Dienstag, 22. April 2025

Die Zärtlichkeit - Popsongs

Foto: Maike Preckel
(Ms) Hey Popmusik, wo stehst du eigentlich? Wie klingst du eigentlich gerade?

Kurz nach Weihnachten haben Freunde ein Spiel auf den Tisch gestellt, das ich derart gut finde, dass ich es mir letztens auch zugelegt habe. Es heißt Hitster und macht richtig viel Spaß. Man soll Lieder, die man via QR-Code und Spotify abspielt, nach Erscheinungsjahr sortieren. Das umfasst Musik über gut 100 Jahre und ist knifflig! Die Standard-Version umfasst Popmusik oder das, was in der jeweiligen Zeit halt modern war. Da ist richtig viel Gutes dabei - das muss man so sagen. Und dies ist keine Werbung.
Doch für meinen Geschmack ist Popmusik in den letzten zehn Jahren ein bisschen platt geworden. Zwischen elektronischer Überdrehung, aufgewärmten Klassikern und Forster-Bourani-Poisel-Giesinger-Gemisch.
Popmusik ist ja immer schön leicht, geht immer gut ins Ohr, ist nicht so kompliziert und verdreht. Sie macht den Moment entspannt und viele Menschen können sich drauf einigen. Das ist toll!

Und eine richtig gute Band aus Köln veröffentlicht am Freitag leicht programmatisch, aber hauptsächlich sanft, aufrecht, menschlich und kurzweilig ein Album, das den guten Titel Popsongs trägt. Soweit der programmatische Teil. Die Band dahinter heißt Die Zärtlichkeit und hat sich selbst damit einen hervorragenden Namen gegeben. Kennengelernt habe ich sie 2023, da sind sie bei den Zwischen-den-Jahren-Konzerten mit Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen mitgetourt. Und sie haben Eindruck hinterlassen bei mir. Ihr bis dato aktuelles Album Heimweh Meisterwerke ist so entspannt, gut getextet und leichtfüßig arrangiert, dass die Vorfreude auf diese Platte groß war.

Und sie hat sich gelohnt. Das Allerschönste bei den zehn neuen Stücken ist eine gewisse Art der Verletzlichkeit, die die Texte kennzeichnet. Hier muss niemand etwas schaffen, hier darf man Fehler machen, hier muss keine Show gespielt und keine Erwartungen erfüllt werden. Doch es beginnt mit einer Ode an eine wunderschöne Stadt - Vienna. Streifzüge durch die Nacht, ein bisschen verliebt sein vielleicht und kurz vorm Überfordertsein. Aber vor allem zum Tanzen, die Musik dieser Band strotzt vor Leichtigkeit. Und sie ist Pop - Schlagzeug, Gitarre, Bass, Gesang. Die vier Grundzutaten, die es immer schon gebraucht hat. Popmusik heißt auch immer ein wenig Nostalgie, oder? Genau wie der Inhalt auf Mixtape. Allein dieses Wort sagt Kindern und Jugendlichen heute sicher nichts mehr. Ein Lied wie ein Streifzug durchs Älterwerden, Auseinanderleben, Schwelgen in Erinnerungen, die auf dem Dachboden lauern. Pop darf auch ein bisschen mit der E-Gitarre spielen. Und das tut Die Zärtlichkeit wie nie vorher auf Angst, meines Erachtens dem Schlüsselstück dieses Albums. So viel Spielfreude! So viel Aufrichtigkeit! „Manchmal ist da Angst, doch meistens ist es Liebe, die mich treibt.“ Im Text ganz präsent, ein leiser Humor: Die kleinen Ängste des Alltags - vor den Snacks im Supermarkt zum Beispiel. Genial! Der generelle Geist dieser Band und ihrer Art zu Texten macht sich am besten bemerkbar auf Mach Dich Frei. Denn es sind gute Ratschläge, die die Kölner dort geben ohne kitschig oder dramatisch zu werden oder allzu kalenderspruchmäßig. Das, was sie singen, klingt ganz leicht, ist aber unfassbar schwer. Frühlingshaft ist nicht nur eines der sehr seltenen Lieder über die schönste Jahreszeit, sondern hat einen ganz tollen coming-of-age-Charakter. Immer wieder beweist das Quartett richtig gutes Songwriting, das schwer Auszudrückende leicht zu verpacken! Pop heißt auch immer, ein bisschen in die Seele blicken lassen. Ob die Geschichte aus Schlechtes Vorbild genauso passiert ist, bleibt künstlerische Freiheit, aber das Thema ist wichtig. Wer war früher wichtig und ist es diese Person heute immer noch oder hat sich das Bild in der Zwischenzeit verändert?!

10 Popsongs schenken uns Die Zärtlichkeit. Die Platte erscheint bei Kleine Untergrund Schallplatten auf tollem orangenen Vinyl. Es ist ein Album, das die Leichtigkeit feiert, die gute Laune nicht versteckt, das Sanfte und Zerbrechliche zulassen und uns ausmachen. Das ist ihre Stärke!

02.05.2025 - Hamburg
04.05.2025 - Köln
23.05.2025 - Hannover
06.09.2025 - Kassel
27.09.2025 - Berlin


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