Freitag, 20. September 2013

Kings of Leon - Mechanical Bull. Milchfläschchen statt Bierflasche. Es steht dir Tür und Angel weit offen, lieber ...

(mb) Anfang des Jahres hat der Blick in die Glaskugel noch etwas Anderes vorhergesagt. Die Anzeichen, nachdem ich die Dokumentation „Talihina Sky“ über die Kings of Leon gesehen habe, standen meines Erachtens auf Trennung. Ich sah eine Band, welche weit über das übliche Geschwister Gezanke hinaus, uneinig war. Die Dämonen, die sie beschworen hatten suchten vor allem Sänger Caleb Followill in Form von Alkohol mit täglicher Gewissheit heim. Sichtlich betrunken formulierte er in der Doku eine wahre Ode an den Rausch, Dionysis hielt währenddessen schon ein Plätzchen in der Hölle für ihn frei. Es war eine Frage der Zeit, bis der wärme suggerierende Alkohol tatsächlich zu heiß wurde. Aber ausgeschlossen bleibt wohl weiterhin nur der Rechtsweg. Positiv überrascht vernahm ich die Meldung, dass ein neues Album in den Startlöchern stehe. All die Geister die ich rief waren nicht in einer Glaskugel gefangen, sondern in Wahrheit Murmeln. Und als der erste Vorbote „Supersoaker“ ertönte, traute ich meinen Ohren kaum. Supersoaker kam nicht auf irgendwelchen musikalische Höllenritt daher, es muss direkt von Sky Records auf die Erde hinab gesandt worden sein und Gott selbst die Freigabe erteilt haben – oder woher stammt die göttlicher musikalische Darbietung? Mir wurde ganz heiß.

Quelle: Tiroler Tageszeitung


"Use Somebody" wurde einfach zu mächtig

Wochen vergingen, der Song blieb. Zwei der vier Brüder, Caleb und Nathan, die Stammesältesten und ihres Zeichens Sänger und Bassist, gingen auf Interview(Promotion)tournee. Die Band ist zweifelsohne seit ihrem kommerziellen Durchbruch 2008 dank der Singles "Sex on fire" und "use somebody" im Rockolymp angekommen. Ich selbst habe es auf einem KoL Konzert miterlebt als zwei Rosinen, pardon Frauen im mittelhohen Alter, ihre morschen Knochen just nur bei den beiden genannten Songs zum kreisen brachten. Aufmerksam wurde ich deshalb, da ihre Hüfte so laut knacksten, dass einige Organhändler Witterung aufgenommen haben und wie ein Rudel Hyänen um die Damen ihre Balztänze aufführten. Aber genau das ist wohl Fluch und Segen der KoL. Zum Einen wurde die Band durch gerade diese beiden Songs unheimlich populär, zum Anderen legte sich mit dieser Bekanntheit ein gewisser Erfolgsdruck auf ihre Schultern, die vor allem Caleb so zusetzte, dass er kaum noch die Whiskeyflasche halten konnte. Man nahm bewusst Abstand davon, Gassenhauer in der Folge zu veröffentlichen, da "use somebody" der intern meistgehasste Song wurde.
Gerade deshalb war der Wind aus den Segeln wohl irgendwie raus. Nachdem – meines Erachtens zu unrecht - der medial viel gescholtenen Nachfolger „come around sundown“ eine weitere Tour an die vorherige reihte, machte sich eine gewisse Gereiztheit und Müdigkeit breit, die nur noch geduldet wurde, da jeder den Rubel weiterhin rollen sehen wollte. Wenngleich die vier Südstaatler zwar das Nomadenleben aus Ihrer Jugend gewohnt waren – ihr Vater war Wanderprediger und sie wurden auch oft zuhause unterrichtet –  es war einfach too much und endete auf einem Konzert in Texas im Juli 2011. Caleb unterbrach das Konzert und ward nie wieder gesehen. Von da an war es allen bewusst, dass man für längere Zeit nicht mehr in die gleiche Kerbe schlagen würde. 


Aus dem selben Holz geschnitzt - trotzdem nicht in die gleiche Kerbe geschlagen.


Und there goes the life. Alle gingen ihres Weges, wurden Väter und Ehemänner und zogen sich in die Beschaulichkeit und Behutsamkeit des Familienlebens zurück. Die Milchflasche ersetzte die Bierflasche. Aber irgendwann suchten sie wieder diese Dämonen heim. Sie sind eben alle aus dem selben Holz geschnitzt. Diese Dämonen, von denen die vier Vollblutmusiker seit jeher besessen waren, vermochten Ihnen dabei zu helfen, die besten Rocksongs unserer Zeit zu schreiben. Diese Dämonen, die immer am schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn wandern, heben einem sehr guten Musiker zu einem genialen Musiker hinauf und treiben dich gleichzeitig in den Höllenschlund des Wahnsinns. Sie rafften sich also auf, vergruben sich ohne Zeitdruck im eigenen Studiokeller. Das neue Album ist leichter, abwechslungsreicher aber eines sicher nicht: so wie ihre ersten beiden Alben. Das nämlich behaupten die beiden, Caleb und Nathan, man erinnere sich  auf Interviewtour, nämlich die ganze Zeit. Das neue Album sei rotziger, näher an ihren musikalischen Wurzeln, vielschichtiger. Letzteres trifft wohl am Ehesten zu. Nervig wird die Überspitzung  der wiederkehrenden Comeback Thematik – ein zwei Mal kann man ja mal erwähnen dass man eine schwierige Zeit hatte, aber die permanente Wiederholung pervertiert dadurch zu lyrischer Monotonie und fördert lediglich meine Augenmuskel - die dank der ständigen Roller in Bewegung bleiben. Ich kann es nicht mehr hören, Caleb! Wie nahe Du doch schon Abgrund standest, ein Blick über die Klippe werfend, und dann doch nochmal zusammengerissen hast, vielleicht erleuchtet wurdest aber auf alle Fälle gefestigter denn je bist. Wenn es dich beruhigt  nimm das nächste Mal deinen Malkasten mit und wir zeichnen was Schönes und geißeln unsere Dämonen gemeinsam. Nichtsdestotrotz ist Ihnen ein abermals überzeugendes Südstaatenrock Album aus dem neuen Brooklyn, Nashville, gelungen.

Musik ist wie eine Frau - am Besten heiß


Die Platte glänzt vor allem im Überhit „Supersoaker“, in dem stoischen „Wait for me“, im eingängigen „It doesn´t matter“ und im doppeldeutig - fröhlichen „temple“.
Es hat sich defintiv ein weitere Dämon zu den anderen dazu gesellt. Anzeichen eines guten Dämons ist es immer, sich unbemerkt auszubreiten und dann zuzuschlagen. In diesem Fall heißt er Erfolgsdruck. Unbemerkt hat er den Sound, vor allem in der zweiten Hälfte des Albums, verwässert und den Kommerzradio damit Tür und Angel geöffnet. Für die einen ein Sieg, für die anderen eine Niederlage. Die Band muss sich auf den medialen anbahnenden Sturm warm anziehen, es wird viel auf sie zukommen. Aber warm ist nicht gleich heiß, ein Fingerzeig sei erlaubt: Musik ist wie eine Frau – am Besten heiß. Das Formatradio wird uns dafür die Platte  für eine geraume Zeit schön warm halten.

Kings of Leon - Mechanical Bull 7/10
Beste Songs:
-Supersoaker
- Temple
- Wait for me
- It doesn´t matter

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