Samstag, 2. Januar 2021

KW 53, 2020: Die luserlounge selektiert

Quelle: ictevangelist.com
(sb/ms) Gestern begann ein neues Jahr. Daher ganz klassisch: Allen Lesenden hier ein Frohes Neues! Ja, es ist so: viel schlimmer als das letzte kann es erstmal nicht werden. Doch - Hand aufs Herz: Bis es draußen etwas wärmer wird, passiert auch in den kommenden Wochen nicht viel. Die Festivalsaison wird so wie wir es kannten und genossen haben, auch dieses Jahr nicht stattfinden (so zumindest mein Empfinden). Doch ich bin sehr euphorisch und zuversichtlich, dass sich die Veranstaltungsbranche viel überlegen wird, wie wir endlichendlichendlich wieder Livemusik genießen können. Vielerorts gab es im vergangenen Sommer ja schon tolle Ideen, die ganz wunderbar aufgegangen sind. Nun haben alle Beteiligten wesentlich mehr Vorlaufzeit, um alles zu organisieren, ausgeklügelte Hygienekonzepte auf den Weg zu bringen, sodass wir endlich wieder vor Bühnen stehen oder sitzen und uns vom Sound mitreißen lassen können. Ja, ich vermisse es sehr, das kann nicht anders ausgedrückt werden. Und ich freue mich wie ein Honigkuchenpferd auf die ersten Gigs, die wieder gemeinsam erlebt werden dürfen. Mal schauen, wie es dann im Herbst aussieht. Ob dann wieder in Clubs und Hallen Konzerte mit dicht aneinander stehenden Menschen stattfinden können... Bis dahin wird hier fleißig weiter selektiert und in regelmäßigen Abständen ausführlich berichtet.

Wir lassen uns nicht unterkriegen. Wir sind Musiknarren. Wir sind die luserlounge. Ab dafür!  

The Besnard Lakes
(ms) Es gibt so einige Parameter, die Musik heller und matter leuchten lassen. Wir sind natürlich stets auf der Seite der Helligkeit und lassen uns da begeistern. An welchen Stellschrauben kann man aber drehen, um einzelne Lieder noch intensiver wahrnehmen zu können? Nehmen wir uns für The Besnard Lakes folgendes Beispiel: die Lautstärke. Die Band aus Kanada veröffentlicht im Januar eine neue Platte und mit Raindrops kann man schon mal reinhören, was einen so umhauen wird. Das Quintett macht breitflächige, postrock-artige, artpoppige Musik, die schwer einzuordnen ist, weil sehr eigenständig. Daher sehr gut. Um dieses Lied unabhängig von der langsamen, schönen Instrumentierung, den vielen kleinen Kniffen, den Kopfstimmen und Verzerrereffekten genießen zu können, sollte man sukzessive die Lautstärke aufdrehen. Man hört unversehens mehr und die die Stimmung des Tracks, die zwischen wuchtig, bedrückend und leicht euphorisch pendelt, kommt noch besser rüber. Im Text, der aufgrund der Vielzahl an Schichten eher untergeht, geht es um den Tod von Mark Hollis (Talk Talk), spannende Umsetzung! Also: Lektion Lautstärke!



Fatoni & Edgar Wasser
(ms) Man muss ja auch mal ganz ehrlich sein: Dieses ganze "Fuck 2020 und dieses Jahr wird alles besser"-Gelaber geht einem ja auch etwas auf den Zeiger. Klar, die Aussichten sind gut. Und sie werden noch besser. Dafür stehen zwei junge Herren. Beide werden von der luserlounge verehrt. Uns seien wir ehrlich: Den einen verehren wir ein Stückchen mehr. Namentlich Fatoni. Der beste deutsche Rapper der Welt. Was mir neben seinen astreinen Texten so gefällt, ist seine Auffassung des Künstler-Daseins. Regelmäßig veröffentlicht er Solo-Material. Doch genauso regelmäßig haut er Alben mit anderen Künstlern raus. Egal on Juse Ju, Dexter oder Mine. Es knallt jedes Mal gewaltig. Nun schlägt er ein zweites Mal mit Edgar Wasser zu! Wie geil ist das denn, bitte?! Delirium wird das Ding heißen und in diesem Frühjahr erscheinen. Man sollte sich gefasst machen auf geballte Punchlines, sattes musikalisches Fertigmachen, bittere Ironie und sich gebührend selbst als die Geilsten abfeiern. Alles zurecht. Realität. So heißt die erste Single, die samt bekannter Optik zu sehen und hören ist. Einfach mal dem Zustand der Welt in die Augen geblickt und ihn analysiert. Da bleibt einem vor lauter Härte das Lachen im Halse stecken. Isso.


The Dirty Nil
(ms) Humor und Musik. Es sind seit jeher zwei Themen, die öfter schlimm als gut zusammen finden. Zum Glück gibt es nicht mehr diese Blödel-Musik, die eine breite Öffentlichkeit erlangte. Besser auch keine Namen nennen. Wie kann man denn dann noch Hörende zum Schmunzeln bringen? Zum Einen natürlich über den Text (unangefochtene Meister selbstredend Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen). Aber es geht tatsächlich auch über die Musik also solche. Und das beweisen The Dirty Nil sehr gut. Gestern (!) erschien ihr Album Fuck Art. Das ist ja schon mal eine sehr sympathische Ankündigung, ein gutes Statement. Auf dieser Platte geht es sehr wild hin und her. Im Grunde genommen macht das Trio bodenständige Punkrockmusik mit Tempo der alten Schule. Den wandeln sie aber oftmals so ab, dass es schon humoresk wird. Drei Singles waren im Vorfeld zu hören. Done With Drugs ist ein solider Punkrocksong der 90er. Doom Boy hingegen arbeitet mit vielen wesentlich härteren Elementen, die sehr zu gefallen wissen. Blunt Force Concussion jedoch ist derart gitarrenpoppig, dass der Kitsch gar nicht ernst gemeint sein kann. Wann habt ihr das letzte Mal American Pie gesehen? Eben. Zu den unterschiedlichen Gitarrenspielarten kommen noch Videos, die so geil drüber sind, dass man merkt: Ja, Humor und Musik geht auch auf gänzlich andere Weise gut miteinander auf!



DEATHDEATHDEATH
(ms) Was nun Experimental Trip Hop sein soll, weiß ich wirklich nicht. Ich habe noch nicht mal eine klare Vorstellung von Trip Hop. Da muss ich immer nachschauen, was damit gemeint ist. Egal, spielt ja alles keine Rolle. Ich mute mir aber schon zu, zu sagen, was gut ist. Wenn DEATHDEATHDEATH auf KMT stößt, dann wird es gut. Mit Promised Sleep gibt es den hörbaren Beweis! Der Track ist dunkel, extrem basslastig, langsam, fast erdrückend, mystisch und sehr mitreißend. Dazu nicken Skelette mit dem Schädel und wippen mit dem Gerippe. Für die dunkle Jahreszeit ideal. Doch wer verbirgt sich hinter den Majuskeln? KMT ist Sängerin, Performancekünstlerin und spielt in Sargnagels Stück "Am Wiesnrand" in München mit. Wenn das wieder läuft. Hinter dem einprägsamen Namen DEATHDEATHDEATH steckt der Wiener Künstler, Illustrator und Autor Fazo, der diesen herrlichen Beat gebaut hat. Zwei Synonyme mit noch weniger namentlicher Klarheit. Aber egal. Spielt ja keine Rolle. Hier geht es um Musik. Und dieser Song ist bestechend gut!


Everything Everything
(ms) Eine musikalische Disziplin ist ein wenig in den Hintergrund geraten. Seitdem es das Musikfernsehen nicht mehr gibt. Seitdem es Streaming-Dienste gibt. Seitdem viel mehr mobil stattfindet. Aber viele, viele KünstlerInnen und Bands machen sich noch sehr viele Gedanken über ein künstlerisches Gesamtwerk. Ja, meines Erachtens gehört das Video mit zur Musik, zur Single. Der kleine Film, in dem eine Menge steckt. Oft wird dadurch der Inhalt unterstrichen, schauspielerisches Können wird gezeigt, Tänzer tanzen, atemberaubende Landschaften werden richtig in Szene gesetzt. Oder es wird geschickt geschockt. Das machen Everything Everything mit ihrem neuen Video zu Black Hyena. Ja, die Platte hat mich gänzlich nicht überzeugt und auch dieses Lied hat sich nicht in meine persönliche Heavy Rotation gespielt. Doch wo kann man schon skatende Zombies sehen? Eben!

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