Freitag, 25. April 2025

Die Anteile - Pelzwerk

Foto: Kelly McKay
(Ms) Seit ein paar Wochen gibt es von der luserlounge tatsächlich auch eine Playlist. Kaum zu glauben aber wahr! Musik über Playlisten hören ist natürlich ganz cool, weil es den großen Mixtape-Charakter hat. Man stößt auf alte, fast vergessene Perlen oder entdeckt Neues. Reiz- und sinnvoll! Doch es gibt für mich ein gewichtiges Argument, warum die Playlist nicht das Non-Plus-Ultra ist. Denn in meinen Augen untergräbt sie die Kunst hinter einem Album. Klar, Playlist und Album schließen sich nicht aus, keineswegs, aber die Playlist suggeriert mehr Abwechslung und einen höheren Überraschungseffekt.

Doch ein ganzes Album ist immer ein Kunstwerk. Eine Playlist nicht. Und in so einem Kunstwerk steckt viel Liebe. Viel Zeit. Viele verworfene Ideen. Viel Für und Wider. Und oft erzählt es eine ganze Geschichte, hat eine eigene Dynamik, offenbart Schönheit, spielt mit Motiven, die auftauchen und sich verändern. Manchmal ist es auch gar nicht so leicht, eine Platte am Stück zu hören. Es braucht Zeit, manche gute Werke dauern 70 oder 80 Minuten. Und manch Album hat nur ein paar geile Tracks für die Playlist und der Rest wird übersprungen.

Überraschungsmomente sind also keine unwichtigen Details. Genau die gibt es auf dem Erstling vom Berliner Duo Die Anteile im genau richtigen Maß! Pelzwerk erscheint am 25. April bei Tapete Records, bringt 10 Stücke mit sich und hat eine angenehme Spielzeit von 34 Minuten. Im Grunde genommen machen Die Anteile elektronische, tanzbare Musik. Dabei schwingt aber eine gewaltige Portion Gesellschaftskritik dabei, was im Endeffekt eine grandiose Mixtur für Hirn und Hüfte ist!

Wie Geht Der Tanz ist der Opener und direkt ein wahnsinniges Stück! Satter Bass, knarzige Sounds, das macht ab dem ersten Takt richtig viel Spaß - wenn nur die bittere Verbrauchermessage nicht wäre. Versuchungen, Verführungen, Manipulationen ohne Ende am Regal oder im Markt, Hauptsache unser Portemonnaire wird dünner. Der Song lief bislang schon zigfach bei mir.
Und wenn dieses Album dann voranschreitet, wird eines klar: Diese Band ist enorm variabel in ihrem Sound! Sie bedienen sich viel vielen, vielen Sounds, Genres, Spielarten. Der Titeltrack klingt erst so wie Krautrock, entpuppt sich als hochpulsierende Elektronummer. Der Text ist ein vernebelte Streifzug durch die Nacht: „Der Abend neig sich / Neigung entsteht.“ Doch diese Abenderfahrung ist brüchig, keine klare Amour Fou. Es ist nicht alles wie es scheint bei Die Anteile. Reizvoll! Und wo ist es eigentlich besser? Hier oder in der Ferne und wer macht einem nun was vor? Auf welches Werbeversprechen fallen wir rein? Als Duo singen sie davon auf Volksmund - und es ballert richtig gut!
Dann: Die nächste Überraschung - Bushwick. Plötzlich verändert sich der Sound, es klingt nach Chanson, Pop, ein Cembalo erklingt, Dramatik entsteht, es wird ernst. Diese Band stellt unangenehme Fragen, verpacken die aber so elegant in packende Melodien und durchdringende Rhythmen, das die Botschaft schön unbewusst knallt! Auf Voyage mischen sie Spoken Word mit breitgefächertem Elektropop. Hier das gleiche Schema: Wahnsinnig gut arrangiert, leichtfüßig und clever. Dazu Kritik im Umgang mit all den elektronischen Geräten, die uns 24/7 umgeben, und bestimmen, leiten, süchtig machen (so zumindest meine Interpretation).

Pelzwerk von Die Anteile ist ein schier unglaubliches Album! Der Sound ist so vielfältig und verliert dennoch nicht den roten Faden. Das ist große Kunst! Sie haben hier eine Platte geschaffen, die kluges Texten mit satten Arrangements verbindet und damit einen Volltreffer landet! Das hier klingt wie eine gut ausgewählte Playlist und ist dennoch das große Können des Gesamtwerks. Hut ab.

29.04.2025 - Hannover, Nordstadtbraut
30.04.2025 - Konstanz, Kantine Konstanz
28.05.2025 - Hannover, Lux (mit DLDGG)
29.05.2025 - Oldenburg, Polyester
17.07.2025 - Hamburg, Deichdiele
27.11.2025 - Bochum, Goldkante
28.11.2025 - Leipzig, Noch Besser Leben


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