Sonntag, 22. Februar 2015

Adam Angst - Der Punkprophet auf Erden

(ms)Alle guten Dinge sind drei. Was für ein altes und teils extrem verbrauchtes Sprichwort, aber allzu oft bewahrheitet es sich doch in Gänze. So auch in der musikalischen Biographie von Felix Schönfuss. Nachdem er 2009 bei Escapado einstieg, haben sie ein Album rausgebracht und sich anschließend aufgelöst; danach wurde das Nebenprojekt Frau Potz zum Hauptprojekt und haben mit "lehnen dankend ab" ein starkes Brett geliefert, doch nach dem Ausstieg von Jens Balkowski hat die Band eine Auszeit genommen, die allgemein als Ende interpretiert wurde.
Also auf ein neues, Felix!
Doch, Stopp!
Nix mehr Felix, jetzt nennt sich der Norddeutsche Adam Angst und schafft mit dieser Kunstfigur eine Welt der Gegensätzlichkeiten, der knallharten Analyse der Gegenwart mit harten Riffs, Geschreie, Humor und einem Hauch sich-selbst-nicht-zu-ernst- nehmen.
Eine Figur, die allein in der optischen Erscheinung für die Texte des Debuts steht. Ein Pastor, mit brennender Kippe in der Hand, der nach durchzechten Nächten aussieht: personifizierte Gegensätze! Die ganze Band ist auf Schönfuss zugeschnitten, auf der einen Seite ist er Adam Angst, auf der anderen ist es die ganze Band, die mit (Ex-)Mitgliedern von Fjort, Blackmail und Monopeople vor lauter Erfahrung und guten Erinnerungen daherkommt

Quelle: ghvc.de
Nun ist die Platte seit Freitag am Start mit Punkrock at its best!
Die Vorschusslorbeeren vom Label (Grand Hotel van Cleef) und den üblichen Medien sind überwältigend und ja, ich muss ihnen zustimmen, das selbstbetitelte Debut ist ein knallhartes Gitarrenbrett, das richtig Laune macht, zum Nachdenken anregt, erstaunt und zum Moshen animiert.
Thematisch ist das Album so dermaßen breit aufgestellt, dass es kaum zu glauben ist und dabei bleibt es konstant, sie kommen sehr glaubwürdig daher. Damit sind wir beim ersten Titel, "Jesus Christus": die Hoffnung auf Erlösung, Eventisierung von Religion, und wenn er heute hier wäre, würde er bestimmt nicht gen Himmel fahren. "Ja Ja, ich weiß" rechnet mich nicht funktionierenden Beziehungen ab. "Professoren" - das vielleicht stärkste Lied des Albums - ist einfach nur brandaktuell, rechnet mit der oberen Mittelschicht ab, die bei Pegida oder ihren Derivaten mitlaufen, dass Nationalismus, Rechtsextremismus mitten in der Gesellschaft so stark akzeptiert ist, wie selten zuvor: "An den Imbissbuden stehen die Professoren zwischen Currywurst, Oettinger und Doppelkorn. [...] Ich hab nen Nazi am Geruch erkannt." Nicht schlecht!
"Was der Teufel sagt" rechnet mit unser Wellness-Gesellschaft ab, wo man sich mit Menschen und Jobs abgibt, die man nicht mag, aber dennoch weitermacht anstatt das zu tun, was der Teufel sagt. In "Wochenende. Saufen. Geil." wird nochmals ausgeteilt gegen die Partygesellschaft.
Ja, oft fühlt man sich in diesen Texten angesprochen, so gut sind sie, dass die die Problem(chen) von heute und der Generation Studenten bis Mitte Dreißig widerspiegeln.
Die tiefen Gitarren, die treibenden Drums und der aufwühlende Bass setzen sich aber manchmal drüber hinweg, sodass man auch mal kurz den Verstand ausmachen kann und einfach die Musik genießen kann, die sich zwischen Turbostaat, Madsen und bei dem ein oder anderen Gitarrenriff an die Ärzte erinnert. Immerhin hat mit Kurt Ebelhäuser (Blackmail) auch einer der Rockgiganten dieser Lande das Ding produziert.

Fazit: Ja, dieses Album ist wirklich gelungen, die PR-Maschine hat gegriffen, die Aufmachung um die Kunstfigur funktioniert ebenso gut. Doch: Texte, Musik sind überzeugend, druckvoll, gehen im Sprint nach vorne.
Zu wünschen ist Felix Schönfuss, dass dieses Projekt länger als ein Album hält. Er und die Band haben es sich verdient!



Guckt euch das mal live hier an:
06.03. Münster, Skaters Palace (mit Feine Sahne Fischfilet)10.03. Köln, Underground11.03. Hamburg, Molotow12.03. Berlin, Cassiopeia14.03. Nürnberg, Club Stereo15.03. Frankfurt, Elfer Club17.03. Suttgart, Keller Klub19.03. Hannover, Chez Heinz20.03. Oberhausen, Druckluft21.03. Osnabrück, Glanz & Gloria

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