Mittwoch, 30. Januar 2019

Dendemann - da nich für!

Foto: Nils Müller (Universal Music)
(ms) 1. Die Vorankündigung und Verklärung: So richtig still um Dendemann war es ja nicht in den letzten Jahren, auch wenn das an allen Ecken und Enden behauptet wird. Beim Neo Magazin Royale war er der pfiffige musikalische Sidekick und ab und an gab es ein kleines Lebenszeichen durch die sozialen Netzwerke. Dadurch, dass aber über acht Jahre kein neues Album kam, wurde sein Status als lebende Legende bizarrerweise in Stein gemeißelt. Je länger die Wartezeit, desto höher die Erwartungen, desto tiefer aber auch der mögliche Fall. Doch gefallen ist der nicht, im Gegenteil. Wir waren auch hellauf begeistert, als da nich für! im letzten Jahr angekündigt worden ist. Keine Parolen ist ein super starker Song, mit dessem politischem Inhalt ich nicht zwingend gerechnet habe. Desto größer die Überraschung. Doch was ist wirklich um die Person Dendemann in den letzten Jahren und Monaten passiert?! Man hat den Eindruck, er sei ein Überbleibsel aus einer goldenen Rap-Ära, der es in die Gegenwart geschafft hat. Einige seiner ehemaligen Wegbegleiter sind nicht mehr so richtig im Geschäft. Liegt es daran, dass der Comeback-Hype so riesig ist? Nein, natürlich nicht. Er ist und bleibt einer der wortgewandtesten Protagonisten im Genre, keine Frage. Doch sind neue Namen im Spiel, mit denen er sich messen muss. Zwischen seinem letzten Album und heute hat Rap einen gehörigen Schwung nach oben erlebt und Dendes Generation spielt dabei kaum noch eine Rolle.
Gerne erinnere ich mich einige Jahre zurück. Da zog er sich zurück und behauptete groß, er würde Rap neu erfinden. Mit Vom Vintage Verweht ist das definitiv gelungen. Und glaubt man Moses Schneider, dann ist er nicht nur auf dem Papier, sondern auch im Studio ein Perfektionist.
Also: Vorfreude groß, Erwartungen immens.



2. Das Album und seine Umstände: Dann kam letzte Woche die Platte raus und ich habe es mir einige Male angehört und komme nicht umhin, enttäuscht zu sein. Das liegt vor allem am Sound. Die Pfütze des Eisbergs ist eiskalter, sauberer, bärenstarker Rap, wie er sich für 2006 gehörte. Der Nachfolger war so kreativ und originell im Klang, dass das für ein spitzenmäßiges Album schon beinahe ausreichte. Doch nun ist alles glatt, normal, fast schon austauschbar. Klar, man findet einzelne Anekdoten und gewissermaßen Ehrerbietungen, aber die kicken halt nicht. Der Opener Ich Dende Also Bin Ich klingt vom Titel her ulkig, textlich auch total überzeugend und reflektierend, aber mit zu wenig Drive. Hört Ihr in Alle Jubilare Wieder auch Anklänge von Nelly?! Die Anspielungen aufs Älterwerden sind gut, aber - es ist schwer auszudrücken - da fehlt das, was überzeugt. Auch das Casper-Feature plätschert an einem vorbei.
Und genauso geht es weiter. Die Texte sind - hier lohnt die Wiederholung - zum großen Teil so wie man es von Dendemann erwartet: pfiffig, klug, mit Schneid und Witz. Doch die Kombination mit dem Klang fehlt vollends.
Oder sind die Beats absichtlich so mutlos, damit mehr auf den Text geachtet wird (Müde, Zauberland)? In Menschine wiederholt er sich sogar inhaltlich (O Robota), obwohl der Einspieler super ist; jedoch kommt er von Su Kramer, einer Sängerin aus Oldenburg, die in den 70ern ihren Höhepunkt hatte. Der Tiefpunkt ist dann mit Drauf & Dran erreicht: Skip, skip, skip, das nervt so höllisch. Auch Arnim von den Beatsteaks kann an dem mittelmäßigen Niveau nichts aufpeppen (Zeitumstellung), auch hier ist der Text teils genial, teils wieder arg flach.
Litbarski und Wo Ich Wech Bin sind klug gewählte Auskopplungen, da sie noch die Leuchttürme der Platte sind. Trotz oder wegen des Trettmann-Features? BGSTRNG ist dann auch lohnenswert: Hört Euch die Gäste an, das ist sympathisch aber auch stark nostalgisch.



3. Die Ernüchterung: Am Ende bleibt - für mich - ein schwaches Dendemann-Album. Woran es liegt? Am Sound, am fehlenden, durchgehend hohen Niveau und an zu viel Nostalgie. Politischen und/oder wortgewaltigen Rap findet man in den letzten Jahren - wo Dende nach eigener Auskunft nix gemacht hat -  dann bei Juse Ju, Fatoni, Waving The Guns, Audio88 und Yassin, Antilopen Gang, Zugezogen Maskulin undundund...

Die kommende Tour wird groß und ist schon zum Teil ausverkauft.
Ich freue mich auf das Konzert in Münster, vielleicht werden dann die Wogen geglättet, aber so groß ist die Hoffnung nicht.

04.02. Hannover - Capitol
05.02. Bremen – Pier 2
06.02. Osnabrück - Rosenhof
07.02. Dortmund - FZW
09.02. Münster - Skaters Palace
10.02. Frankfurt - Batschkapp
11.02. Heidelberg - halle02
12.02. Stuttgart - Im Wizemann
13.02. München - Tonhalle
16.02. Karlsruhe - Substage
17.02. Köln - Carlswerk Victoria
18.02. Wiesbaden - Schlachthof
23.02. Dresden - Reithalle
25.02. Leipzig - Werk2
26.02. Hamburg - Mehr! Theater
27.02. Hamburg - Mehr! Theater
28.02. Berlin - Columbiahalle

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