(mb) Tom Gabel war kürzlich auf Deutschlandtour. Mit Dave Hause zusammen in München, mit den anderen Punk Vorständen wie etwa Chuck Ragan und Nikola Sarcevic auf dem Pirate Satellite Festival in Stuttgart. Keiner konnte da auch nur erahnen, dass dies wohl das letzte Mal sein wird, dass man Tom Gabel auf der Bühne sehen wird. Er hat nicht seinen Rückzug aus dem Musikbusiness angekündigt und - einmal durchatmen - er ist jenseits der 27 und deswegen auch nicht tot. Die Gründe sind vielmehr persönlicher und überraschender Natur.
Aus der am morgigen Montag erscheinenden neuen Ausgabe des Rolling Stone Magazins wurden Auszüge eines Interviews mit Gabel bekannt, indem er schildert, dass er sich einer Geschlechtsumwandlung unterziehen und ab jetzt Laura Jane Grace Gabel heißen werde. Einer Geschlechtsumwandlung. Richtig gelesen.
Das wird eine Kontroverse in Gang setzen, die wünschenswerterweise weltweit moralische Diskussionen entstehen lässt – vielleicht ja auch in der amerikanischen Vorwahlperiode. Viele Musikerkollegen, darunter auch The Gaslight Anthem, bekundeten ihren Respekt und Anerkennung zu dem mutigen Schritt, damit an die Öffentlichkeit zu gehen.
Die Tabuisierung ist der Dilettantismus der heutigen Zeit
Aber wie soll man Geschlechtsumwandlungen thematisieren wenn schon Schwangerschaftsabbrüche tabuisiert werden? Soll man es lieber totschweigen und der jungen Frau die Gestaltungsfreiheit einräumen, die sie braucht, um ein aufrichtiges, zufriedenes Leben zu führen? Nein und ja. Tabuthemen darf es heutzutage nicht mehr geben. Eine Meinung immer. Die Verseichtigung der Gesellschaft, geschultert der antiquiertem Tabuisierung von Unangenehmen. Längst darf nicht mehr alles totgeschwiegen werden, nur weil man nicht gerne darüber spricht. Oder einem unwohl dabei ist. Das ist der Dilettantismus der heutigen Zeit. Das Thema polarisiert vor allem deswegen, da es ein medial kaum beachtetes, weil moralisch höchst schwieriges Gebiet darstellt. Nun kommt erschwerend hinzu, dass Laura vor ihrer Zeit Leadsänger einer Punkrockband war. Und welche Assoziationen werden mit Leadsängern geweckt? Alkoholexzesse, Drogen, Parties und ähm ja, Sex mit Groupies. Oberflächlich betrachtet. Hintergründig weckt der Punk ganz andere Assoziationen: Anarchie, Unangepasstheit, Rebellion. Und Toleranz.
Punk. Ohne ein t daran zu hängen.
Nun fällt auch auf die Namensgebung der Band Against Me! ein ganz anderes Licht. Ein innerer, ewiger Kampf, nach außen mit rebellischen Texten und wütenden Refrains getragen. Gabel hat in diesem mutigen Schritt all ihre Überzeugungen in die Waagschale geworfen. Punk – das Sprachrohr für Jedermann der eine Meinung hat. Punk ist für politische Freiheit und gegen aktuelle Missstände, gegen Ignoranz, gegen Engstirnigkeit. Punk ist aber auch nicht nach dem letzen Euro betteln und trotzdem für mehr Toleranz in der Gesellschaft. Nicht nur für Individualisten.
Musik ist Identifikation ist Sozialisation.
Dennoch werden einige Fans enttäuscht sein. Diejenigen, die ihren Unmut öffentlich Kundtun, sollten sich immer darüber im Klaren sein, dass hinter jedem Musiker ein Mensch steckt, der vor allem Selbstverwirklichung anstrebt. Musik ist Identifikation ist Sozialisation. Ob Mann ob Frau: Egal! Against Me! wird es mit dem kratzbürstigen Gesang so nicht mehr geben. Dafür wird es Laura Gabel geben. Vielleicht mit Against Me! Vielleicht auch bald auf Deutschlandtour.
Der Artikel wird fälschlicherweise in der Überschrift noch mit "Laura JaNce.." angezeigt, in Wahrheit ist es natürlich Jane.
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