Quelle: facebook.com/katrinestochholm |
Zum Glück gibt es Orte, in denen das möglich ist und dahin zu kommen, ist kein Problem, wenn man ein gültiges Reisedokument und einen Impfnachweis hat. Habe ich. Also: Los! Ab nach Kopenhagen! In sechseinhalb Stunden bin ich mit dem Zug in der dänischen Hauptstadt. Im Vorhinein geguckt, was so geht, blind Tickets gekauft und ab dafür. Es geht mir um das reine hedonistische Erlebnis, das gebe ich unumwunden zu. Die Impfquote in Dänemark ist sehr hoch, es gibt keinerlei Beschränkungen. Nirgends (!) ist eine Maske zu tragen, man kann einfach so in Restaurants, Bars, Geschäfte gehen. Es ist so, wie es sein soll. Tagsüber galt es die Stadt zu entdecken (sehr sehenswert), abends die Kultur.
Start war am Donnerstag im La Fontaine, wo ich sicher sieben Mal dran vorbei gelatscht bin. Astro Buddha Agogo luden zur Ekstase ein. Der Laden ist berühmt für seine ausladenden Jazzexzesse, das Quartett zeigte, dass dem auch so ist. Früh da sein lohnte sich, der Laden war relativ schnell proppevoll. Herrlich, wie habe ich es vermisst. Das Bier ist teuer, egal. Die vier Herren auf der Bühne waren nicht nur wahnsinnig sympathisch (obwohl ich keine der dänischsprachigen Ansagen verstanden habe), sondern auch irre an ihren Instrumenten, haben sich in einen Rausch gespielt. Der Drummer, der voller Spielfreude war, der Percussionist, der aus seinen einfach aussehenden Instrumenten wirklich alles rausgeholt hat, der Herr an der Hammondorgel, dem ich nicht glaube, dass er sie mit zwei Händen und Füßen bedient hat - das klang nach mehr -, der Saxophonist und Bandleader, der durch den Abend führte und spätestens als er für den letzten Track die Querflöte nahm und eine Art Beatboxing damit an den Tag legte, konnte ich meine Kinnlade nur noch mit der Hand wieder nach oben schieben. Wahnsinn! Endlich wieder!
Weiter ging es am Freitag im Loppen. In der selbst verwalteten Kommune Christiania gelegen, war ich natürlich sehr gespannt auf das Ambiente. Die Kommune an sich ist halb so spannend, der läuft ein folkloristischer Ruf voraus. Das Loppen (dt.: Floh) würde aber vom TÜV sicher nicht abgenommen werden. Und endlich bezahlbare Bierpreise. An jenem Abend: Felines und Mija Milovic! Letztere eröffnete den Abend am Keyboard, aus dem sie allerlei arhythmische Töne raus holte, sehr faszinierend. Obwohl es so gegenläufig war, klang es enorm rund. Da hätte ich gern länger gelauscht. Im länglichen Raum mit den schönen Holzbalken fanden sich vielleicht 50 Gäste, um dem Quartett danach zu lauschen. Indiepop, so wie er sein soll, stand auf dem Plan. Große Wehrmutstropfen: Leider war der Sound lange Zeit ziemlich mies, was vom Publikum erkannt wurde, aber nicht vom Tontechniker. Den Unmut sah man den Musikerinnen an, extrem schade.
Am Samstag ging es erneut in den gleichen Laden. Dunkel gehalten, bestuhlt, eine flache Bühne. Im Vorhinein war ich auf diesen Abend am meisten gespannt, denn Katrine Stochholm sollte eine Art Electro-Tanz-Performance abfackeln. Was sie auch tat! Ach du liebe Güte, das war wirklich enorm! Das habe ich noch nicht erlebt. Gleich mehr, denn in den Abend starteten Suni, ein Duo mit Akustikgitarre und Cello! Als ich das sah, war ich schon hin und weg. Was für ein schönes Instrument mit diesem herrlich warmen Klang. Als der Cellist sich dann noch ans Klavier setzte, war ich wirklich glücklich - enorm! Dann wurde die Bühne leer geräumt. Zu sehen waren nur noch zwei Mikroständer und eine große, weiße Leinwand im Hintergrund. Licht aus - eindringliche elektronische Musik an! Katrine Stochholm bewies anschließend, was Kunst ist. Das war natürlich arrangiert, musste es auch sein, aber auch so unendlich austariert, wow! Ihre beiden Backgroundsänderinnen trugen zur Stimmung bei, bestaunen waren zudem die beiden Tänzerinnen! Einfach nur stark. Ganz, ganz große Bewunderung. Bewegung und Musik waren eins! Das war der Wahnsinn!
Sonntag. Letzter Abend, andere Location: Stengade. In einem ganz anderen Teil der Stadt gelegen, war ich froh, genau diesen Part noch zu entdecken. Im Reiseführer steht, dass dies der Ort sei, an dem alles stattfindet, was nicht im Mainstream landet. Dicker Pluspunkt. Es schien eher der Ort für laute, experimentelle, düstere Musik zu sein. In der Nähe der Theke der Hinweis, dass es auch extrem laut werden könnte, mögliche Schäden des Gehörs nicht ausgeschlossen seien, daher gäbe es Ohrstöpsel for free. Netter Schachzug. An diesem Abend: Twin Tribes aus den USA, Dark Wave solle das sein. Live noch nie gesehen, daher hin da! Den Abend eröffnete ein Kopenhagener Duo, Solyara spielten auch langsamen, druckvollen Sound, den ich verstanden habe, mir fehlte jedoch das Tempo. Twin Tribes brauchen nur zwei Gitarren, viel Schminke und allerhand Effektgeräte. Mir vielen als erstes die frühen Stücke von Drangsal als Vergleich ein! Wummernde Beats, sehr programmatischer Gesang, extrem viel Hall auf den Stimmen, sehr gutes Arrangement, das hat echt Spaß gemacht. Ging leider nur eine Stunde, ich hätte wesentlich länger dazu tanzen können! Vorher, nachher, zwischendurch war immer wieder zu bestaunen, wie die Dark Wave-Szene sich kleidet: Grau ist schon sehr bunt. Stark!
Ein Konzerteausflug nach Kopenhagen. Mag überzogen klingen, ist mir egal. Es war ein großes, großes Fest, das sehr viel bot und extrem viel Freude bereitet hat. Insbesondere Katrine Stochholm blieb haften. Mal sehen, woher ich ihre Platten bekomme...
Lehre: Mehr in fremde Städte auf unbekannte Konzerte gehen. Vielleicht geht's bald schon genau damit weiter!
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