(sb) Es ist doch immer das Selbe mit Lieblingsbands, oder? Wenn die ein neues Album veröffentlichen, sind die Erwartungen ganz besonders hoch. In den meisten Fällen werden die Hoffnungen erfüllt, gelegentlich sogar übertroffen (klar, sonst wärs ja keine Lieblingsband), manchmal aber sitzt man nach dem ersten Anhören der Scheibe da und hofft, man möge sich doch recht bald an das Gehörte gewöhnen und es doch noch super finden, wenn man ihm noch eine zweite, dritte, vierte, fünfte oder wasweißichwievielte Chance gibt. Cleave von Therapy? ist so ein Album - nach dreimaligem Anhören bin ich noch nicht so weit, mich mit der mittlerweile 15. Studioproduktion der Nordiren angefreundet zu haben, aber ja: das Ding ist ein verdammter Grower!
War ich beim Vorgängeralbum Disquiet von Beginn an gefesselt und begeistert, musste ich diesmal nach dem ersten Anhören doch gewaltig schlucken, da ich anhand der Singleauskopplung Callow etwas komplett anderes erwartet hatte. Ich hatte mich ehrlich gesagt auf ein recht poppiges Album eingestellt, das an Disquiet und das 1994er Erfolgsalbum Troublegum (Nowhere, Screamager, Die Laughing etc.) anknüpft, aber weit gefehlt: Cleave lebt von griffigen Basslines und vermittelt sehr viel Wut und Ohnmacht. Schon der Opener Wreck It Like Beckett gibt den Weg vor, das folgende Kakistrocacy führt diesen konsequent fort.
https://www.facebook.com/Therapyofficial/
Erst Callow als dritter Track wird deutlich melodischer, aber das bleibt ein kurzer Ausreißer. Es ist ganz komisch: ich glaube ja, dass ich Cleave richtig geil fände, wenn ich nicht mit einer komplett konträren Erwartungshaltung rangegangen wäre, tue mir nun aber verdammt schwer, den Schalter umzulegen. Dabei hätte ich es durchaus wissen können, denn Therapy? veröffentlichen in den seltensten Fällen die Alben, die zu erwarten und logisch gewesen wären.
Auf Troublegum, das die Tür zum Rock-Olymp ein gutes Stück aufgestoßen hatte, folgte damals mit Infernal Love ein melancholisches Album - kommerzieller Suizid fast schon! Aber so sind Therapy? halt und genau deswegen sind seit mittlerweile 25 Jahren meine Lieblingsband...
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Aber zurück zu Cleave: es geht zornig weiter, eine positive Grundstimmung kommt auf dem Album recht selten auf und die Nordiren ziehen diese Linie konsequent durch. Ja, man muss sich darauf einlassen und ja, man muss in einer gewissen Stimmung sein, um das nicht nur zu ertragen, sondern mitgehen und sich reinfühlen zu können. Dann aber fühlt man sich zuhause, verstanden und findet sich in den Lyrics von Andy Cairns wieder. Michael McKeegan malträtiert seinen Bass vom Feinsten und Drummer Neil Cooper beweist einmal mehr, dass er zu den Besten seines Faches gehört.
Im Endeffekt ist es dann doch nur ein Track, mit dem ich so gar nicht warm werde (Dumbdown), der Rest wird mit jedem Hören besser und zugänglicher. Cleave schafft es dennoch nicht mal ansatzweise in meine persönliche Top 3 der Therapy?-Alben, die anfängliche Enttäuschung ist jedoch verflogen.
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