Freitag, 13. Mai 2022

KW 192022: Die luserlounge selektiert

Quelle: commons.wikimedia.org
(ms/sb) Alte Schule. Finde ich bei Rollenbildern beispielsweise total dämlich. Doch in einem Punkt der alltäglichen Begegnungen finde ich dieses Konzept sehr, sehr charmant. Ja, ich stehe voll drauf. Da lasse ich mich komplett einlullen und verliere meine rationalen Überzeugungen, die eh rar gesät sind. Es hat so gut wie immer mit Geld zu tun. Ja, es geht um guten Service. Beispiel: Dieser Tage war ich ein wenig ziellos in Bekleidungsgeschäften unterwegs. In Geschäft A wusste ich sofort, dass das nichts wird. Eine Verkaufsperson stand extrem gelangweilt hinter einer Kasse und hat sich um keinen der KundInnen im Geschäft gekümmert. Da ist mir fast egal, wie toll die Klamotten dort sind, da fühle ich mich nicht willkommen oder gar wohl. Gegenüber das genaue Gegenteil. Der Laden war aber auch ansprechender eingerichtet, heller und besser strukturiert. Ich stöberte und dann kam jemand auf mich zu, es war ein zwangloses Gespräch und wenige Minuten später habe ich gezahlt. Unkompliziert, freundlich und nett. Noch mehr stehe ich auf guten Service, wenn es um Handwerk geht. Bei Schneiderarbeiten zum Beispiel. Letztes Jahr war der Reißverschluss kaputt, in dem Laden habe ich mich extrem wohl gefühlt. Und beneide die Menschen, die einfach gut in dem sind, was sie tun. Bestes Beispiel: Die Menschen aus der Radwerkstatt meines Vertrauens. Die sind so leidenschaftlich dabei, voller Know-How und machen ihre Sache echt exzellent. Da gehe ich doch gerne hin. Da lasse ich mir doch gern weiterhelfen. Denen gebe ich auch einfach gern mein Geld. So einfach ist das.

Wir sind wieder da und machen es schnörkellos. Wir haben selektiert:
 
Jochen Distelmeyer 
(ms) Über die Zugänglichkeit von Musik. Wann bleibt ein Lied im Kopf hängen? Es geht mir nicht mal zwingend um die Ohrwurmtauglichkeit, sondern um das Mitschwingen beim Hören. Was braucht ein Lied, damit es mich irgendwie packt und auch hängen bleibt? Kann ein Lied für mich auch gut sein, wenn es das nicht zwingend schafft? Das frage ich mich beim Hören von Ich Sing Für Dich, dem neuen Lied von Jochen Distelmeyer. Klar, er muss niemandem hier etwas beweisen, dafür hat er mit Blumfeld Geschichte geschrieben. Darum geht es auch gar nicht. Es geht um den für mich als sperrig wahrgenommenen Text dieses Liedes. Er singt halt nicht, so wie im Titel versprochen, sondern er trägt den Text eher mit einer dem Gesang ähnlichen Melodie vor. Selbstverständlich ist das ein sehr schöner, tröstender Text, der gut tut. Aber das liederhafte Gewand fehlt mir beim Hören. Und diese Diskrepanz liegt zu hundert Prozent bei mir. Ich bin es halt viel zu sehr gewohnt, Strophe-Reim-Refrain-Lieder im Gitarrenpop- oder Rapgewandt zu hören, die irgendwie nach einem recht vorhersehbaren Schema funktionieren. Jetzt kommt einer der Großen der Musik hierzulande und lässt mich ganz klein wirken. Finde ich gut, so kann ich ein wenig hinterfragen, was mir beim Musikhören wichtig ist. Um dem noch ein bisschen näher zu kommen, freue ich mich auf sein neues Album Gefühlte Wahrheiten, das am 1. Juli erscheinen wird.


Echo Mountain
(sb) Wir hören hier im Großraumbüro ja Radio. Oft unerträglich. Das reicht von stündlich Ed Sheeran und Miley Cyrus über Michael Patrick Kelly bis hin zu Udo Lindenberg. Zwischendrin trällert dann immer mal wieder Pop-Sternchen Gayle ihr ach so rebellisches ABCDEFU aus den Boxen. Puh, schwierig, das alles. Gott sei Dank haben sich nun Echo Mountain dieser akustischen Frechheit angenommen und das Stück endlich mal in ein erträgliches Gewand verpackt. Jetzt klingt das Ganze nach feinem California Punk im Stile von Blink182 und Konsorten. Passt. Die niederländische Band hat sich auf die Fahnen geschrieben, aktuellen Charts-Hits einen Punk-Anstrich zu verleihen. Sehr löblich und wir freuen uns auf Zugabe. Der Vorteil: Es kann in den meisten Fällen ja nur besser werden...
 
 
Sportfreunde Stiller
(ms) Am liebsten würde ich gar nicht drüber schreiben. So gruselig ist es. Und genauso erwartbar war es leider auch. Die ganz bittere Wahrheit lautet: Wer braucht heute noch neue Musik der Sportfreunde Stiller? Ich glaube, da gehen nicht so viele Finger hoch derjenigen, die sie in den letzten Jahren arg vermisst haben. Man muss aber auch erwähnen, dass sie irgendwie immer ein ziemlich schweres Standing hatten. Zum Teil irre schöne Lieder, die eigentlich für die Ewigkeit gemacht sind. Und dann wieder so eine riesige Portion Schrott, der getrost verstauben kann. Kein Problem. Ihnen fehlte immer eine gewisse Zuordnung in der deutschsprachigen Musikwelt. Weder kritisch, noch intellektuell noch politisch noch provokant. Dann doch halt Radio. Ich schreibe das nicht aus argwöhnischem Spott. Rüde, Flo und Peter sind die Band, die mir die Tür zu der ganzen Gitarrenrockwelt als jugendlicher Pimpf geöffnet haben. Alles andere kam danach. Aber was man so mit 14 gut fand, ist halt etwas anderes als mit Anfang zwanzig später oder jetzt mit Anfang dreißig. I'm Alright heißt die neue, leider doch schlechte Single der Münchener. Zwei Mal habe ich es mir angehört. Zwei Mal zu viel. Es kommt auch noch ein Album irgendwann. Ich wünsche den drei Sympathieträgern, die sie immer noch sind, wirklich von Herzen großen Erfolg und gut besuchte Konzerte. Doch ich werde nicht da sein. Das ist einfach überhaupt keine Musik mehr, die mir nur ansatzweise etwas gibt.


Fragments - Erik Satie
(sb) Ach, Neo Klassik, Du geile Sau! Was hast Du uns nicht schon für geniale Künstler und Alben beschert. Ob Ludovico Einaudi, Ólafur Arnalds, Hania Rani, Max Richter oder Nils Frahm - wir sind Fans! In der Reihe Fragments werden elektronische Künstler eingeladen, einen ganz neuen Blickwinkel auf die Werke eines renommierten Komponisten zu werfen. Den Auftakt dazu macht Erik Satie (VÖ: heute!), ein französischer Komponist des frühen 20. Jahrhunderts und Pionier der "Minimal Music". Unterschiedliche Künstler wie Grandbrothers, Dominik Eulberg, Henrik Schwarz, Pantha du Prince, French 79, Sascha Braemer, Monolink, Christian Löffler, Moritz Fasbender, Two Lanes und Snorri Hallgrímsson haben sich an ihre Instrumente gesetzt und Reworks von Saties Musik vorgestellt. Das Ergebnis lässt sich hören und macht neugierig auf die nächsten Teile. Lasst Euch das nicht entgehen.


 
Portugal. The Man
(ms) Ja, ich finde es schade, dass Portugal. The Man nicht mehr so heftig unvorhersehbare Musik machen wie auf frühen Alben wie Church Mouth, aber ich gönne ihnen echt den Erfolg. Klar, Feel It Still ist ein abgefuckt starker Popsong, der sein Ziel ziemlich gut erreicht hat. Catchy ist er obendrein. Vielleicht hat die Band nun in ihrem 18-jährigen Bestehen einen Weg des musikalischen Ausdrucks gefunden, der für sie super cool ist, ihnen gefällt, zu dem sie sich hin entwickelt haben, das 'jugendliche', wilde Treiben abgelegt haben, aber immer noch den Groove der alten Tage sehr gut verstehen und abliefern können. So lange muss man auch erst mal im Geschäft und von Belang sein. So ehrlich muss man sein. Einen neuen Track gab es vor wenigen Wochen mit What, Me Worry? Es ist klar zu hören, auf welche musikalische Ebene sich die Alaskans eingespielt haben: Großer Gitarrenpop mit Pfiff und ziemlich viel Drive. So sehr packt mich das nicht mehr, weil die Gitarren nicht mehr so krass ausbrechen. Ist aber cool, macht Spaß, läutet einen hoffentlich sehr beschwingten Sommer ein! Vielleicht kommt ja sogar eine neue Platte.


Oehl
(ms) These: Wenn wir zwischen 18 und 25 sind, prägen wir uns unseren eigenen Musikgeschmack. Da passiert viel. Plus/minus halt. Ende der Schulzeit, Auszug von daheim, Start in die Ausbildung oder das Studium, den Beruf, irgendwie versuchen diesem Wust an Erwachsenwerdendingen Stand zu halten. Später wird es schwer, dass da noch Bands kommen, die von Gewicht dominieren. Oder liege ich da so falsch? In meinen Kosmos der wichtigen, viel gehörten Bands, an die ich mein Herz verloren habe, ist vor zwei Jahren Oehl eingestiegen und bleibt da voller Schönheit. Denn es ist vollkommen neue Musik. Klanglich ist es ziemlich raffinierter Pop, der mit unerwarteten Instrumenten wie Bassblockflöte oder Harfe arbeitet. Textlich ist mir etwas Vergleichbares noch nicht untergekommen. Ariel Oehl ist ein wahrer Poet, der es meisterhaft versteht komplexe, emotionale Geschehnisse auf den Punkt zu bringen oder ein Bild, eine Situation dafür zu finden. Zum Beispiel mit dem neuen Lied Keine Blumen. Es ist tieftraurig und wunderschön, wenn er vom Totenbett eines geliebten Menschen singt, der kurz vorm Ableben sagt, dass Blumen nicht weiter erwünscht sind, sie zahlen sich nicht mehr aus. Bitter. Dass daraus ein so feines, wundervolles und rundes Lied entstehen kann, muss man seinem kreativen Gespür zugute halten. Das ist stark. Und vor allem außergewöhnlich! Die gleichnamige Platte erscheint am 26. August!

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