Mittwoch, 22. Januar 2025

tunng - Love You All Over Again

Foto: Paul Hartfield
(Ms) Leise Faszination. Das ist der Kern, um dieses Album zu beschreiben. Am Freitag (24. Januar) erscheint Love You All Over Again von tunng. Passend zum 20-jährigen Jubiläum der britischen Band, veröffentlichen sie eine neue Platte. Zehn Lieder sind darauf enthalten, die allesamt vor Schönheit und Genialität strotzen!
Erst mit dem Vorgänger bin ich überhaupt auf das Sextett aufmerksam geworden und ärgere mich, dass das nicht schon viel früher passiert ist. Denn die Musik, die diese Gruppe macht, ist großartig! Sie selbst nennen es Folktronica. Ein Genre, das irgendwie bescheuert klingt, aber sogar einen eigenen, wenn auch kleinen Wikipedia-Artikel hat. Wie lässt sich die Musik von tunng also beschreiben? Vor allem ist sie sehr unaufgeregt. Es gibt keine großen Gesten, keine überbordende Dramatik, keine großen Hymnen, die vor Energie überflutet sind. All das findet nicht statt. Die zehn neuen Songs (und alles, was sie vorher gemacht haben) sind Zeugnisse von weitsichtigem, klugem Songwriting. Die Musik dieser Gruppe ist sehr detailverliebt. Es gibt ungeheuer viele verschiedene Klänge, die sich in ihre Tracks einschleichen. 

Die Grundlage aller Lieder sind aber ganz feine Gitarren, oft sind sie gezupft. Dahinter verbirgt sich oft ein Rhythmus aus elektronischen Klängen allerart. Da liegen sicherlich zahlreiche Synthies-Spielzeuge im Proberaum rum, wenn die sechs MusikerInnen zusammen kommen. Zudem ist kennzeichnend und hörbar, dass vier von den sechs singen. Das erzeugt ein sehr vielschichtiges Stimmbild und immer wieder den Eindruck, als ob tunng eine 360°-Erfahrung ist. Das ist sehr dicht, sehr nah beieinander. Bass wird sparsam genutzt, wenn er aber erklingt, dann wirkt er direkt durch den ganzen Körper. Auffällig ist, wie gut die Band verschiedene Bläser einsetzt. Querflöten, Trompeten, allerlei. Sie bringen eine gewisse organische Substanz in den Bandsound hinein. Dabei kommt ein Erlebnis heraus, das irgendwo bei The XX und The Notwist zu verorten ist, aber halt in leise und mitunter sehr sanft.

Zehn neue Stücke gibt es auf Love You All Over Again. Zusammen ergeben sie ein tolles Hörerlebnis, es ist schwer einzelne besonders hervorzuheben. Beispielhaft möchte ich dennoch ein paar Tracks beleuchten. Dabei ist mir persönlich der Text relativ egal. Diese Band wirkt für mich ausschließlich über die Musik und diese Wirkung ist immens! Didn‘t Know Why ist sicher der stärkste Song dieses Albums. Knarzige Rhythmussounds zu Beginn werden schnell von der sanften Gitarre abgelöst. Es kommen Glockenspieltöne dazu und der mehrstimmige Gesang. Wow, allein das ist phantastisch. Gesungen wird von der mörderischen Jenny, die sich schon auf anderen tunng-Stücken wiederfindet. Der Klang dieses Liedes hat durchaus etwas hypnotisches, insbesondere wenn sich der Gesang überlagert. Langsam entrückt mich die Musik und ich lande ganz woanders. Ich gebe mich dem gerne hin. Laundry ist durchaus tanzbar! Absolut beeindruckend, wie mehrere Querflöten-Linien hier eingesetzt werden, dazu gesellt sich ein markanter Bass, dann klatschen die MusikerInnen wieder und alles wird vom gezupften Gitarrenspiel zusammengehalten. Keine Ahnung, wann ich zuletzt so gut arrangierte Musik gehört habe - es ist großartig! Deep Underneath ist noch so ein Stück, was einfach unheimlich gut aufgebaut ist. Wer die Chance hat, diese Band bei ihren beiden Konzerten hierzulande zu sehen, denen wünsche ich ein umwerfendes Erlebnis. So genial wie diese Platte ist, so eindrücklich werden sicher auch ihre Livedarbietungen!

09.03.25 - Berlin, Silent Green
10.03.25 - Köln, Gebäude 9



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