Mittwoch, 17. Januar 2018

Schlammpeitziger - Damenbartblick auf Pregnant Hill

Foto: Schlammpeitziger
(ms) Der Künstler: Schlammpeitziger.
Der Albumtitel: Damenbartblick auf Pregnant Hill.

In den letzten Tagen in denen ich mir das Album häufiger für diesen Text angehört habe, musste ich viel über den Titel nachdenken. Nochmal: Damenbartblick auf Pregnant Hill.
Wer hat jetzt den Damenbart, die Schwangere oder derjenige, der sie betrachtet? Wie kommt man auf diese verwirrend-geniale Wortkombination? Was will uns der Autor damit sagen? Bei Google Maps zumindest - ja, es war immerhin einen Versuch wert - gibt es keinen Ort, der so heißt, aber eine Schwangerschaftsbetreuung in Washington DC, die nur eine mittelmäßige Bewertung hat.
Nun müssen wir jedoch die Frage nach dem Blick stellen, denn die ist wirklich tiefgehender als dieses halblustige Herumgeirre in der Sinnfindung. Die weibliche Gesichtsbehaarung spielt dabei keine Rolle. Wie ist der Blick des Künstlers Jo Zimmermann, der sich hinter den Knöpfen und Tasten seiner Synthie-Geräte Schlammpeitziger nennt, auf sein eigenes Werk? Wie der Augenwinkel der Hörer auf die Sounds, wie der des Rezensenten auf die Musik?
Künstler: Wenn man andere Alben bereits Augenwischwaldmoppgeflöte oder Schwingstelle Für Rauschabzug nennt, hat man definitiv ein Faible für sperrig-schöne Neologismen. Und für die passende Nutzung alter Casio-Sounds. So startete zumindest sein Schaffen in den frühen 90er-Jahren. Das ist nun vorbei - schon klar - und der Klang hat sich weiterentwickelt. Er ist jedoch immer noch so herrlich minimal und lo-fi, dass Zimmermann dem Hörer ermöglicht in aller Ruhe und mit viel Aufmerksamkeit in elektronische Welten einzutauchen.
Hörer: Der bekommt auf Damenbartblick auf Pregnant Hill acht Songs mit 37 Minuten Spielzeit geboten. Nicht zu kurz und nicht zu lang. Der alte Hase weiß genau, was er bieten muss. Er setzt auch ab und an die eigene Stimme ein - doch Obacht - es ist kein Gesang. Es sind vielmehr kleine Anekdoten oder Bestandsaufnahmen auf Englisch (außer bei Wasserstopf, soweit man es dechiffrieren kann), die zwischen Tragik und Komik oszillieren. Die Klanggebilde sind oft leichtfüßig, mal schwingen die Töne hin und her wie auf einer Kirmes. Die Grundstimmung ist schon nicht schlecht, Euphorie oder wirklich zum Tanz animierende Phasen sind Mangelware, was die Qualität jedoch nicht einschränkt.
Kann man bei elektronischer Musik eigentlich auch von Easy Listening sprechen? Wieso eigentlich nicht? Der Begriff hat wirklich überhaupt gar nichts mit Fahrstuhlmusik zu tun, das würde ihm nur schaden. Vielmehr spricht er ja seine eigene Bedeutung gut aus: Man kann einfach hinhören; sich auch berieseln lassen, mit auf die Reise genommen werden. Verspielte Avantgardisten oder die, die so tun als ob, gibt es genügend.
Hier ein kleines Best-Of der Songtitel: Bock Bounceburg, Smooth Motion Kaukraut, Kandierte Jammerlochlappen (Ja, wie geil ist das denn bitte?!).
Rezensent: Der hört viele verschiedene Musikstile mit Passion. Im elektronischen Bereich ist er jedoch im besten Sinne Novize. Doch das hier weiß sofort zu gefallen. Die Sprachspiele machen natürlich neugierig, was sich dahinter musikalisch verbirgt. Wie das wohl bei einer Live-Darbietung klingt? Wer weiß?! Man kann sich hier überzeugen lassen:

14.02.2018: Berlin – Acud Macht Neu
16.02.2018: Hamburg – Golden Pudel Club
24.02.2018: Köln – King Georg 

Damenbartblick auf Pregnant Hill erscheint diesen Freitag über das geschmackssichere Label Bureau B. Hört rein und lasst euch verzaubern. Kauft das Album und tut etwas Gutes.




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