Donnerstag, 12. September 2024

Nada Surf - Moon Mirror

Foto: Paloa Bomé
(Ms) Von sich auf andere schließen war schon immer eine dumme Idee. Es funktioniert einfach nicht. So viele Gründe sprechen dagegen. Doch ich möchte es gleich dennoch tun. Aus einem - hoffentlich - guten Grund. Doch vorher muss gesagt werden, dass die Welt nun wirklich nicht auf ein neues Nada Surf-Album gewartet hat. So objektiv muss ich es an dieser Stelle schreiben. Seit knapp 30 Jahren machen Matthew Caws, Ira Elliot, Daniel Lorca und nun Louie Lino Musik, haben große, ja wirklich große Hits geschrieben. Und unter die Top 10 würde ich nicht mal Popular packen. Neun Alben haben die New Yorker mittlerweile schon geschrieben. Unendlich wunderschöne Lieder lassen sich darauf finden. Doch eines ist klar, auch auf Album Nummer 10 werden sie den Rock nicht neu erfinden. Das haben sie vorher auch nicht getan. Daher: Die Welt hat auf Moon Mirror, so der Name der neuen Platte, sicher nicht gewartet.

Aber. Aber an dieser Stelle muss ich von mir auf andere schließen. In der allerbesten Hoffnung. Denn Nada Surf ist eine Band, die zu 100 Prozent übers Herz funktioniert. Seit The Weight Is A Gift begleitet mich diese Gruppe und hat mich schon unzählige Male aufgebaut. So oft getröstet. So oft Tränen in die Augen getrieben. So oft gezeigt: Die Welt ist wirklich schön. Es ist kein Problem, schwach zu sein. Glaub an deine Liebe. Und glaub bitte an all die Menschen. Denn sie sind gut. Insbesondere die letzte Einsicht fühle ich besonders stark, wenn ich Nada Surf live sehe. Wenn Matthew Caws singt und seine Ansagen macht, steht da wirklich ein besonderer Mensch. Mir fällt kein anderer Musiker ein, der so viel Güte ausstrahlt, so viel Glaube an das Gute in uns hat, so viel Sanftheit und Mitmenschlichkeit. Daher ist ein neues Nada Surf-Album für jemanden wie mich ein pures Highlight des Jahres. Und ich hoffe einfach auch, dass es anderen Menschen wie mir geht. Es ist so: Ein Teil dieser Welt hat sehnsüchtig auf Moon Mirror gewartet und am 13. September ist es dann endlich soweit!

11 neue Lieder gilt es zu genießen. Sie kommen mal näher ans Herz ran, mal weniger. Einige hauen echt nochmal die Gitarre raus, es gibt sogar wirklich musikalische Überraschungen. Doch das Herzstück sind seit jeher die Texte. Second Skin ist der erste Track auf dieser Platte. Und es geht in diesem typischen Nada Surf-Song um Selbstbetrug, vorgeben zu wollen, jemand anders zu sein. Dass das auf Kurz oder Lang zum Scheitern verurteilt ist, weiß auch das lyrische Ich hier und freut sich, dass diese zweite Haut endlich abgelegt wird. Es sind die kleinen Einsichten, die Matthew Caws und zusingt. Genauso In Front Of Me Now, der ersten Single, die veröffentlicht wurde. Es geht um nicht viel anderes, als sich endlich mal auf das einzulassen, was direkt vor uns ist. Singletasking ist vielleicht die größte Herausforderung unseres Seins. Wie oft habe ich beim Schreiben dieser Zeilen schon aufs Handy geguckt?! Puh… schwer zu zählen. Moon Mirror heißt die Platte und hat selbstredend auch einen Song, der den gleichen Titel trägt. Beim ersten Hören dachte ich, dass das aber ein wenig lahm sei, mich wenig packt. Doch mit jedem Hören ging dieses Stück mehr ans Herz, der Ort, an dem diese Band am wirkungsvollsten ist. Ein Lied darüber, wenn man nicht weiter weiß. Wenn die Sehnsucht groß ist, irgendwo dazu gehören zu wollen. Dann schauen wir hoch, sehen ihn am Firmament leuchten und vielleicht gibt es von oben ein paar Erkenntnisse und Wege, die wir einschreiten sollten. Ja, es sind auf jeden Fall die einfachen Erkenntnisse, die uns auch zu Menschen machen. Und Nada Surf ist die Gruppe, die sie uns zusingt. Die mir davon erzählt, wie schlimm es ist, wenn das Gefühl groß wird, dass alles durch die Hände zu rinnen scheint. Beziehungen, Job, Festigung in der Welt, Zeit, Liebe. Losing ist der passende Titel mit der wunderbaren Einsicht: „But this is just today / it will go away.“ Ja, es klingt super leicht. Aber halt auch wahr. Wie einfach ist es, im Elend immer weiter zu versinken. Wie schwer ist es, das als Ausnahme zu betrachten. Danke für dieses Lied! Dass die New Yorker immer noch wissen, wie die E-Gitarre zu bedienen ist, zeigen sie auf Intel And Dreams, einem Track, der herrlich scheppernd nach vorne pusht!

Zwischendurch stelle ich mir bei aller Begeisterung und Umschmeichelung meines Herzens doch, was die Band eigentlich von mir will. Will sie mir aufzeigen, wie ein Leben zu führen ist? Stellen sie sich oberlehrerhaft aus all der Lebenserfahrung vor mich hin und sagen: Tja, du Mittdreißiger, da solltest du nochmal drüber nachdenken?! Nein, wirklich nicht! Ich glaube, dass die vier Herren im besten Sinne gar nichts von uns Hörenden wollen. Außer. Außer einen sanften Appell an das Gute in uns, an das Unerschütterliche, an das Menschliche und den Zusammenhalt, den wir brauchen, um nicht auseinanderzudriften. Ja, die Herausforderungen da draußen sind immens. Einige Themen und Entwicklungen auf der großen und kleinen Politikbühne lassen mir auch den Kopf zerbrechen. Auch die Frage, wohin die KI-Reise denn gehen wird. Davon singen sie auf New Propeller und raunen uns sanft zu: „Don‘t be afraid / you won‘t be replaced.“ Ja, ist es so einfach?! Vielleicht nicht, aber ein Trost ist es alle Male. Und den kann jeder gut gebrauchen!

Zum Ende des Albums erklingt noch ein richtig tanzbares Stück, das so wirklich nicht zu erwarten war. Von wegen den Rock nicht neu erfinden. X Is You macht richtig Spaß! Gut, dass sie Louie Lino mit in die Band geholt haben, der dann live den frischen Klavierbeat reinhauen kann! So ist Moon Mirror ein klassisches Nada Surf-Album aus den letzten Jahren: Musikalisch an einigen stellen erstaunlich frisch und textlich genau das, was wir in einer immer komplexeren Welt brauchen. Ein Glück, dass sie demnächst bei uns vorbeischauen werden:

27. November 2024 - Köln - Carlswerk Victoria
01. Dezember 2024 - Hamburg - Markthalle
02. Dezember 2024 - Berlin - Metropol
03. Dezember 2024 - München - Backstage Werk
04. Dezember 2024 - Wien - Arena
06. Dezember 2024 - Zürich - Dynamo







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