Freitag, 17. Juni 2022

KW 24, 2022: Die luserlounge selektiert

Quelle: br.de
(Sb/ms) Ich bin Fan davon, aber. Ich finde das sehr gut, aber. Wenn man irgendwo zu Gast ist, kann man sich wohlfühlen, aber. Willkommen in der 9€-Welt. Ich bin Fan davon, aber es wird doch jetzt zu allen Uhrzeiten erstaunlich voll. Ich finde das sehr gut, aber nicht alle waren darauf optimal vorbereitet. Wenn man irgendwo zu Gast ist, kann man sich wohlfühlen, aber es gibt auch Regeln. Seit Jahren pendel ich mit der Bahn und ich finde das aus vielen Gründen sehr, sehr gut. Es ist ein super angenehmes Verkehrsmittel, in dem ich all mögliche Dinge tun kann. Schlafen, essen, saufen ist beim Autofahren eher schwierig. Ich möchte kein Auto haben. Es steht zu 98% der Zeit einfach nur irgendwo rum und kostet ein Vermögen. So. Das sind die Eckdaten. Nun fahre ich morgens um halb sieben los. Das ist früh. Da gibt es Regeln in der Bahnfahrgemeinschaft. Nein, es gibt eigentlich nur eine Regel zu dieser Uhrzeit. Und das ist: Halt verdammt noch mal den Mund! Es ist Stille angesagt. Das ist jeden Morgen so. Und das ist sehr, sehr gut so. Menschen wollen Ruhe haben, Musik hören, lesen. Lesen. Ich lese jeden Morgen in der Bahn und das ist toll. Allein in dieser Zeit habe ich in den letzten Jahren einiges an Literatur weggeschmökert. Das geht aber halt nur, wenn es still ist. Regeln. Common sense. Den Preis finde auch ich momentan super. Kann gerne so bleiben, wenn die Gewohnheiten vor Ort auch so bleiben. Amen.

Editors
(ms) Hach, ich wünschte mir immer noch, dass das Editors-Konzert vor wenigen Wochen in Hamburg so richtig gut gewesen wäre. War es aber leider nicht, weil es zu leise war. Extrem ärgerlich. So hätte ich auch all die neuen Lieder wesentlich stärker verinnerlichen können. Karma Climb haben sie auf jeden Fall gespielt. Die catchy Eingängigkeit blieb schon im verregneten Hamburg haften und ich habe sie beim Hören sofort wiedererkannt. Wäre es lauter gewesen, wäre auch viel schneller klar geworden, wie sehr die Editors mittlerweile in den 80ern angekommen sind. Das klingt schon arg nach Depeche Mode und Konsorten. Das eignet sich natürlich herausragend fürs Radio oder irgendwelche Playlisten, aber der Pfiff und die druckvolle Dynamik, für die ich diese Gruppe so verehre, fehlt mir hier ganz arg! Poppiger Retro-Sound. Das brauche ich von Tom Smith und Co. überhaupt nicht. Klar, das ist ein nettes Lied, mehr aber auch nicht. Außerdem scheinen sich nun die Zeichen zu verdichten, das ganz bald mit einem neuen Album der Briten zu rechnen ist. Ich wünsche mir dann wieder ein bisschen mehr Wumms!


Love A
(ms) Musik als Bedeutungsphänomen: Ist es nicht schön, dass Texte, die etwas offener gehalten sind, ganz viel Möglichkeiten haben, sie mir anzueignen? Ich kann mir eine Zeile nehmen, eine Strophe, den Refrain oder auch das ganze Stück. Und dann kann ich damit machen, was ich will. Tätowieren, brüllen, an die Wand schreiben, die Worte weiterdenken in einem neuen kreativen Prozess. Das ist eine der großen, großen Stärken der Texte von Love A. Die Worte, die Jörkk Mechenbier für diese Band findet sind so unglaublich greifbar und dennoch genau im richtigen Maße unkonkret, dass sie mir nichts vorgeben, was ich damit machen muss. Das finde ich ganz enorm und halte das für eine große lyrische Gabe. Neben kryptischem und sehr politischem Punk ist das hier ein richtig guter Raum, den die Band für sich nutzt. Nachzuhören auf dem neuen Stück Achterbahn, das seit einer Woche draußen ist. Ich prophezeie: Meisenstaat, das Album, das am 19. August erscheinen wird, wird saustark!!!


Die Sterne
(ms) Keine Ahnung, worum es wirklich geht, aber ich finde es geil. Lebensentscheidungen, Grundsatzfragen, Richtungsentscheidungen, die Position am Rande der Gesellschaft und der Rest vom großen Ganzen gepaart mit einer gewohnten Portion Gaga und wir sind beim neuen Lied von Die Sterne. Business as usual eigentlich. Fragen stellen und nicht zwingend eine Antwort geben. Ist das noch (oder wieder) Diskurspop oder kann das auch einfach so gut sein? Ich möchte mich lieber für letzteres entscheiden, um nicht alles ernster zu nehmen als es ist. Wenn es heißt Die Welt Wird Knusprig kann von Ernsthaftigkeit auch keine Rede sein. Oder ich habe mal wieder, wie in all den letzten Jahren nicht verstanden, was Frank Spilker von mir will. Egal, ich finde es geil, muss gar nicht verstehen, worum es geht. Der gute, alte Sterne-Sound und ein paar Gagaverse. Ich bin dabei. 

 
Max Richter
(sb) Ziemlich genau vor einem Jahr sorgte Max Richter mit seinem Album Exiles für ein musikalisches Highlight. Nun meldet sich der deutsch-britische Komponist zurück - und wie! Dabei widmet sich der Künstler nicht zum ersten Mal den Vier Jahreszeiten von Vivaldi. Bereits vor zehn Jahren hatte Richter Sammlung der Sammlung von vier Violinkonzerten einen neuen Anstrich verliehen. Auf The New Four Seasons: Vivaldi Recomposed hat er das Meisterwerk zusammen mit der Geigerin Elena Urioste und den Musikern des Chineke! Orchestra nun in einer Neufassung für historische Instrumente eingespielt.
Wie heißt es im PR-Text so schön:
"The New Four Seasons bringt die Farben einer barocken Klangpalette in seine Komposition, die mit Fragmenten der vier Violinkonzerte spielt, sie in unterschiedlichen musikalischen Prismen bricht und in völlig anderen Orchesterformationen enthüllt." Kann man natürlich so ausdrücken...
Oder aber: Was für ein wunderbares Hörvergnügen! Lasst Euch das nicht entgehen, das ist großartige (Klassik-)Musik, die man unbedingt kennen sollte.
 


Dillon 
(ms) Spulen wir die Zeit mal ordentlich zurück. Vor zwölf Jahren habe ich Abitur gemacht. Nein, keine Nostalgie, war eine super Zeit. Jetzt ist auch eine super Zeit und ich bin extrem froh, älter zu sein. Egal. Im März 2010 war ich bei Tocotronic in Dortmund. Es war sicherlich ein sehr gutes Konzert. So richtig kann ich mich nicht mehr dran erinnern. Ich weiß aber noch, dass Dillon Vorband war. Was mehr als erstaunlich war. Denn die junge Dame am Keyboard mit teils zarten Liedern war ein ganz anderes Programm als die Altherrenrocker danach. Wenig später sah ich sie nochmal solo in Bielefeld, da mir ihr Auftritt im Pott so gut gefallen hat. Aber irgendwie habe ich sie danach aus den Augen/Ohren verloren. Jetzt ist sie wieder da. Für mich. Und für alle anderen auch. Fünf Jahre hat Dillon Pause gemacht und nun präsentiert sie uns ♥core. Eine ruhige, leicht melancholische Electronummer, die ich beim ersten Hören so gar nicht mit der Person in Verbindung brachte, die ich einst in NRW live sah. Auch optisch ist sie kaum wiederzuerkennen. So ist das. Menschen ändern sich. Und das ist gut. So richtig haften bleibt dieses Lied bei mir aber nicht, es spricht mich nicht soo sehr an. Doch das dazugehörige Album 6abotage, das am 14. Oktober erscheinen wird, hat mit Sicherheit noch das ein oder andere Highlight in petto!


Vlimmer
(ms) Seitdem ich mit Alex, dem Kopf hinter Vlimmer und noch einem gefühlten Dutzend weiterer Bands, in sehr angenehmem Kontakt stehe, mache ich mir Gedanken über das Genre Dark Wave. Lange wusste ich überhaupt nicht, was das sein soll. Also hörte ich mich ein wenig um und gelangte an den Depeche Mode-Sound der 80er. Abwandlungen davon finden sich heute bei Bands wie Twin Tribes oder auch Drangsal. Breite Synthies, verzerrter Gesang und auf jeden Fall der sehr prägnante Bass sind die Erkennungsmerkmale. Nun hat er wieder etwas rausgehauen. Nachdem er ja auf seinem letzten Album durchaus brachial war, sind seine neueren Stücke immer zugänglicher geworden. Ein bisschen mehr 80er-Jahre-Pop und vor allem der klarere Gesang fallen auf. Das macht das Ganze natürlich etwas griffiger wie das neue Lied Kronzeuge. Beinahe wollte ich schreiben, dass Vlimmer nun in der Gefahr steht, ein bisschen beliebig zu werden. Ha, weit fehl geschlagen. Dafür weiß Alex viel zu gut, wie er anecken und klanglich durchaus provozieren kann. Im Herbst soll ein neues Album folgen. Das wird sicherlich der Beweis sein!


Lambchop
(ms) Auf große Zeitspannen blicken zu können, finde ich seit einiger Zeit doch auch sehr verlockend. Wenn ich sagen kann, dass ich meine Freunde seit zwanzig Jahren kenne. Oder seit zwölf Jahren vegetarisch lebe. Oder seit gut fünfzehn Jahren Lambchop höre. Herrlich! Dieses Projekt von Kurt Wagner verehre ich wirklich. Denn es ist so wandelbar. Insbesondere in den letzten Jahren hat er viel ausprobiert, seitdem er Synthiespielzeug für sich entdeckt hat. Das letzte Album Showtunes hat mich nicht so angesprochen, FLOTUS höre ich immer noch sehr gerne. Und wer so lange im Geschäft ist, der kann sein neues Album auch ohne Probleme mal The Bible nennen. Stark! Am 30. September wird diese Platte erscheinen. Durch die hohe Kreativität und Furchtlosigkeit gegenüber neuen Klangwelten, sind Lambchop etwas unvorhersehbar geworden. Den Sound des ersten Stücks aus dem Album, Police Dog Blues, kam überraschend. Überraschend abwechslungsreich und wunderschön. Knackiger Bass, eine ganz prägnante Stimme von Kurt und fremde, überrschande Stimmen. Dazu Bläser und rockige Gitarren, die sich die Klinke in die Hand geben. Sehr, sehr gut. Einfach mal das Genre Easy Listening neu erfunden. Macht im Ergebnis grooooße Vorfreude auf dieses Werk!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (siehe Blog-Startseite unten) und in der Datenschutzerklärung von Google.