Mark Oliver Everett (Foto: Gus Black) |
(sb) E. E wie „extravagant“.
E wie „exzellent“. E wie „exzentrisch“. E wie „Einzelkämpfer“. E wie „Everett“,
genauer gesagt: Mark Oliver Everett. Der gerade noch so 54-jährige Amerikaner
ist das Gehirn, das Mastermind und das Herz der Band EELS, die morgen ihr neues
Album The Deconstruction veröffentlichen wird und dabei genau dort ansetzt, wo
sie bei ihren bisherigen Veröffentlichungen aufgehört hatte.
Ja, Mark Oliver Everett ist ein komischer Kauz, aber das scheint bei ihm durchaus familiär bedingt zu sein. Sein Vater war der Quantenphysiker Hugh Everett III, der Begründer der Viele-Welten-Interpretation, schwer alkoholabhängig, Kettenraucher und extrem übergewichtig. Nicht unbedingt die besten Voraussetzungen für den kleinen E, um eine Karriere als Musiker anzustreben, sollte man meinen, aber wahrscheinlich waren es genau diese Umstände, die dazu führten, dass Everett zu dem Meister der Melancholie wurde, als der er heute bekannt ist. Er war es, der seinen Vater nach dessen Herzinfarkt tot auffand, kurz vor der Veröffentlichung des EELS-Debüts Beautiful Freak (1996) beging seine Schwester Suizid und bei seiner Mutter wurde Krebs festgestellt. Diese Ereignisse inspirierten ihn zum Album Electro-Shock Blues, das im Jahr 1998 veröffentlicht wurde.
Erst 2000 folgte mit Daisies
Of The Galaxy ein deutlich fröhlicheres Album, der Grundtenor in Everetts Musik
ist jedoch seit jeher ein düsterer und trauriger und hier sehe ich auch die
große Stärke von EELS. Diese tiefe, melancholische Stimme, die häufig aufgrund fehlender
Wärme auch die Existenz von Empathie jeglicher Art in Frage stellt, ist charakteristisch,
ein Alleinstellungsmerkmal und für mich als EELS-Hörer der ersten Stunde immer
wieder ein Grund, die Alben aus dem Schrank zu holen. Für mich ist Everett mehr
Geschichtenerzähler denn Sänger, ein hervorragender Beobachter, der seine Sicht
der Dinge, seine Visionen und seine Umwelt wie kaum ein zweiter in Worte fassen
kann.
Dass der Pressetext zum neuen
Album sich essentiell von dem unterscheidet, was man von anderen Releases
gewohnt ist, überrascht wenig. Eine Kostprobe:
„We could do the usual record company „bio“ about this new record,
but,
seriously …who gives a fuck.
The world is a mess. This is just music. Music by someone who tends to
believe
that change starts in your own backyard.
I’m just optimistic enough to
believe that kind of thing can still help people.
…
Here are 15 new EELS tracks that may or may not inspire, rock, or not
rock you. The world is going nuts. But if you look for it, there is still great
beauty to be found.
Sometimes you don’t even have to look for it. Other times
you have to try to make it yourself. And then there are times you have to tear
something apart
to find something beautiful inside.”
Und natürlich hat Everett Recht mit dem, was er da schreibt. Man muss die Augen offen halten, neugierig und mutig auf Dinge zugehen und darf sich nicht von den Nachrichten, Entwicklungen und der Politik demotivieren lassen. Zu behaupten, dass The Deconstruction ein positives Album sei, wäre mit Sicherheit vermessen, aber es ist eins, das Mut macht, das einem klarmacht, das man in seinem Umfeld durchaus etwas zum Besseren bewegen kann und nicht in Lethargie versinken sollte.
Dass Tracks wie Premonition, There I Said It und Sweet Scorched Earth auch als Einzelsongs mit zum Besten gehören, was Everett bisher aufgenommen hat, ist nur ein angenehmer Side Effect dieser rundherum gelungenen und hörenswerten Scheibe, die mein bisheriges Lieblings-EELS-Album Shootenanny! (2003) aus dem Stand von der Spitzenposition verdrängt hat.
Auch live sind EELS jederzeit ein Erlebnis und Ihr habt demnächst die Möglichkeit, E und seine Kollegen hier zu sehen:
17.06. Mannheim, Maifeld
Derby Festival
25.06. München, Tonhalle,
26.06. Köln, E-Werk
28.06. Berlin, Tempodrom
29.06. Hamburg, Mehr!-Theater
16.07. Feldkirch, Poolbar
17.07. Wien, Arena
20.07. Luzern, KKL
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