergänzen. Insbesondere der Bass sticht auf dieser Platte immer wieder als ungeheuer gut eingesetzt heraus!

Am Ende knallt dieses Album nochmal in all seiner Stärke. Die Stücke bis hierher waren schon wirklich genial. Musikalisch, textlich, offen und schroff. Das letzte Lied heißt Lösung und zeigt nochmal eine ganz andere Herangehensweise ans Texteschreiben. Auch hier mangelt es nicht an Wiederholungen und ihrer Varianz aber die inhaltliche Ebene wird extrem gut damit zugespitzt! Es geht um die Probleme einer Beziehung (so mein Deutungsansatz) und dass das schnelle Infragestellen eben dieser eine plumpe, feige Strategie ist. Denn wenn das Gegenüber gar nicht erst gefragt wird, ist dieser Satz mehr als gerechtfertigt: „Wenn das deine Lösung ist, will ich mein Problem zurück.“

Ja, auf deutsch zu texten ist eine große Herausforderung, wenn die Sprache kunstvoll sein soll. Das ist hier überaus gut gelungen. Die mächtige, mitunter krachende Musik ist die perfekte Begleitung dafür. Das Format! Was für eine Band, was für ein Album! Wow!



Freitag, 15. November 2024

KW 46, 2024: Die luserlounge selektiert

Quelle: pngtree.com
(Sb/ms) Eine Lanze für die Behörden. Was komisch klingt, ist auch komisch, weil man selten davon hört. Aber umso eher muss es raus in die Welt.
Niemand möchte gerne mit dem Finanzamt zu tun haben und das geht mir genauso. Leider muss man ja aber manchmal. Und dann kommt Post. Und dann muss man zahlen. Und das ist manchmal gar nicht mal so cool. Aber so sind die Regeln. Doch dann entdeckte ich einen Fehler im Finanzamtbrief und dachte mir: Och, nöö, jetzt muss ich mich ja beim ollen Amt melden. Doch in einer freien Minute am Montagmorgen ging ein super freundlicher Kerl dort ans Telefon und meinte: Jau, das ist alles gar kein Problem, das können Sie direkt ändern, da reicht eine Mail und dann senden wir Ihnen das korrigiert zu. Wow, dachte ich. Das ging ja schnell und entspannt! Zahlen muss ich denen immer noch. Aber es ist auch schön zu wissen, dass in einem verrufenen Amt wie dem Finanzamt ganz normale, nette Menschen arbeiten! 

Friska Viljor
(Ms) Über einige Bands in diesem Jahr zu schreiben, fühlt sich komisch an. Gut und seltsam gleichzeitig. Friska Viljor gehören dazu. In den 00er-Jahren waren die beiden Schweden ganz große Indie-Könige. Mit ihrem Album Broken von 2019 habe ich sie tatsächlich auch nochmal live gesehen und war total angetan, dass die gleiche Energie von früher noch so viel Kraft hat. Doch irgendwie ist es auch eine Band, die schon lange nicht mehr bei mir läuft. Warum eigentlich?! Vielleicht brauche ich keine euphorischen lalala-Gesänge mehr, vielleicht haben sich die Musikhörbedürfnisse ein wenig geändert. Doch ein bisschen Nostalgie ist immer okay. Oder? Ja, auf jeden Fall! Insbesondere wenn die Band ihre alten Stücke in ein leises, schönes, leicht schwerfälliges aber tolles Gewand packen. Inbreeds zum Beispiel. Mit Blaseklavier, gezupften Gitarren, Trompete, ohne Verstärkung. Das hat schon viel Heimeligkeit und eine schöne Intensität. Vielleicht brauche ich ja doch mehr lalala-Gesänge als gedacht Mitte dreißig… 



100blumen
(Ms) Es ist ja nicht nur die letzte Woche. Es sind insgesamt völlig verrückte Zeiten, oder?! Zum Einen gab es noch nie so viele progressive, innovative Ideen zur Gesellschaftsgestaltung. Klimarettung, fluide Geschlechterbilder, eine andere Art des Zusammenlebens, die auf den Menschen und nicht auf seine Herkunft oder sein Aussehen oder sein gesellschaftlichen Stand achtet. Gleichzeitig ist die Rechte sehr mächtig, nutzt sicher auch diese Bestrebungen, um sie in ihr Gegenteil zu verkehren und völlig irre Sündenböcke zu erschaffen. Man kann sich ja nur noch an den Kopf fassen! Oder laut sein! Wie intensiv das geht, erfuhr ich vor wenigen Wochen, als 100blumen in Hamburg beim Rookie Fest spielten. Die Düsseldorfer Band kannte ich vorher gar nicht, hat aber energiemäßig aus dem Vollen geschöpft! Was war das bitte für ein unerbittlicher Abriss! Pausenlos peitschten Gitarre, Bass, Schlagzeug und allerhand elektronische Spielereien nach vorn. Insbesondere der Einsatz der Synthies hatte mächtig Wumms! Nun haben sie auch das Herz auf der richtigen Seite, teilen ordentlich aus und analysieren sehr genau. Die Kinder heißt ihre aktuelle Single, die anlässlich des 9. November erschien. Sie stellen die Fragen: Wie wird es denn weitergehen, wenn die AfD so punktet und Merz Positionen aus dem 18. Jahrhundert salonfähig macht und Söder so unglaublich dämlich gegen die Grünen wettert? „Die Kinder auf dem Feld, sie preisen die Faschisten / Für den Dreck in dem sie graben.“ Laut sein, Rückgrat zeigen, dagegen halten, Liebe schenken, wissen, dass Humanismus nicht verhandelbar ist. Wer diese Band demnächst sehen kann - tut es! Wir sehen uns in Bremen!

30.11.24 Düsseldorf, Weltkunstzimmer
13.12.24 Weimar, Gerber
14.12.24 Plauen, Malzhaus – Krawampus Fest #5
07.02.25 Bremen, Lila Eule
08.02.25 Köln, Sonic Ballroom
14.02.25 Oberhausen, Druckluft
15.02.25 Erfurt, AJZ


Fazerdaze
(Ms) Dieser Moment, wenn ein neues Lied läuft, womöglich von einer bis dato unbekannten Band, und es macht direkt: Yes! Da schwingt etwas, das mich anspricht. Da ist etwas drin, was ich sofort in Gänze hören will. In diesem Fall ist es eine spannende Art der Sanftheit. Verträumte Melodien wechseln sich ab, überlagern sich, weiche Synthie-Töne verbreiten einen tanzbaren Groove. Genauso lässt es sich herrlich auf dem Sofa dahin schwelgen. Das ist schon sehr vielschichtig, was Fazerdaze da macht. Mein Kopf zumindest fängt sofort zu wippen an, die Atmosphäre spricht mich an, ich tauche ab. Amelia Murray aus Neuseeland steckt dahinter und ihr musikalischer Zauber zieht mich schnell in den Bann. Es ist ein wenig 80er-Retro, aber viel klarer abgemischt. Dazu verströmt beispielsweise Cherry Pie eine unglaubliche Größe. Nicht nur musikalisch durch die breit angelegten Synthie-Flächen, sondern auch von der Haltung hinter dem Song. Das ist unglaublich gut arrangiert, das hat richtig viel Kraft, ganz viele Menschen zusammen zu bringen. Pop, Indie, Elektronika. Hier können sich sicherlich viele einigen. Und das, ohne dass die Musik beliebig erscheint. Heute erscheint ihr neues Album Soft Power und selten war ein Albumtitel derart treffend gewählt, um die eigene Musik zu beschreiben! Ja, Fazerdaze, schlag zu mit der sanften Kraft! 

Live in Bremen: Nichtseattle

Foto: luserlounge
(Ms) Was ist Kunst, wenn wir über Musik sprechen? In meinen Augen kann diese Frage in zwei weitere aufgesplittet werden. Zum Einen geht es dabei um das musikalische Arrangement, die Instrumentierung. Wie klingt das Stück wenn der Text weg ist? Wie fein werden die Instrumente gespielt? Wie viel Können steckt darin? Wie werden Dynamiken aufgebaut? Wie entsteht Energie? Was bringt mich dazu, dass ich mitschwinge, den Kopf wippen lasse oder sogar tanzen will?!
Auf der anderen Seite steht für mich die Kunst des Texteschreibens. Immer wenn ich über nicht-deutschsprachige Musik hier schreibe, fällt mir das leider etwas schwerer. Klar, ich verstehe und spreche englisch, aber manchmal kann ich gar nicht so gut durch die Kunst des englischen Dichtens durchsteigen. Auf Deutsch fällt es mir bedeutend leichter.
Einen guten Text schreiben - das ist Kunst. Doch was bedeutet das? Was ist ein guter deutscher Song? Er muss mich packen. Egal, auf welcher Ebene. Er kann lustig, unterhaltend sein wie Carsten Friedrichs es oft macht. Da schwinge ich schnell mit, schmunzle, fühle mich wohl. Wenn Judith Holfernes tief aus dem Leben schöpft, denke ich auch nur: Nein, das ist kein Kitsch, so ist es in echt. Wenn Markus Wiebusch und Reimer Bustorff wieder das Storytelling in Perfektion darbieten und auf Probleme aufmerksam machen, dann packt mich das ebenso. Und dann ist da Katharina Kollmann. Sie nennt sich Nichtseattle und macht seit einigen Jahren Musik.
In diesem Jahr erschien ihr neues Album Haus. Noch nie wurde ich direkt beim ersten Hören vom ersten Stück derart angesprochen. Das klingt ganz weich, ganz sanft und zugleich zum Wohlfühlen dicht. Das ist also musikalisch wirklich gut, fein und geschickt gemacht. Und dann schlägt sie auf der Textebene in noch krasserem Maße zu. Denn sie beherrscht eine große Kunstform, hat sicher auch viel Talent dafür. Sie schreibt ihre Lieder auch aus dem Leben, über das Leben, ist also thematisch sehr breit aufgestellt. Ob sie tatsächlich ihr Innerstes nach außen kehrt, weiß ich nicht. Wenn ihre Texte im weitesten Sinne autobiographisch sind: Hut ab, dass sie das so stabil live darbieten kann. Denn es tut oft auch ganz schön weh.
Am Mittwochabend spielte sie in Bremen ein Konzert. Es wurde vom Radiosender Bremen2 organisiert und aufgenommen. Das heißt, wir haben das große Glück, das demnächst nachhören zu können. Zudem war der Schlachthof bestuhlt. Sicher eine gute Idee, ich fühlte mich so sehr wohl. Ohnehin: Diese Location ist enorm - ich bin richtig gerne da, dieses Arrangement an Orten, wo man stehen oder sitzen kann, ist wunderbar!
Um kurz nach acht kam Katharina Kollmann mit ihrer vierköpfigen Band auf die Bühne und hat gut zwei Stunden inklusive Pause ihre Kunst gezeigt. Oft im guten alten Indie-Gitarrenpop-Arrangement. Doch es wurde oft genug leiser oder lauter. Viel Varianz, viel Können. Doch auch hier: Im Mittelpunkt standen ihre Texte. Und die haben mir direkt ab dem ersten Stück voller Glanz und Klarheit in die Magengrube gehauen. Es war gleichzeitig wunderschön und auch richtig hart. Denn eines schafft Kollmann wie ich es noch nie gehört hat. Für das Schwere und Schöne findet sie gleichsam ganz einfache Worte, Bilder, Situationen, Geschichten. Manchmal sind es nur ganz wenige und sie hallen enorm nach in mir. Wie viel Kraft eine Beziehung erfordert. Was es heißt, zusammen zu leben. Ihr Bild vom Frau sein oder halt genau das, was sie damit nicht erfüllen will. Es ist vielfältig und unglaublich menschlich. Insbesondere habe ich mich auf Unterstand (Schirmpilz) gefreut, es läuft ganz oft bei mir zu Hause. Wow - mir fehlen echt die Worte. War das schön und nah. Es wäre so, so cool gewesen, wenn dabei wer Blockflöte gespielt hätte, aber hey… es gab ja zum Glück eine Trompete! 

So sind es, bis auf diese eine Ausnahme, nicht einzelne Lieder, die mich tief beeindruckt haben. Es ist das Gesamterlebnis. Auf der einen Seite habe ich zwei Stunden über die Kunst des Texteschreibens, und was diese in mir bewirkt, gestaunt. Zum Anderen war es auch musikalisch sehr, sehr rund. Mir fällt nichts Vergleichbares ein, was ich je live gesehen habe. An dieser stelle mag ich nicht prahlen, aber ich sah sicher über 500 Konzerte bislang. Vielen Dank, liebe Katharina Kollmann!

Sie ist jetzt auf Tour. Das sollte sich niemand entgehen lassen.

17.11.24 Berlin, SO36 
18.11.24 Hamburg, Nachtasyl
19.11.24 Bochum, Bahnhof Langendreer 
20.11.24 Trier, Mergener Hof 
21.11.24 Freiburg, Slow Club 
22.11.24 Basel, Humbug
23.11.24 Schorndorf, Manufaktur 
25.12.24 Berlin, Deutsches Theater - Rangfoyer (solo) 
20.03.25 Hamburg, Elbphilharmonie (Kleiner Saal) (solo)
23.03.25 Krefeld, Kulturrampe (solo) 
08.04.25 Wiesbaden, Schlachthof 
09.04.25 Aachen, Musikbunker
10.04.25 Osnabrück, Popsalon
11.04.25 Hannover, Cafe Glocksee 
12.04.25 Magdeburg, Moritzhof
12.-13.07.25 Köln, Even Flow Festival 

Samstag, 9. November 2024

KW 45, 2024: Die luserlounge selektiert

Quelle: pixabay.com
(Ms) Die Bürste unten am Staubsauger ist abgebrochen. Das ist natürlich sehr ärgerlich, da es das staubsaugen an sich verkompliziert. Ständig fliegt das Ding ab, ich stülp es wieder über, es fällt wieder ab, die Nerven liegen blank. Klar, erste Idee: Gaffatape und alles ist wieder gut. Aber das sieht ja oft auch ein bisschen schäbig aus. Also: Rein in den Onlineshop vom Staubsaugerhersteller. Das jedoch ist ein Labyrinth sondergleichen. Denn ständig bietet es sich an, die korrekte Artikelnummer des Geräts vorliegen zu haben. Das ist natürlich nicht die Modellnummer und auch nicht die Seriennummer. Nein, nein. Aber: Gesucht und gefunden mit der Erkenntnis es gibt unzählige Bürsten mit vielen verschiedenen Anstecksystemen. Natürlich gibt es zu allem auch noch einen Adapter! Nach 20 Minuten fand ich das korrekte Modell, ab in den Warenkorb, alles angegeben und dann auf den Zauberbutton Zahlungspflichtig Bestellen geklickt. Und. Es. Passiert. Nichts. Gar nichts. Ich klicke sieben mal darauf in der Hoffnung, durch einen blöden Oberflächenfehler nicht sieben Bürsten gekauft zu haben. Aber: Nichts. Doch immerhin habe ich nun das korrekte Modell. Dann halt zur Konkurrenz!

Rikas
(Ms) Nah Am Wasser. Ausnahmsweise ist damit kein Gemütszustand gemeint sondern ein Festival, das es mal in Münster gab. Der Coconut Beach ist eigentlich kein Ort, an dem Indiemusik läuft. Doch für ein paar Male war das der Fall. Dort stießen schon ein paar Welten aufeinander, aber es war richtig gut. Gut kann ich mich auch daran erinnern, dass die Band Rikas dort gespielt hat. 2018 war das. Nun, sechs Jahre später, sind sie Teil dieser großen Musikfamilie und spielen in gut gefüllten Clubs! Hängen blieb mir auf jeden Fall, dass es die perfekte Musik für den Sommer war - entspannt, locker, leichtfüßig! Nun bringen sie ein neues Album raus: Soundtrack For A Movie That Has Not Been Written Yet. Klingt richtig gut, oder? Mit Opposite Opinions erschien dieser Tage eine neue Single. Das Video im besten Sommersportdress. Doch der Track ist inhaltlich von dieser Lockerheit weit entfernt. Trotz des entspannten musikalischen Korsetts. Das finde ich richtig raffiniert gemacht: Es geht ums Auseinanderleben und Aushalten und es klingt wie ein Tag am See. Solch gestaltete Gegensätze sind in meinen Augen große Kunst! Am 7. Februar kommt dann mehr davon!



Masha Qrella
(Ms) Coverversionen sind ja immer ein heikles Thema, oder?! Einige sind brillant, andere einfach nur platt. Und in meiner Wahrnehmung überwiegen die platten, die einfach nur nachgespielten und kopierten Lieder. Doch dem ist ja gar nicht immer so. Muss man sich auch mal klar machen! Das Lied eines anderen Künstlers zu spielen kann ja viele Gründe haben. Ehrerbietung gegenüber dieser Person. Eine persönliche Verbindung. Oder einfach die tolle Einsicht, dass dieser Beat so genial ist, dass ich ihn auch spielen will. Masha Qrella hat schon viele andere Lieder gespielt und viele andere Texte vertont. In ihrer Solokarriere ist das ein ganz großer Bestandteil. Am 28. März veröffentlicht sie ein neues Album mit dem Titel Songbook. Auch darauf werden sich Lieder aus fremden Federn finden. Doch hier wird nichts einfach nachgespielt. Vieles bekommt ein ganz neues Gewand. Oder es klingt halt viel, viel frischer. Die erste Single ist Cool Breeze von der Jeremy Spencer Band. Spencer gehörte mal zu Fleetwood Mac dazu! Das Stück ist von 1979! 45 Jahre ist das her. Und Masha Qrella macht daraus ein Stück, das schnell den Kopf wackeln lässt, der genialen Basslinie sei Dank! Zwischendurch schleicht sich eine leichte Melancholie ein, doch die Grundstimmung ist nach vorn gerichtet. Passt derzeit richtig gut, oder?! Bald folgen neue Tourdaten, denn das sollte man sich live nicht entgehen lassen!

 

Tocotronic
(Ms) Denn Sie Wissen, Was Sie Tun. Diese neue Single von Tocotronic ist ein richtig gutes Stück. Musikalisch tatsächlich überhaupt nicht, aber der Text ist so treffend! Er bringt Politik und Liebe zusammen. Etwas, was sonst unvorstellbar ist (und auch ein bisschen schade). Auf der einen Seite steht das unsagbare Kalkül von großen Entscheidungsträgern, Staatsmenschen, Präsidenten, Leuten, die Regierungen zerbrechen lassen. Ja, sie wissen ganz genau, was sie tun. Es ist alles geplant, es gibt kaum Zufälle. Wie gehen wir damit um? Mit Zorn und Wut? Tocotronic sagen: Nein, wir müssen sie auf die Münder küssen. Wachküssen. Überwältigen mit Zärtlichkeit, Sanftheit, Menschlichkeit. Das wäre doch was, oder?! Was für eine schöne Rebellion! Es ist die erste Single ihres neuen Albums, es wird in der tocotronischen Dramatik Golden Years heißen und am 14. Februar 2024 erscheinen. Es ist die vierzehnte Platte dieser Band - Wahnsinn! Logischerweise gehen sie dann auch wieder auf Tour und das seit sehr langer Zeit wieder als Trio! Sind wir dabei? Logisch!

19.03.25 Leipzig, Felsenkeller
20.03.25 Stuttgart, Im Wizemann
21.03.25 Nürnberg, Z-Bau
22.03.25 Wien, Konzerthaus
26.03.25 München, Tonhalle
27.03.25 Freiburg, E-Werk
28.03.25 Zürich, X-Tra
29.03.25 Wiesbaden, Schlachthof
09.04.25 Bremen, Schlachthof
10.04.25 Dortmund, FZW
11.04.25 Hannover, Capitol
12.04.25 Köln, E-Werk
20.04.25 Berlin, Columbiahalle
26.04.25 Hamburg, Große Freiheit 36


Waving The Guns
(Ms) Endlich sind sie musikalisch zurück! Das hat jetzt aber auch lange gedauert. Letztes Jahr, als Milli Dance mit Fatoni auf Tour war und ein paar Songs mit ihm zusammen performt hat, habe ich still und heimlich schon gehofft, dass es nicht mehr lange dauern kann, bis es neue Musik gibt. Jetzt, ein Jahr später, ist es soweit. Gefehlt hat diese Stimme. Gefehlt hat eine klare, angriffslustige Haltung gegenüber der politischen Wirklichkeit. Und diese muss nicht mal auf der ganz großen, globalen Bühne stattfinden. Waving The Guns sind viel näher an den gruseligen Problemen des Alltags interessiert. Die Macht der Konzerne, bezahlbarer Wohnraum, über die Runden kommen, ein klein bisschen Gerechtigkeit in dieser Kapitalismuswelt. Klebrig heißt der neue Track. Und mit wie viel Wucht kommt der denn um die Ecke?! Ab dem ersten Takt schnürt sich durch die textliche Klarheit die Kehle zu, denn er ist so präzise, dass es weh tut. Und das soll er ja auch. Wenn der Bass dann im Refrain ballert, erhebt sich die Gänsehaut. Dass WTG so mächtig zurück kommen, hätte ich nicht gedacht. Und das gerade mal auf zwei Minuten und sieben Sekunden! Kommendes Jahr folgt dann die dazugehörige Tour und ich tippe mal, dass kurz vorher ein Album mit dem Namen Statement erscheint. Endlich wieder WTG!

15.03.2025 Rostock - M.A.U. Club
20.03.2025 Dresden - Tante Ju
21.03.2025 Wien (AT) - Flex
22.03.2025 Graz (AT) - p.p.c.
23.03.2025 Innsbruck (AT) - P.M.K
25.03.2025 Zürich (CH) - Dynamo
26.03.2025 Stuttgart - Lehmann Club
27.03.2025 München - Strom
28.03.2025 Nürnberg - Z-Bau
29.03.2025 Jena - Kassablanca
03.04.2025 Dortmund - Junkyard
04.04.2025 Frankfurt - Das Bett
05.04.2025 Heidelberg - Karlstorbahnhof
10.04.2025 Hannover - Kulturzentrum Faust
11.04.2025 Köln - Stollwerck
12.04.2025 Bremen - Schlachthof
17.04.2025 Hamburg - Markthalle
25.04.2025 Leipzig - Werk2
26.04.2025 Berlin - Huxleys neue Welt

Freitag, 1. November 2024

KW 44, 2024: Die luserlounge selektiert

Quelle: de.wikipedia.org
(Ms) Ein Blick in die Nachrichten lässt schon grauen. Dann noch Halloween, so ein riesiger Quatsch. Es lässt sich auch ganz anders gruseln, dafür muss nicht mal ein Kostüm oder ein Schockerfilm her. Manchmal reicht auch einfach ein richtig gutes Buch! Mir wurde von einem lieben Menschen Hundswut von Daniel Alvarenga geschenkt und ich las es schnell durch. Anders ist es auch gar nicht möglich. Dieses Buch beginnt schon auf einem unterdurchschnittlichen Fröhlichkeitslevel und es wird nicht ein Mal die Kurve nach oben nehmen. Doch die Lektüre ist lohnenswert, denn sie zeigt, wie grausam Menschen sein können. Wie wenig sie einlenken und wie stark - im schlimmsten Sinne - eine Dorfgemeinschaft sein kann. Ein bisschen sollte man Bayrisch lesen können. Und dann offenbart sich eine Geschichte, die stark aber auch schrecklich zugleich ist. Lesetipp an dieser Stelle!

Oehl
(Ms) Ach, Ariel Oehl! Ich bin deiner Musik so gern verfallen. Wie schön du textest! Manchmal ein wenig verschachtelt und kryptisch. Doch in ganz vielen Fällen sehr klar und singst doch nuschelig. Die Schönheit deiner gewählten Worte, fasziniert mich. Begeistert mich. Denn die große Schwierigkeit eines guten Textes ist ja, mit einfachen, einprägsamen Worten eine gute Geschichte zu erzählen. Ein starkes Gefühl hervorzurufen. Und das gelingt dir, lieber Ariel, seit vielen Jahren sehr zuverlässig. Manchmal mit tanzbarem Wumms, dann wieder mit leisem Zauber. So auch jetzt. In Diesem Jahr Reden Wir Nur Gut Voneinander. Was für ein schöner Titel, so klar und so positiv. Natürlich ist jedes Ende einer Beziehung schlimm und erschütternd. Man muss danach nicht befreundet bleiben, aber man muss sich auch nicht hassen. Denn es gab ja mal eine große Liebe und Zuneigung. Warum nicht auch im Nachhinein, nach dem Erdbeben, genau davon reden. Es spricht doch nichts dagegen. Vielen Dank für dieses schöne Lied!

 

Kat Frankie / B O D I E S
(Ms) Oh, Kunst! Oh, Kraft, die von dir aus geht. Ich gebe mich dir so gerne hin, lasse mich verzaubern, hinreißen, ummanteln, einhüllen, mitnehmen, forttragen. Und vor allem eines: faszinieren und staunen! Wenn das Staunen erstmal angefangen hat, wird es schwer, Worte für die Gefühle und Gedanken zu finden, die mich gerade durchströmen. Das geschieht im größten Moment des Staunens. Dieser Moment wird intensiver, je stärker die Kunst ist. Damit sind wir bei Kat Frankie und ihrem Projekt B O D I E S! Zusammen mit Albertine Sarges, Barbara Greshake, Erika Emerson, Fama M'Boup, Liza Wolowicz, Tara Nome Doyle und Trinidad Doherty ist sie dieses Superband! Sie singen a capella und da auf einem irren Niveau! Pure Gänsehaut, pures Staunen! Hier haben sich acht Künstlerinnen zusammen getan, die ohnehin schon solo unterwegs sind. Wissen also, wie sie performen. Wissen, worauf es ankommt. Zusammen heben sie sich auf ein erstaunliches Level an Kunst! Das gleichnamige Album zum Projekt erscheint am 6. Dezember und dann gehen sie nochmal auf Tour! Wer sich mitreißen lassen will in eine andere Welt, sollte da unbedingt hingehen!

11.01.2025 Bremen, Die Glocke
12.01.2025 Darmstadt, Staatstheater
14.01.2025 Nürnberg, Löwensaal
15.01.2025 Hannover, Pavillon
16.01.2025 Köln, Philharmonie
20.01.2025 Berlin Philharmonie
25.01.2025 Erfurt, Theater Erfurt
15.02.2025 Dresden, Kulturpalast
21.02.2025 Hamburg, Elbphilharmonie
22.02.2025 Osnabrück, Botschaft
28.02.2025 Leipzig, Gewandhaus
15.03.2025 Gütersloh, Theater Gütersloh
02.12.2025 München, Isarphilharmonie



AB Syndrom
(Ms) Verletzlichkeit zugeben ist eventuell eine der größten Rebellionen dieser Tage. Die großen Krakeler in den Medien schimpfen, brüllen, beleidigen, zeigen Härte und Ignoranz. Wer gibt schon einen Fehler zu?  Wer sagt schon, dass einem etwas wirklich leid tut? Wer sagt schon: Nein, dafür bin ich zu schwach, das traue ich mich einfach nicht. Diesen Satz, nein, den bringe ich nicht über die Lippen. Verletzlichkeit zugeben. Schwäche. Wunde Punkte. Es ist schwer, doch eines ist klar: Man wird danach immer mit erhobenem Kopf herausgehen. Das in Musik zu transformieren ist daher doppelt zu würdigende Kunst. Wenn es dann noch textlich und musikalisch so geschickt, wunderschön, sanft gemacht wird wie von AB Syndrom, dann kann ich nur noch staunen und sie zum Lied Stabil beglückwünschen! Denn das ist wirklich toll. Ich mag die Klarheit im Text und die Zärtlichkeit der Musik. On top gibt es noch ein Feature von Roger Rekless. Am Ende steht ein großartiger Track, der die Wartezeit auf ihr neues Album noch ein wenig weiter schwinden lässt! 


Konstantin Gropper
(Ms) Vor über zwei Jahren erschien mit Amen das aktuelle Album von Get Well Soon, dazu gab es meines Wissens nur eine Tour. Seitdem hat sich Konstantin Gropper noch weiter aus dem Rampenlicht zurückgezogen als zuvor. Denn davor fiel er auch mit anderen Tätigkeiten und Projekten auf. Seit vielen, vielen Jahren schreibt er Musik für Filme und Serien. Und das wohl recht erfolgreich. How To Sell Drugs Online (Fast), Pauline oder Wir Können Nichts Anders. Überall ist er dabei. Oft im Boot: Alex Mayr oder Ziggy Has Ardeur. Letzterer ist auch wieder Groppers Kompagnon für den Titeltrack zu Achtsam Morden (bei Netflix zu sehen). Dazu hat er mit Psycho Killer natürlich einen tollen Titel gewählt und ja, es ist tatsächlich ein Cover von Miley Cyrus! Warum auch nicht?! Natürlich ist seine Handschrift dabei mehr als augenscheinlich. Sein Bariton, dieses ungeheure Gefühl für cineastische Musik… kein Wunder, dass er dafür engagiert wurde!


Herrenmagazin
(Ms) Vergesst die ganzen großen Wiedervereinigungen dieses Jahres. Oder auch das neue The Cure-Album! Das ist doch alles Quatsch! Oasis, Linkin Park… pff! Da hat sich doch etwas zusammen gebraut, was viel größer ist als das! Es begann in Hamburg und wird nun auch dort fortgesetzt! Vor neun Jahren erschien das letzte Herrenmagazin-Album, danach hieß es: Wir machen Pause. Und das haben sie dann auch gemacht. Lange. Zuletzt gab es ein paar vereinzelte Konzerte und ein paar Meldungen auf Social Media-Plattformen. Und ja: Das hatte doch alles schon etwas zu bedeuten, oder?! Ja, auf jeden Fall! Denn mit Pauken und Fanfaren hieß es nun: Herrenmagazin sind wieder da! Deniz Jaspersen, Rasmus Engler, König Wilhelmsburg und Paul Konopacka haben sogar eine neue Platte im Gepäck, die im März kommenden Jahres erscheint: Du Hast Hier Nichts Verloren! Was für ein genialer Titel! Das trifft auf dieses Quartett jedoch gar nicht zu. Denn ihre Lieder strotzen seit jeher von viel Aufrichtigkeit, Menschlichkeit und einer ordentlichen Portion Indierockwumms! Am 3. Oktober 2008 - also vor 16 Jahren! - sah ich sie zum ersten Mal live. In Bielefeld, auf den legendären Visions-Partys! Es war ein großes Fest, viel Rausch, viel Energie! Ich gehe davon aus, dass diese Band nichts davon verloren hat und mit genauso viel Kraft nächstes Jahr wieder spielen wird:

11.04.25 Frankfurt, Nachtleben
12.04.25 Stuttgart, JuHa West
01.05.25 Hamburg, Uebel & Gefährlich
02.05.25 Hannover, Bei Chéz Heinz
03.05.25 Berlin, Bi Nuu
17.10.25 Dresden, GrooveStation
18.10.25 München, Kranhalle
20.10.25 Leipizg, Naumanns
21.10.25 Kassel, Goldgrube
22.10.25 Essen, Zeche Carl
23.10.25 Köln, Gebäude 9
24.10.25 Bremen, Tower


Victor Solf
(Ms) Puh, in der heutigen Selektion ist viel Schwere dabei. So kann ich doch niemanden ins Wochenende entlassen. Zum Glück gibt es auch sehr, sehr beschwingte, ja, extrem sorglose Musik. Sie ist genauso wichtig wie die Zeilen, die weh tun. Denn ich kann auch nicht nur den ganzen Tag grübeln und mir Sorgen machen. Irgendwann muss man auch mal abschalten, tanzen, das Schöne genießen. Den Soundtrack genau dafür liefert Victor Solf. Und wie er es auf Que Le Coeur macht, grenzt fast schon an maßlose Frechheit! Tatsächlich habe ich gar keine Ahnung, worum es in dem Lied geht, dafür ist mein Französisch viel zu mies. Aber ganz ehrlich: Es interessiert mich auch nicht besonders, da die Stimmung des Songs mich viel stärker anfixt! Es ist soulig, poppig, ja gospelig! Und eine Regel gilt seit immer: Bläser machen alles besser! Dieser Track ist ein weiterer Beweis dafür. Victor Solf ist kein Unbekannter, er war eine Hälfte von Her und Teil der Band The Popopopops. Mehr von dieser beschwingten Leichtigkeit gibts am 25. Januar, dann erscheint sein zweites Album Tout Peut Durer. Ganz schön pfiffig, solch Musik im tiefsten Winter zu veröffentlichen!

Donnerstag, 31. Oktober 2024

Live in Hamburg: Rookie Fest

Unprofessionelles Foto: luserlounge
(Ms) Herzlichen Glückwunsch, liebe Anne und lieber Jürgen! 28 Jahre Rookie Records! Das heißt: 28 Jahre zackiger Punkrock, viel Energie, umso mehr Leidenschaft und kein Ende in Sicht. Und das ist auch gut so. Kleine Labels sind wichtiger denn je und umso schöner sind deren Geschicke zu bestaunen, wenn die Bands, die sie im Portfolio haben, den Labelmachern von Herzen dankbar sind! So geschah es vergangenen Freitag im Knust, denn Rookie Records lud zur Geburtstagssause ein und mit von der Partie waren Wick Bambix, 100blumen und Pascow. 
Na klar, der letzte Name ist ein ordentliches Zugpferd und sorgte sicherlich auch mit dafür, dass der Abend recht schnell ausverkauft war. Die gut 550 Leute, die vor Ort waren, haben einen irren Abend erleben dürfen. Natürlich steht Rookie Records für Punk. Doch die lange Schlange beim Einlass sah erstaunlich uniformiert aus: Alle in schwarz! Herrlich. Zudem sind 6 Euro für ein großes Bier auch ein stattlicher Preis!

Gegen 21 Uhr ging der Abend los. Wick Bambix aus den Niederlanden eröffneten den Abend. Punk aber akustisch! Die Band kannte ich gar nicht, doch es war sehr unterhaltsam, das Publikum aber noch damit beschäftigt, sich über die Geschehnisse der Woche zu unterhalten. Die nächste Band, die ich auch nicht kannte, war 100blumen aus Düsseldorf. Und als die Jungs auf der Bühne standen, zitterten die Mauern des Knusts. Wow, was war das denn?! Erstens war die Band unfassbar sympathisch und sie bedankten sich auch bei Anne und Jürgen für die gute Labelzusammenarbeit. Musikalisch drehten sie das Energielevel reichlich hoch! War das Punk? War das Hardcore? War das Industrial? War das phasenweise auch schon Metal? Keine Ahnung und es ist mir auch egal. Denn eines war offensichtlich: Es war genial, sehr wuchtig, sehr dynamisch, die perfekte Musik, um eine anstrengende Woche im Nu zu vergessen!

Kurz durchatmen und die Glieder strecken, denn danach kamen Pascow! Für mich immer noch das Beeindruckendste, was Punkrock aus diesen Landen zu bieten hat. Insbesondere live. Und der Gig der Saarländer war erneut eine reine Offenbarung, was live an Gitarrenwucht möglich ist. Rasant, laut, dicht, dringlich. Dabei noch hochgradig sympathisch. Vor Himmelhunde meinte Alex, dass Ausgrenzung von LGBTIQ+-Menschen das Allerletzte sei. Und das sei nicht mal eine Meinung. Das ist einfach nur menschlich. Ja, Alex, so ist es! Und so bot die Band einen wilden Ritt durch ihre Diskographie. Einer der Höhepunkte war sicherlich Wenn Mila Schläft, wohl das Lied, dass Jürgen und die Band zusammen brachte.

Dieser Abend war wirklich ein großes Fest. Für alle Bands und insbesondere für die beiden Labelköpfe. Und wer ins Publikum blickte und die Tage drauf durchs Internet sah: Es haben sehr viele gute Freunde mitgefeiert. So soll es doch sein, oder?! Also: Auf die nächsten 28 Jahre! Punk on!



Donnerstag, 24. Oktober 2024

Amyl And The Sniffers - Cartoon Darkness

(Ms) Diese Band ist ein Phänomen und diese Platte ein kräftiger Tritt in den Arsch! Und während Rap und elektronische Acts zunehmend die großen Festivals anführt, ist dieser Gruppe aus Melbourne die Wiederbelebung der reinen Gitarrenwucht gelungen!

Dass es etwas wirklich Neues auf dem weiten Feld der Rockmusik gibt, ist in meinen Augen in den letzten ein, zwei Jahrzehnten nur Ghost gelungen - wenn auch ganz anders. Und die sind nun auch ganz weit oben unterwegs. Amyl And The Sniffers‘ Weg genau dorthin begann vor acht Jahren mit ungeheuer viel Bock. Heute ist dieser Spaßfaktor immer noch ein wesentliches Kennzeichen ihrer wuchtigen Musik. Innerhalb kürzester Zeit haben sie damals eine EP aufgenommen, ohne dass alle ihre Instrumente beherrschen konnten. Das hat sich geändert - und wie! Declan Martens holt sämtliche Kraft aus der Gitarre, die dem Instrument zur Verfügung steht. Fergus Romer rollt den Bass so gnadenlos wie kaum ein zweiter und Bryce Wilson lässt das Schlagzeug im Takt scheppern. Ganz ehrlich: Das sind doch auch Namen, die weit nach oben gehören und vor Zehntausenden spielen sollten. Die prägende und namengebenden Gestalt dieser Band ist allerdings Amy Taylor! Und sie… sie macht einfach was sie will. Ist jetzt schon ein Punkschwergewicht! Sie zieht sich knapp an und meint sinngemäß: Ja, sollen mich die Typen ruhig alle anfassen, dann habe ich endlich einen guten Grund, ihnen auf die Fresse zu schlagen! Punk! Punk! Punk!

Am 25. Oktober (heute!) erscheint ihr neues Album Cartoon Darkness und es ist völlig gerechtfertigt, dies als einen ganz heißen Anwärter für das Gitarrenrockalbum des Jahres anzupreisen! Seitdem ich die Platte hören darf, komme ich nicht davon los und suche immer wieder nach Vergleichen. Finde aber keine. Das ist eigen, das ist markant, das ist saustark! Und das sind 33 Minuten, die voller Dynamik, Energie, Rohheit und Kraft stecken. Zudem gibt es nicht einen langweiligen Moment! 13 Tracks heißt auch, die Songs ballern richtig gut durch, oft nur um die zweieinhalb Minuten sind sie lang. In der Zeit wird alles abgerissen, die Saiten weggeprügelt, die Snare durchtrommelt, die Stimme strapaziert!

Jerkin‘ ist der Beginn dieser Platte und dauert gerade mal zwei Minuten und acht Sekunden! Wow! Es ist hochgradig rasant, was auf diesem Album passiert! Im Text direkt eine Standortbestimmung. Zum Einen: Miss dich nicht mit uns. Zum Anderen: Dass soll einfach eine Menge Spaß machen! Chewing Gum danach ist tatsächlich ein klassischer Rocksong und in seiner Einfachheit genial. Außerdem ist zu hören, dass es nicht super glatt abgemischt ist. Das rotzige und leicht unperfekte Gefühl hat die Band richtig gut auf Platte gebracht. Big Dreams wird im Pressetext tatsächlich als Ballade tituliert, was natürlich ziemlicher Quatsch ist. Klar, dieses Stück ist wesentlich andächtiger und ernster als einige andere Tracks, aber eine Ballade ist das nicht - viel mehr wird man als Hörer bei einem wilden Ritt mal eben geerdet. Direkt danach ballert nämlich It‘s Mine schrammelnd und knarzig für eineinhalb Minuten gnadenlos durch die Boxen! Yes, knallt gut! Vom musikalischen Aufbau gefällt mir Doing In Me Head sehr gut, da Stimmlage und Gitarrenriff parallel gehen und somit viel Dichte erzeugen! Zum Ende hin kommt noch mal ein richtiger Brecher. Denn U Should Not Be Doing That ist der Kern dieser Band - textlich und musikalisch! Dies ist Amy Taylors Antwort auf all die dämlichen Kommentare, die ihr Auftreten und ihr Wesen und vielleicht auch die Musik ihrer Band betreffen. Hier reckt sich ein aggressiver Mittelfinger in die Gegenrichtung hoch und reißt diesen Track mit einer bestechenden Basslinie ab!

Ja, Cartoon Darkness ist eine Ansage! Es ist ein reines Gitarrenrockbrett, das ungeheuer viel Spaß macht. Amyl And The Sniffers sind mit ihrem dritten Album schon dort angelangt, wo viele andere schon lange hin wollten. Scheinbar spielend leicht sind sie dort hingekommen und man darf gespannt sein, wo diese Reise noch hingeht! Die Tourstops hier sind schon ausverkauft, in London werden sie vor 40.000 Leuten spielen… und ich kann es absolut verstehen, bin dem Hype verfallen! Rock on!

19.11.2024 Köln - Carlswerk
22.11.2024 Hamburg - Große Freiheit 36
23.11.2024 Berlin - Columbiahalle
25.11.2024 München - Tonhalle
25.06.2025 Berlin - Zitadelle