Freitag, 5. Juli 2019

KW 27, 2019: Die luserlounge selektiert

Quelle: dinahoverlien.com
(ms/sb) In zwei Wochen startet das Deichbrand Festival. Letztes Jahr wollte ich mich ja eigentlich von den großen Festivals verabschieden. Zu groß, zu viel Ballermannatmosphäre, weniger Spirit. Doch ich habe mich von Freunden breit schlagen lassen, um an der Nordsee das Hirn zu ent- und die Trinkfähigkeit zu belasten. Leider ist das Line-Up auf den ersten Blick gar nicht mal so gut. Fettes Brot, Alligatoah, Biffy Clyro und Thirty Seconds To Mars als Headliner?! Puh, da gehe ich lieber Bier genießen. Aber auf den zweiten Blick warten an dem Wochenende doch einige Perlen, die sich sogar kaum überschneiden. Denn bei diesen Acts bleiben wohl kaum die Beine, Hüften und Kehlen stumm: Russkaja, Talco, Wanda, Feine Sahne Fischfilet, sookee, Blood Red Shoes, Tocotronic, Marathonmann, Donots, Dendemann, The Kooks, Two Door Cinema Club, Adam Angst, Swiss und Die Andern, Mine, Johnossi und Madsen werden auf jeden Fall den Nachmittag und frühen Abend sauberst gestalten. Und wenn Frittenbude Sonntagnacht um halb zwei auf die Bühne treten - direkt nach Marsimoto - gibt es sicherlich kein Halten mehr. Die Koffer sind also gepackt.
Selektiert haben wir natürlich auch. Weniger Festivalmusik, aber absolute Perlen von laut bis leise.

Sail By Summer
Fjorde, Berge, goldene Flüsse, viel Regen und sogar im Sommer bleibt es kühl - das ist Bergen, Norwegen. Aus dieser erfrischenden Umgebung stammen Sail By Summer, die norwegisch-dänische Band, die uns bereits mit ihrer Vorab-Single Fetch You Roses so begeistern konnte.
Nun liegt uns auch das mit Spannung erwartete Debütalbum Casual Heaven (VÖ: 09.08.) vor und das hält, was wir uns davon versprochen haben: Lieder über Sehnsucht und mangelndes Selbstvertrauen, über Gleichgültigkeit und die schwierige Frage, welchen Weg man im Leben einschlagen möchte. Zeitweilig fühlt man sich an The Cure, Pink Floyd oder Death Cab For Cutie erinnert und doch schaffen es Sail By Summer, ihren eigenen Stil zu kreieren damit mehr als nur zu gefallen. Sehr, sehr starkes Album, das wir Euch hiermit ans Herz legen wollen.


Django 3000
Irgendwas läuft im wunderschönen Chiemgau seit ein paar Jahren gewaltig richtig, denn mit dem Keller Steff, der Mundwerk Crew und LaBrassBanda (um nur ein paar zu nennen) haben es einige Bands geschafft, sich auch über den Weißwurstäquator hinaus einen Namen zu machen. Dazu gehört ganz sicher auch Django 3000, die mit ihrem gypsyangehauchten Folkrock sogar in den Top 20 der deutschen Albumcharts aufschlugen. Heute erscheint nun endlich Django 4000, das neue Werk des Quintetts und das verknüpft bekannte Stärken der Band mit modernen und ungewohnten Elementen. Buam, muss Autotune wirklich sein? Ernsthaft? Ganz übel! Da vergeht einem der Hörspaß gewaltig und der Ärger über diese Aussetzer (in Magnet) ist so stark, dass man sich über tolle Songs wie Heimat gar nicht mehr recht freuen kann. Und gerade wenn man sich denkt, dass sie die Kurve doch noch bekommen haben (Voodoo ist ein super Track!), wird der Eindruck durch Gold Digger, das völlig unverständlicherweise auch noch als Single ausgekoppelt wurde, wieder zunichte gemacht. Auch englische Texte bei Django 3000 sorgen bei mir nicht gerade für Jubelstürme, die Stimme von Kamil Müller klingt aber in jeder Sprache geil und insofern sei ihnen das nochmal verziehen. Wird jetzt sicher nicht mein Lieblingsalbum, wächst aber immerhin mit jedem Anhören.



Great Red Silence
Vor einigen Monaten haben wir Euch begeistert über die Musik von The Boys You Know berichtet. Einige der Protagonisten sind jetzt auch anderweitig aktiv. Die fünf Wiener nennen sich Great Red Silence. Doch von Ruhe keine Spur. Beim Hören ihrer Single 4AM wird klar: hier will man sich nicht einigen auf ein Genre; ein bisschen Psychedelisches, klare Gitarren und tatsächlich so etwas wie Blues schimmert hindurch. Sehenswert ist das passende Video: Es bebildert den roten Erzählfaden des kommenden Albums White Shark Café (VÖ: 27. September). Denn in diesem Café erzählt jemand von seinen surrealen Erlebnissen und Reisen. Das ist im Video mehr als gut zu sehen. Ein irres Kidnapping, inszeniert vom Puppenspieler Christoph Bochdansky, wird zum Höllentrip. Der Sound untermalt dieses mulmige Gefühl ziemlich gut:



Cavallo
Für die folgende Band sind gewisse Ausgangsvoraussetzungen wichtig. Sitzt ihr sicher? Seid ihr womöglich angeschnallt? Legt bitte heiße oder kalte Getränke aus der Hand. Denn es ist durchaus möglich, dass sich euer gesamter Körper zum Klang von Cavallo in Bewegung versetzen mag! Denn: Das ist instrumentale, massive Gitarrenmusik, die einen nicht kalt lässt. Ein Mix aus der deutschen Band Instrument, Mogwai und Blackmail ungefähr. Die Band aus Brooklyn veröffentlichte letzten Monat ihren Erstling Interstices auf CD. Und die Nerds unter uns, können auch ihre Vinylsucht befriedigen, denn Kapitän Platte aus Bielefeld hat 300 Stück auf Lager. Exklusiv für ganz Europa.
Die sieben Tracks strotzen vor Energie. Erhabene Soundflächen breiten sich aus, ein treibendes Schlagzeug gibt keine Ruhe, die Gitarren gehen hoch und runter und der Bass tut, was ein Bass tun muss. Sofort verliebt in diesen Klang! Die Songs sind zwischen zwei und acht Minuten lang und es ist unnötig einen herauszuheben. Erst als Gesamtwerk mach Interstices richtig Sinn. Ein wahres Brett an Musik!




The Screenshots
Wie schön es doch manchmal ist, wenn man nicht weiß, wer da eigentlich genau musiziert. Denn die drei von The Screenshots heißen ja nicht wirklich Dax Werner, Susi Bumms und Kurt Prödel. Das ist klar. Ist ja auch nicht wichtig, wer das ist. Dann kann man wenigstens das Augenmerk auf die Texte und die Musik fokussieren. Und irgendwo aus den Sphären des Internets kommt dann ein Hype. Der endete darin, dass ihr erster Live-Auftritt überhaupt direkt im Fernsehen, direkt bei Böhmermann stattfand. Der Gedanke liegt nahe, dass da keine Unbekannten am Werk sind. Und wie klingt das jetzt?! Die PR-Meldung sagt: Ein Mix aus den frühen Tocotronic und Sportfreunde Stiller. Was ungewohnt erscheint, ergibt Sinn. Einfach mal reinhören, dann hört man beides raus. Es geht um Gefühle, Kultur, Geschlechterrollen. Diskurspop also, der ergänzt wird durch Tracks über Cornetto-Eis (Simon Pegg und Nick Frost lassen grüßen). Das Album heißt Europa LP und erschien über Staatsakt. Muss man noch mehr sagen? Ja, die Tour findet unter dem Motto "Liebe Grüße an alle" statt. Also: Hin da!

19.11. - Bremen, Lagerhaus
20.11. - Berlin, Zukunft am Ostkreuz
21.11. - Leipzig, Ilses Erika
22.11. - Chemnitz, Atomino
23.11. - Wien, GrillX
24.11. - Salzburg, Rockhouse Bar
26.11. - München, Milla
27.11. - Karlsruhe, Kohi
28.11. - Stuttgart, Merlin
29.11. - Mainz, Schon Schön



Subshine
Zum Abschluss kehren wir nochmal zurück nach Bergen, der Stadt die uns ja auch schon Sail By Summer schenkte. Auch Subshine stammen von der Südwestküste Norwegens und veröffentlichen am 19.07. ihr Debütalbum Easy Window. Wir gehen davon aus, dass niemand von Euch je von der Band gehört hat, oder? Das solltet Ihr schleunigst ändern, denn die Band um Ole Gunnar Gundersen (Ex-Lorraine) besticht durch elektronischen Pop, in dem Sehnsucht und Hoffnung die zentralen Motive darstellen und der die Gedanken zu stundenlangen Spaziergängen in der atemberaubenden norwegischen Landschaft einlädt. Hört es Euch am Besten mal selber an!




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