Dienstag, 8. August 2023

My Ugly Clementine - The Good Life

Foto: Mala Kolumna
(Ms) Rockmusik aus Österreich ist ein ganz eigenes Kapitel. Eines, das in den letzten Jahren immer länger und aufregender wurde. Als ich letztes Jahr mal wieder Wanda live sah, dachte ich mir: Jau, das ist Rockmusik, geil! Bilderbuch würde ich irgendwie gar nicht mehr dazu zählen. Danach fällt mir aber auch echt keine Rockband aus diesem Land ein. Insbesondere eine, in der Frauen das Sagen haben. Oder das Singen und Spielen. Halt! Doch nicht! Clara Luzia kenne ich noch, die seit Jahren wunderbare Indiemusik macht! Aber dann ist wirklich Schluss.
Nun bringen My Ugly Clementine am 11. August ihre zweite Platte raus und bevor ich von der Band las, kannte ich sie gar nicht. Was für ein Fehler. Was für eine große Lücke! Denn was Mira Lu Kovacs, Sophie Lindinger und Nastasja Ronck zusammen singen, spielen und produzieren ist die Definition von Rock! Saftige Gitarren, starkes Tempo, hohe Ohrwurmgefahr und den unbedingten Willen, dazu tanzen zu wollen!

The Good Life heißt die Platte, die nun in den Startlöchern steht. Ist es als Wunsch zu verstehen? Als Status Quo? Als Rückblick? In meinen Augen ist das ein wenig egal, da das Album vor Freude sprüht und richtig viel Spaß macht, es immer wieder und wieder hören zu wollen!
Der Klang der ganzen Platte ist sehr direkt. So, als ob die Drei beim Aufnahmeprozess in Tschechien einiges direkt so gelassen haben, wie sie es eingespielt haben, ohne es nochmal zu ändern oder klarer klingen zu lassen. Ich finde es auch ziemlich cool, dass sie mit zwei Gitarren und ohne Bass spielen. Das hat was, schwer zu sagen, was genau, aber es fetzt!
So startet das Album mit Circles, schnell, direkt, schnörkellos. Eine Hymne auf die Freundschaft und Zusammensein. Rockmusik - das ziehen sie auch konsequent durch, wenn sie beispielsweise in Are You In mit beiden Gitarren die gleiche Hookline spielen. Mehr ist eben mehr. Der Track ist eine Aufforderung. Eine, um einen Sparringspartner zu haben, der einem in miesen Zeiten auch beisteht. Bist du dabei? Machst du trotz dem ganzen Mist mit? Ja, super! Zu spüren ist (nicht nur) bei diesem Lied, dass die drei Musikerinnen mit ihren anderen Projekten auch sehr erfolgreich unterwegs sind, kanalisieren ihre guten Erfahrungen und Erfolge und diese großartige Platte ist das Ergebnis. 
Gute Rockmusik braucht aber auch ein ganz wichtiges Element. Und das zeigen sie auf Let Me Go. Wenn immer nur die Gitarren scheppern, wird es mir fad. Die ruhigen Parts, die auf diesem Lied Oberhand haben, sind zwingend notwendig, um den Rest in hellem Licht erstrahlen zu lassen. Ihre Texte wiederum bewegen sich im zwischenmenschlichen Bereich, allem, was so auf uns eindrischt. Eben noch das große Versprechen, dass man immer füreinander da ist, auch wenn man ewig nichts gehört hat oder eine bewusste Pause braucht. Nun das immerwährend blinkende Display. WWW ist die ernüchternde Einsicht, dass wirklich schnell Dr. Google gefragt wird, bei welchem Problemen auch immer. Selbst scheinbare Probleme bei anderen werden dort in Betracht gezogen. Mit der bitteren Einsicht, dass ich selbst Hilfe im Netz suche. Auch bei diesem Lied wird schön aufs Schlagzeug eingedrischt und die Saiten bearbeitet! Hach, das gefällt mir alles sehr!
Das auffälligste Lied ist sicherlich No durch den schnellen Gesang, das immer wiederkehrende Motiv, die gestellten Suggestivfragen, die aber energisch beantwortet werden. Es folgt eine kurze Aufhebung durch den Refrain und dann geht es wieder los, immer wieder No, No, No! Hier muss neidlos anerkannt werden, dass die Regeln des Rock nicht nur verstanden und verinnerlicht, sondern auch astrein umgesetzt wurden! Auch Feet Up ist ein grandioser Track! Es macht so unsagbar viel Freude, dieser Musik zuzuhören! Natürlich nicht nur musikalisch, sondern auch thematisch, und da packt mich dieses Lied sehr! Ein Hoch auf die Langeweile und das Nichtstun! Weg mit dem Gestresse und diesem seltsamen Gefühl, dass man irgendwas verpassen würde. Das habe ich noch nie verstanden und bin glücklich, dass ich nun auch eine musikalische Leitlinie dafür habe.

Knapp 40 Minuten sind ideal für eine Gitarrenrockplatte mit vielschichtigen Texten und ganz viel Energie, die in jedem Takt wahrnehmbar ist. Das kling alles so reif, so rund, so richtig stark! Die Geschichte der Band nahm unglaublich viel Tempo an und hört allem Anschein nicht damit auf. My Ugly Clementine sind mit diesem Album auf dem besten Wege eine der ganz großen österreichischen Bands zu werden!

29.09.23 Graz, PPC Halle
30.09.23 München, Ampere 
01.10.23 Wiesbaden, Schlachthof 
10.10.23 Köln, CBE
11.10.23 Hamburg, Knust 
12.10.23 Berlin, Hole44
13.10.23 Dresden, GrooveStation 
10.11.23 Wien, Arena


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